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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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der Leiter; und plötzlich fiel ihr der Vater ein und sie bebte zurück. Aber vergeblich ist der Versuch, den Kampf in der Brust eines Wesens zu schildern, das so jung und zärtlich und liebend, aber so schüchtern und so unbekannt mit der Welt war.
    Umsonst das Bitten der Schwestern, das Schelten der Duenna, das Fluchen des Renegaten unter dem Balkon, die holde kleine maurische Maid stand ungewiß und schwankend an dem Rande der Entweichung, von der Süße der Sünde gelockt, aber durch ihre Gefahren geschreckt.
    Jeder Augenblick vermehrte die Gefahr der Entdeckung. Ein ferner Tritt wurde gehört. »Die Wachen machen die Runde,« rief der Renegat, »wenn wir zaudern, sind wir verloren. Prinzessin, steigt alsbald nieder oder wir lassen euch zurück.«
    Zorahayda war einen Augenblick in furchtbarer Erregung; dann machte sie mit verzweifeltem Entschluß die Strickleiter los und warf sie vom Balkon.
    »Es ist entschieden!« rief sie: »die Flucht ist mir jetzt unmöglich. Allah geleite und segne euch, meine theuren Schwestern.«
    Den zwei ältesten Prinzessinnen war der Gedanke, sie zurückzulassen, peinvoll und sie hätten gern gezögert, aber die Wache kam näher; der Renegat war wüthend und sie wurden in aller Eile fort zu dem unterirdischen Gang gebracht. Sie tappten durch ein schauderhaftes Labyrinth, welches durch das Herz des Felsen gehauen war und erreichten glücklich und unentdeckt ein eisernes Thor, das sich außerhalb der Mauern öffnete. Hier empfingen sie die spanischen Ritter, als maurische Soldaten verkleidet, und von dem Renegaten angeführt.
    Zorahayda’s Anbeter war außer sich, als er hörte, daß sie sich geweigert habe, den Thurm zu verlassen; allein es war keine Zeit mit Klagen zu verlieren. Die zwei Prinzessinnen nahmen ihre Sitze hinter ihren Liebhabern ein, die kluge Kadiga stieg hinter dem Renegaten auf und alle ritten in raschem Schritt nach der Richtung des Passes von Lope hin, der durch die Gebirge nach Cordova führt.
    Sie waren noch nicht weit, als sie das Lärmen von Trommeln und Trompeten von den Zinnen der Alhambra hörten.
    »Unsere Flucht ist entdeckt,« sagte der Renegat.
    »Wir haben schnelle Rosse, die Nacht ist dunkel und wir können jeder Verfolgung zuvorkommen,« erwiederten die Ritter.
    Sie gaben ihren Pferden die Sporen und flogen durch die Vega, Sie kamen an den Fuß des Elvira-Berges, der wie ein Vorgebirg in die Ebene hereinragt. Der Renegat hielt an und lauschte. »Bis jetzt,« sagte er, »ist uns noch keiner auf der Spur; wir werden die Gebirge glücklich erreichen.« Während er sprach, stieg auf der Zinne des Wartthurms der Alhambra ein blasses Feuer in einer lichten Flamme auf.
    »Verderben!« rief der Renegat: »dieses Feuer wird alle Wachen der Pässe in Bewegung setzen. Fort! fort! Spornt wie toll – es ist keine Zeit zu verlieren.«
    Sie stürzten fort – der Schall der Hufe ihrer Pferde hallte von Fels zu Fels wieder, als sie den Pfad entlang flogen, der an dem Felsberg von Elvira hinzieht. Während sie dahin sprengten, sahen sie, daß das blasse Feuer der Alhambra in allen Richtungen beantwortet ward; Licht auf Licht entflammte auf den Atalayas oder Wartthürmen der Berge.
    »Vorwärts, vorwärts!« rief der Renegat unter manchem Fluch: »zur Brücke, ehe das Lärmzeichen dort gesehen wird.«
    Sie kamen um den Vorsprung der Berge und sahen die berühmte Puente del Pinos, die einen wilden, oft von Christen-und Mosleminen-Blut gefärbten Fluß kreuzt. Zu ihrem Schrecken flammte der Thurm an der Brücke von Lichtern und glänzte von bewaffneten Leuten. Der Renegat hielt sein Pferd an, erhob sich in den Steigbügeln und schaute einen Augenblick umher, dann winkte er den Rittern, verließ den Weg, ritt eine Zeitlang den Fluß entlang und stürzte dann in seine Wellen. Die Ritter mahnten die Prinzessinnen, sich an ihnen festzuhalten, und folgten dem Renegaten. Der rasche Strom riß sie eine Strecke abwärts und die Wogen brüllten um sie; allein die schönen Prinzessinnen hielten sich an ihren christlichen Rittern fest und ließen nie eine Klage hören. Die Ritter erreichten glücklich das jenseitige Ufer und wurden von dem Renegaten auf rauhen und unbesuchten Wegen, und wilde Barrancos durch das Herz des Gebirgs geführt, so daß alle gewöhnlichen Pässe umgangen wurden. Mit einem Worte, es gelang ihnen, die alte Stadt Cordova zu erreichen, wo ihre Rückkehr in die Heimath und zu den Freunden mit großen Lustbarkeiten gefeiert wurde, denn sie gehörten zu den

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