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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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ging die Sonne unter, als ich eine große dürre Ebene von Alt-Kastilien durchzog.«
    »Halt!« rief der Statthalter; »was sagt ihr da? Alt-Kastilien liegt etwa zwei-bis dreihundert Meilen von hier.«
    »Ganz recht,« versetzte der Soldat kalt. »Ich sagte Eurer Excellenz, ich hätte seltsame Dinge zu erzählen; allein nicht seltsamer als wahr, wie Eure Excellenz finden wird, wenn sie mich eines geduldigen Gehörs würdigt.«
    »Weiter, Beklagter,« sagte der Statthalter, seinen Schnurrbart empordrehend.
    »Als die Sonne unterging,« fuhr der Soldat fort, »warf ich meine Augen umher, um ein Lager für die Nacht zu suchen; allein so weit meine Blicke reichen konnten, war keine Spur einer Wohnung. Ich sah, daß ich mein Bett auf der nackten Erde, und den Schnapsack zum Kissen würde machen müssen; aber die Excellenz ist ein alter Krieger, und weiß, daß für den, der im Felde war, ein solches Nachtlager kein großes Unglück ist.«
    Der Statthalter nickte Beifall, während er sein Taschentuch aus dem Säbelkorbe nahm, um eine Fliege, die um seine Nase summte, zu verscheuchen.
    »Nun, um eine lange Geschichte abzukürzen,« fuhr der Soldat fort, »ich trollte mehrere Meilen weiter, bis ich zu einer Brücke kam, die über eine tiefe Schlucht ging, durch welche ein kleiner Bach floß, den die Sommerhitze fast ausgetrocknet hatte. An dem Ende der Brücke war ein maurischer Thurm, dessen oberer Theil ganz verfallen war; ein Gewölbe an dem Fundamente aber war wohlerhalten. Hier, dachte ich, ist ein guter Platz zum Anhalten; so stieg ich zum Bache nieder, und trank tüchtig, denn das Wasser war rein und gut, und ich war ausgetrocknet vor Durst; dann öffnete ich meinen Sack, und nahm eine Zwiebel und einige Krusten, aus denen mein ganzer Mundvorrath bestand, heraus, setzte mich auf einen Stein am Rand des Baches, und fing an mein Abendmahl zu verzehren, worauf ich mein Nachtquartier in dem Thurmgewölbe aufzuschlagen gedachte; und es wäre ein herrliches Quartier für einen Soldaten gewesen, der eben aus dem Felde kam, wie die Excellenz, als ein alter Soldat, sich wohl denken kann.«
    »Ich habe zu meiner Zeit wohl schlimmeres freudig mitgenommen,« sagte der Statthalter, indem er sein Taschentuch wieder in den Korb seines Säbels legte.
    »Während ich meine Kruste ruhig zermalmte,« fuhr der Soldat fort, »hörte ich, daß sich etwas in dem Gewölbe regte; ich horchte – es war der Tritt eines Pferdes. Allgemach kam aus einer Thüre in dem untern Theil des Thurms, nahe an dem Rande des Wassers, ein Mann heraus, der ein mächtiges Pferd am Zügel führte. Ich konnte bei dem Sternenlichte nicht genau sehen, wer er war. Es hatte etwas Verdächtiges, in den Ruinen eines Thurmes, an diesem wilden, einsamen Orte herumzustöbern. Er konnte ein bloßer Wanderer seyn, wie ich; er konnte ein Schmuggler seyn; er konnte ein Bandelero seyn. Was lag daran! dem Himmel und meiner Armuth Dank, ich hatte nichts zu verlieren; drum saß ich still, und nagte an meiner Kruste. Er führte das Pferd an das Wasser, ganz nahe dem Flecke, wo ich saß, so daß ich die beste Gelegenheit hatte, ihn näher in’s Auge zu fassen. Zu meinem Staunen war er in maurische Tracht gekleidet, hatte einen Panzer von Stahl, und eine polirte Kopfbedeckung, wie ich aus dem Widerschein der Sterne darauf unterschied. Auch sein Roß war nach maurischer Art geschirrt, mit großen schaufelartigen Steigbügeln. Wie gesagt, er führte es an den Rand des Baches, in welchen das Thier seinen Kopf fast bis zu den Augen steckte und trank, bis ich dachte, es müsse bersten.«
    »Kamerad,« sagte ich, »dein Pferd trinkt brav; es ist ein gutes Zeichen, wenn ein Pferd den Kopf tüchtig in das Wasser steckt.«
    »Es darf wohl trinken,« sagte der Fremde in maurischem Accent;»es ist ein gutes Jahr, daß es seinen letzten Trunk erhalten hat.«
    »Bei Santiago,« sagte ich, »das läßt selbst die Kameele, die ich in Afrika gesehen habe, hinter sich zurück. Doch kommt, ihr scheint etwas von einem Soldaten – wollt ihr euch setzen, – und eine Soldaten-Mahlzeit theilen? In der That, ich fühlte den Abgang eines Gefährten an diesem einsamen Platze, und wollte mich gern mit einem Ungläubigen begnügen. Ueberdieß ist ein Soldat, wie die Excellenz wohl weiß, nicht eben sehr eigen in Bezug auf den Glauben seiner Gefährten, und Soldaten aller Länder sind zur Friedenszeit Kameraden.«
    Der Statthalter nickte wieder Beifall.
    »Gut, wie ich sagte, ich lud ihn ein, meine Malzeit,

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