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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sie, halb zu sich selbst, halb zu Gi-an.
    »Stimmt«, sagte eine Stimme in ihrem Rücken. Sie gehörte nicht Gian.
    Beide wirbelten herum.
    In der offenen Tür standen zwei Frauen. Die eine war eigentlich eher ein Mädchen; Tess hatte sie in den vergangenen Tagen mehrfach von weitem gesehen, oben auf dem Südturm. Reglos und rätselhaft wartete sie im Türrahmen wie ein Standbild aus schwarzem Obsidian.
    Die andere aber betrat die Kammer und blieb in dem schmalen Lichtstrahl stehen, der durch die Schießscharte hereinfiel.
    »Mama?« fragte Gian zweifelnd.
    »Aura!« Tess stürzte vor, und dann fielen sie sich zu dritt in die Arme.

KAPITEL 23
    Aura konnte es spüren.
    Da war etwas in Gians Haltung, etwas in der Art, wie er sie begrüßte, das ihr Sorgen machte und wie ein Giftpfeil die Freude durchdrang, die sie beim Anblick der beiden überkam.
    Tess klammerte sich überglücklich an sie, vor Erleichterung hemmungslos weinend. Und auch Gian umarmte sie, drückte sie an sich und stammelte ein halbes Dutzend Fragen auf einmal – aber sie fühlte, dass da etwas war, das an ihm nagte. Es minderte nicht seine Freude, sie wiederzusehen, es hatte vielleicht nicht einmal mit ihr selbst zu tun. Und doch machte es ihm zu schaffen. Für einen Augenblick beunruhigte sie dieser Gedanke so sehr, dass sie die Stirn runzelte und Tess sie verwundert ansah.
    Aber später würde noch genügend Zeit sein, über alles zu reden. Und reden mussten sie. Sie selbst hatte ihnen so vieles zu erklären.
    Innana hielt sich im Hintergrund. Als Aura einen Blick auf sie warf, sah sie Bedauern in den Augen des Mädchens, eine tief empfundene Trauer, vielleicht sogar einen Anflug von Eifersucht. Diese Szene, dieses Wiedersehen, diese unvermittelte Eruption von Liebe und Geborgenheit war das, was Innana sich seit einer Ewigkeit wünschte. Menschen, die waren, wie sie selbst, die sie verstanden und schätzten. Eine Familie.
    Nachdem sie sich schließlich voneinander gelöst hatten und in die Augen sehen konnten, ohne abermals in Freudentränen auszubrechen, sagte Tess: »Cristóbal kann jeden Moment auftauchen. Er wollte, dass wir uns ausruhen für den nächsten Versuch. Wir sind noch nicht fertig für heute, hat er gesagt.«
    »Er will wieder mit euch auf den See?«, fragte Aura.
    Gian nickte. »Seit Tagen tun wir nichts anderes. Rausfahren und Nestors Erinnerung durchwühlen. Er denkt, es hilft uns, wenn wir auf dem Wasser sind und das ganze Tal im Blick haben.«
    Tess und er wechselten einen Blick, dann erzählten sie in abgehackten Sätzen und sich immer wieder gegenseitig unterbrechend, was sie gerade in Nestors Erinnerung entdeckt hatten.
    Die Zerstörung des Grals.
    Die Vernichtung eines zweitausendjährigen Traums.
    Innana war währenddessen wie betäubt in die Kammer getreten und hatte die Tür hinter sich geschlossen. Jetzt sank sie auf den Rand einer Pritsche und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Das kann nicht sein«, flüsterte sie gedämpft. Und dann, als sie die Hände wieder herabnahm: »Ihr müsst euch irren.«
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte Tess und sah besorgt zu Aura herüber.
    Gian kam ihr zur Hilfe. »Er hat ihn zerschlagen und die Splitter zertreten. Wir haben es gesehen.«
    Tess wandte sich an Aura. »Der Graf darf nichts davon erfahren. Er würde…«
    »Vielleicht den Verstand verlieren. Vielleicht auch den Befehl ge-ben, euch zu töten.« Innana erhob sich und stand wieder vollkommen reglos, jetzt auch äußerlich die Göttin, die sie vorgab zu sein. Ihre Miene war starr, ihre Augen verengt. Stolz lag in ihren Zügen. Ein Verhalten, dachte Aura, mit dem sie versuchte, ihre Verzweiflung zu überspielen.
    Innana mochte so tun, als ob sie die Worte der beiden in Frage stellte; in Wahrheit aber hatte sie ihre Niederlage bereits akzeptiert. Sie wechselte ihre Ziele und Motive wie ihre Stimmungen. Aber gehörte das nicht seit jeher zum Wesen der Götter?
    Aura trat auf sie zu und ergriff ihre Hand. »Es bleibt dabei«, sagte sie. »Du kommst mit uns.« Sie war nicht sicher, was sie dazu trieb. Gewiss nicht nur der Wunsch, Innana nicht wieder an Cristóbal zu verlieren. Auch nicht allein Mitleid. Aus Gründen, die sie selbst nicht recht nachvollziehen konnte, begann sie Innana zu mögen. Vielleicht, weil sie tatsächlich so etwas wie ihr Spiegelbild war. Ein Blick in Auras eigene Zukunft.
    Innana zitterte leicht und schenkte ihr ein knappes Lächeln, das einen Anflug von Dankbarkeit verhieß. Dann wurde ihr Gesicht wieder

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