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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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verblüfft davon. Und während du die letzten entspannten Minuten genossen hast, wachte Selvaggia auf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und gähnte laut an deinem Hals.
    Â»Guten Morgen«, sagtest du. »Anscheinend ist es schon spät …«
    Â»Ciao, Johnny«, sagte sie, dehnte sich und zog ihre Beine weg. Dann setzte sie sich abrupt auf und streckte sich erneut. Du rührtest dich nicht, da du erst noch richtig wach werden musstest. Irgendwann saht ihr euch an und bracht gleichzeitig in Gelächter aus.
    Sie kletterte über dich hinweg, öffnete das Zelt und machte ein paar wankende Schritte in der Welt da draußen. Auch du hast das Zelt verlassen. Ihr saht aus, als wärt ihr von einer Raveparty übrig geblieben. Selvaggia begann Gymnastik übungen im Garten zu machen. Dabei trug sie nur das spitzenbesetzte, ziemlich eng anliegende Hemdchen, das ihr fantastisch stand. Du stauntest: Mann, war die gelenkig ! Erst machte sie einen Spagat, indem sie das linke Bein in die Luft streckte und nur auf einem Fuß balancierte, dann eine Brücke, ging in die Senkrechte und richtete sich wieder auf. Sie sah dich lachend an und vollführte eine elegante Verbeugung. Du warst überrascht und hast applaudiert. Dabei war das bestimmt nur eine Aufwärmübung!
    Â»Gut geschlafen?«, fragte sie und musterte dich mit schräg gelegtem Kopf.
    Â»Ja, besser denn je. Und du?«
    Â»Ich kann auch nicht klagen. Hast du mein Haargummi irgendwo gesehen?«
    Â»Gestern Abend, als ich es dir abgemacht habe«, sagtest du. »Keine Ahnung, wo es jetzt ist.« Sie verschwand erneut im Zelt, um gleich darauf mit dem gesuchten Gegenstand zurückzukehren. Mit sparsamen, einfachen Gesten band sie die Haare zusammen, und gemeinsam betratet ihr das Haus.
    Eure Eltern hantierten bereits am Herd.
    Ihr setztet euch an den Tisch und wartetet, dass euer Vater deckte und eure Mutter euch mit Fragen überschüttete: »Würdet ihr mir bitte verraten, was bloß in euch gefahren ist, dass ihr draußen geschlafen habt?«
    Â»Nichts«, erwiderte Selvaggia. »Wir haben bloß im Zelt über nachtet.«
    Â»Das habe ich auch schon gemerkt«, sagte eure Mutter lachend und goss die Nudeln ab.
    Selvaggia und du saht euch nur wortlos an. Dann schob deine Schwester hinterher: »Wir haben uns zu Tode gelangweilt. Die Idee zu zelten war unsere Rettung.«
    Â»Hoffentlich habt ihr keine wilde Party gefeiert und die Nachbarn gestört«, sagte euer Vater argwöhnisch.
    Muss er immer gleich so misstrauisch sein, schoss es dir sofort durch den Kopf.
    Â»Nein«, gab Selvaggia zurück. »Natürlich nicht.«
    Â»Wir waren nur was trinken, sind dann nach Hause und haben geschlafen«, sagtest du. »Davon, dass wir überall Bierflaschen liegen gelassen und Freunde beherbergt haben, kann keine Rede sein. Keine Sorge, es ist nichts passiert.«
    Aber in Wahrheit war das genaue Gegenteil von Nichts passiert, weil sie dich auf den Mund geküsst hatte – auf den Mund!
    Als eure Mutter später verkündete, mit Selvaggia diverse Einrichtungshäuser aufzusuchen, hast du sofort angeboten, mitzukommen, obwohl du dir eigentlich vorgenommen hattest, ins Schwimmbad zu gehen und zu trainieren. Aber nach dem, was sich am Abend zuvor zwischen euch zugetragen hatte, wolltest du Selvaggia nicht allein lassen. Außerdem waren diese berauschenden Gefühle immer noch präsent, und du wolltest sie auskosten. Eure Mutter willigte ein, und Selvaggia strahlte dich in stummer Dankbarkeit an.
    Vorher gingt ihr jedoch noch auf einen Sprung in ihrer Wohnung vorbei, weil Selvaggia sich unbedingt umziehen musste. Dort wartetest du im Wohnzimmer auf dem Sofa und blättertest in einer alten Ausgabe von Vanity Fair . Ständig schweiften deine Gedanken ab, und du sahst auf. Mit mäßiger Aufmerksamkeit ließt du das frisch gestrichene Zimmer auf dich wirken, das in dem klassisch eleganten Stil deiner Mutter eingerichtet war. Bis dein Blick an der halb offenen Tür zu Selvaggias Zimmer hängen blieb.
    Obwohl es eigentlich gar keinen Grund dafür gab, standst du auf, um sie richtig zu schließen für den Fall, dass Selvaggia das vergessen haben sollte. Doch als du nur noch einen Schritt d avon entfernt warst, hobst du zufällig den Blick und sahst durch den Türspalt, wie sie zum Bett ging, in der Hand ein T-Shirt. Sie legte es ans Fußende, zog sich erst

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