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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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und jener geschwätzigen Gruppen an, die sich gewöhnlich früh Morgens um die Brunnen sammeln. Das Rad der Cisterne ruhte, und die Magd in ihren Schlarren stand gaffend, den Krug in der Hand, als der Korporal mit seinem Fang vorbei kam. Ein bunter Zug schloß sich nach und nach dem Nachtrab des Geleites an.
    Weise Winke, Bemerkungen und Vermuthungen machten die Runde. »Es ist ein Ausreißer,« sagte der Eine. »Ein Schmuggler,« sagte ein Anderer. »Ein Räuber,« sagte ein Dritter; – bis es sicher und hergestellt war, daß der Hauptmann einer verzweifelten Räuberbande durch die Kühnheit des Korporals und seiner Leute gefangen worden sey. »Gut, gut,« sagten sich die alten Basen, »Hauptmann oder nicht – er mache sich einmal aus den Händen des Statthalters Manco los, wenn er kann, obgleich jener nur einhändig ist.«
    Der Statthalter Manco saß in einem der innern Säle der Alhambra, und trank in Gesellschaft seines Beichtvaters, eines feisten Franziskanermönchs aus einem benachbarten Kloster, seine Tasse Morgen-Chocolade. Ein sittsames, schwarzäugiges Mädchen von Malaga, die Tochter seines Wirthschafters, bediente ihn. Die Welt gab zu verstehen, dieses Mädchen, die bei aller ihrer Sittsamkeit eine schlaue, dralle Hexe war, habe ein weiches Fleckchen in dem Eisenherzen des alten Statthalters gefunden, und habe ihn ganz unter dem Pantoffel. Doch still davon – die häuslichen Angelegenheiten dieser mächtigen Herrscher der Erde sollte man nicht so genau untersuchen.
    Als die Nachricht kam, ein verdächtiger Fremder, der um die Vestung herumgeschlichen, sey eingefangen worden, und bereits in dem äußern Hof unter der Aufsicht des Korporals, der die Befehle Seiner Ercellenz erwarte, schwellte der Stolz und die Würde des Dienstes die Brust des Statthalters. Er gab die Chocoladetasse in die Hände des sittsamen Mädchens, ließ seinen Säbel mit dem großen Korbe holen, gürtete ihn um, drehte seinen Schnurrbart aufwärts, setzte sich in einen großen, hochrückigen Stuhl, nahm eine sauere und abschreckende Miene an, und forderte den Gefangenen vor sich. Der Soldat wurde hereingeführt, von seinen Gefangennehmern noch gehörig festgehalten, und von dem Korporal bewacht. Er zeigte jedoch ein entschlossenes, selbstvertrauendes Wesen, und gab den scharfen, forschenden Blick des Statthalters mit einem leichten Schielen zurück, was dem empfindlichen alten Potentaten keineswegs gefiel.
    »Nun, Beklagter,« sagte der Statthalter, nachdem er ihn einen Augenblick schweigend angeblickt hatte, »was könnt ihr zu eueren Gunsten sagen – wer seyd ihr?«
    »Ein Soldat, der eben aus dem Feld kömmt, und nichts davon getragen hat, als Narben und Wunden.«
    »Ein Soldat – hem – ein Infanterist nach dem Rock. Ich höre, ihr hättet ein schönes arabisches Pferd. Ich vermuthe, ihr habt das auch aus dem Krieg davongetragen neben euern Narben und Wunden.«
    »Ich habe, mit Eurer Excellenz Erlaubniß, etwas Seltsames in Betreff dieses Pferdes zu erzählen. In der That, ich habe eines der wunderbarsten Dinge zu berichten; etwas, das auch die Sicherheit dieser Veste, ja von ganz Granada angeht. Allein es ist ein Gegenstand, den ich euch nur allein anvertrauen kann, oder nur in Gegenwart solcher Leute mittheilen darf, welche euer Zutrauen haben.«
    Der Statthalter dachte einen Augenblick nach, und befahl dann dem Korporal und seinen Leuten, sich zu entfernen, sich aber außen an der Thüre aufzustellen, und auf den ersten Ruf zur Hand zu seyn. »Dieser fromme Mönch,« sagte er, »ist mein Beichtvater, und ihr könnt alles in seiner Gegenwart sagen – und dieses Mädchen« – auf die Dienerin deutend, die mit dem Ausdruck großer Neugierde geblieben war – »dieses Mädchen ist sehr verschwiegen und bescheiden, und man kann ihr in allem vertrauen.«
    Der Soldat sah mit einem halb schielenden, halb streifenden Blick auf das sittsame Mädchen. »Es ist mir ganz recht,« sagte er, »daß das Mädchen bleibt.«
    Als sich die Uebrigen alle entfernt hatten, begann der Soldat seine Geschichte. Er war ein Kerl von geläufiger und geschmeidiger Zunge, und hatte eine Sprache zu seinem Befehl, die über seinen scheinbaren Stand ging.
    »Mit Eurer Excellenz Erlaubniß,« sagte er, »ich bin, wie ich bemerkt habe, ein Soldat, und habe harte Tage im Dienste verlebt; da meine Zeit aber aus war, wurde ich vor kurzem aus der Armee von Valadolid entlassen, und trat zu Fuß meinen Weg nach meinem Vaterorte in Andalusien an. Gestern Abend

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