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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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fragen, warum sie hier haltmachen wollte, denn schon reichte sie dir die soeben erworbene Kette, damit du sie ihr umlegen konntest. Sie wandte dir den Rücken zu, und du machtest dich an der Kette zu schaffen, was dir jedoch relativ schwerfiel: In Dingen, die bei Frauen hoch im Kurs stehen, warst du noch nie gut gewesen.
    Fügsam wartete sie, bis deine Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Anschließend wartete sie reglos weiter – darauf, dass du irgendwas versuchtest in dem Nimbus nackter Sinnlichkeit, die jetzt eindeutig präsent war. Also hast du ihr Haar auf Halshöhe ebenso schüchtern wie ungelenk beiseitegeschoben und das feuchte Siegel eines sanften Kusses darauf gedrückt. Letzterer war so schüchtern, dass er sich vor seinem eigenen Schatten fürchtete. Anschließend hast du die Stirn auf die Stelle des vermaledeiten Kusses gelegt und einen ultimativen Seufzer ausgestoßen, der aus Versehen zur Hälfte deinen Nasenlöchern entströmte.
    Â»Entschuldigung«, sagtest du, ohne noch einmal an euer vorheriges Gespräch anzuknüpfen, geschweige denn zu erwähnen, dass du sie auf den Hals geküsst oder diesen verdammten Seufzer ausgestoßen hattest. Das sei doch nicht weiter schlimm, lautete ihre Antwort. Sie drehte dich um und umarmte dich, legte ihren Kopf an deine Schulter. So verharrtet ihr eine Weile schweigend – wie unfähig, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Bis sie zu deiner Überraschung abrupt aufstand und sagte, sie wolle nach Hause gehen.
    Es sei schließlich Zeit zum Mittagessen!
    Ihr fandet eure Eltern in der Küche vor, eure Mutter hantierte am Herd, und euer Vater deckte für vier. Kaum hattet ihr das Haus betreten, wurdet ihr herzlich empfangen, und aus einem feinen, wachsamen Instinkt heraus ließt ihr eure Hände sofort los.
    Â»Wo wart ihr?«, fragte euer Vater gut gelaunt. »Habt ihr euch amüsiert?«
    Â»Wir waren im Park«, sagte Selvaggia. »Er ist wunderschön. Und dann haben wir noch einen Spaziergang gemacht.«
    Du hast geschwiegen, schließlich warst du mit ihrer Version der Ereignisse einverstanden. In Wahrheit hattet ihr euch nicht besonders amüsiert , im Gegenteil! Ihr hattet euch mehr oder weniger gestritten. Es tat dir leid, dass du so wütend auf sie gewesen warst, und jetzt, wo ihr euch wieder vertragen hattet, kam es dir absurd vor, dass du auf den einzigen Menschen wütend geworden warst, von dem du geliebt werden wolltest.
    Während des gesamten Mittagessens unterhieltet ihr euch harmonisch und gesittet – sowohl ihr als auch eure Eltern. Es wurde über alles Mögliche gesprochen, darunter über den be vorstehenden Umzug. Eure Mutter wollte ein paar persön liche Ge genstände von ihr und Selvaggia herbringen, und zwar schon am nächsten Tag. Und du, Giovanni, hast dir bereits ausgemalt, welch schöne Momente ihr zusammen verbringen, wie ihr im selben Zimmer lernen, nach Lust und Laune etwas unternehmen, im Supermarkt einkaufen, gemeinsam frühstücken, das Mittagessen vorbereiten würdet … Du wolltest noch präsenter in Selvaggias Leben sein, wolltest, dass sie dich und deine verzweifelte, krankhafte Liebe wahrnahm.
    Natürlich war es dafür noch ein bisschen zu früh. Trotzdem war schon so einiges passiert, und das so schnell, dass du es nicht mal richtig verarbeitet hattest.
    Selvaggia war ohne jede Vorwarnung in dein Leben getreten, was wiederum typisch für sie war: handeln, ohne vorher zu fragen und ohne sich anschließend zu bedanken.
    Und du hast dich langsam daran gewöhnt, stimmt’s?

18
    Weißt du noch, wie du eines Nachmittags im Schwimmbad eilig das Becken verlassen und dein Training unterbrochen hast, weil dein Handy klingelte?
    Â»Hallo?«
    Â»Ciao, ich bin’s.«
    Â»Ciao, wie geht es dir?« Du hast nie vergessen, danach zu fragen, obwohl sie es oft nicht tat. Dafür rief sie jeden Tag an, seitdem du ihr nach dem Trauerspiel im Giardino Giusti deine Handynummer gegeben hattest.
    Â»Gut, prima.«
    Â»Hast du Lust, was zu unternehmen? Ich bin gerade im Schwimmbad und trainiere, aber anschließend können wir eine Pizza essen gehen, wenn du Lust hast. Oder ins Prince fahren. Oder wie wär’s mit Kino?«
    Â»Nein, ich habe keine Lust, was zu unternehmen«, unterbrach sie dich und stürzte dich in großes Leid. Daraufhin schwiegt ihr beide, ohne zu wissen, was ihr

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