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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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traurig. »Ich habe nur nachgedacht.«
    Â»Worüber?«
    Sie zuckte die Achseln.
    Â»Wenn du nicht drüber reden willst, ist das kein Problem.«
    Â»Ãœber dich«, entschlüpfte es ihr.
    Â»Sehe ich so traurig aus, dass du dir Gedanken über mich machen musst?«, sagtest du und zogst ihre Bemerkung ins Lächerliche, obwohl du sie inzwischen gut genug kanntest, um zu wissen, dass sie tatsächlich so etwas wie ein Problem hatte. Du warst mit ihrer robusten, dickfelligen Art vertraut, wusstest aber, dass sie auch eine zerbrechliche Seite hatte. Aber noch nie hattest du sie so ernst, so konzentriert oder unschlüssig erlebt wie jetzt. So gedankenverloren und voller Zweifel. Normalerweise hatte sie noch in den schwierigsten Situationen einen Scherz auf den Lippen. Nicht selten spielte sie sogar mit dem Feuer, zum Beispiel wenn sie über deine Gereiztheit einfach so hinwegging.
    Â»Los, sag schon!«, haktest du nach. »Sehe ich so traurig aus, dass du dir Gedanken über mich machen musst?«
    Â»Nein, im Gegenteil«, erwiderte sie. »Ich habe mir nur über die simple Tatsache Gedanken gemacht, dass ich dich gernhabe, so gern wie niemanden sonst. Und darüber, wie anders sich das im Vergleich zu früher anfühlt.«
    Â»Willst du wissen, was ich denke?«, hast du gefragt, dich mit dem Rücken an die Brüstung gelehnt und die Arme verschränkt.
    O Gott, saht ihr euch tief in die Augen!
    Â»Ja«, sagte sie. »Gern.«
    Ihr habt euch geküsst, du weißt es genau.
    Erst zögernd, ein unschuldiger Kuss auf den Mund, nur ganz kurz, wie ihr euch das inzwischen angewöhnt hattet.
    Doch dann drängte sie sich an dich, und eure Körper kamen sich näher, bis sie sich sehnsüchtig berührten, aneinanderschmieg ten. Eure Münder begannen einander zu suchen in Erwartung einer Vermählung, die nicht mehr rein platonisch wäre.
    Du hast sogar versucht, dich etwas zurückzuziehen . Aber sie hielt dich fest, nahm dein Gesicht in beide Hände. Sie wollte nicht, dass es aufhörte, während ihr im selben Rhythmus atmetet, und eure Herzen schlugen wie wild.
    Da hast deinen ganzen Mut zusammengenommen und versucht, dich in ihren Mund vorzuwagen: Es war unglaublich , aber vor allem stauntest du, wie vervollständigt du dich auf einmal fühltest.
    Hättest du gewusst, wie überwältigend euer erster richtiger Kuss sein würde, hättest du nicht so lange damit gewartet! Und sie ergab sich, gab jede Abwehrhaltung auf, falls sie denn jemals eine gehabt hatte, und ließ dich gewähren. Daraufhin empfingen dich ihr lauwarmer Atem, ihre zärtlichen Lippen, ihr rosa Gaumen wie eine heile Welt im Miniaturformat. Selvaggia stöhnte lustvoll auf und zog dich an sich. In diesem Moment hättest du dich von nichts und niemandem stören lassen. Natürlich war auch dir vage bewusst, dass darauf noch etwas anderes folgen würde, nämlich Scham und Selbstekel, die dich lange begleiten würden. Aber im Moment war dir das völlig egal, so sehr wurdest du von tausend Lustempfindungen überschwemmt, die Selvaggia in jeder neuen Sekunde in dir zu entfachen wusste.
    Deine Zunge zwischen ihren Lippen wie in einem kleinen Blütenkelch, der sich bei Sonne öffnet. Ihre halb geschlossenen Augen. Dein Staunen darüber, den Duft ihrer fantastischen Haare wahrzunehmen, ihre milchweißen, unverfälschten Wan gen im Widerschein der Sterne in Händen zu halten, während ihre Zunge deinen Gaumen erkundete – zitternd und zugleich geschickt aufgrund der bei anderen Küssen gesammelten Erfahrungen. Zu spüren, wie sie erbebte, bereitwillig jede deiner Bewegungen erwiderte. Wie sie ebenso aufgewühlt wie du leise aufstöhnte und mit derselben Nachgiebigkeit auf einen neuen Vorstoß von dir wartete.
    War es nicht vielmehr eine Art Duell, dieses Übereinanderherfallen, bei dem jeder versuchte, die Oberhand zu behalten? Sie wollte dich erkunden, und du wolltest damit fortfahren, sie zu erforschen: Noch ergab sich keiner von euch, auch wenn das Geraubt- und anschließende Gefangengenommenwerden dermaßen schön gewesen wäre, dass die Niederlage unendlich viel humaner, logischer und wahrhaftiger gewesen wäre als jeder Sieg.
    Aber noch wollte eure heimliche Schlacht nichts von einem Waffenstillstand wissen, bis auf ihrem Höhepunkt plötzlich ein vorläufiger Frieden geschlossen wurde, nach dem sie sich

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