Die Alpen
Tod?
Er singt, wann man ihn quält, er lacht, wann man ihm droht;
Der unbewegte Sinn erliegt in keinen Schmerzen,
Die Flamme, die ihn sengt, dient ihm zum Ruhm und Scherzen.
Wer stirbt hier würdiger? ein gleicher Helden-Mut
Bestrahlet beider Tod und wallt in beider Blut;
Doch Tempel und Altar bezahlt des Märtrers Wunde,
Kanadas nackter Held stirbt von dem Tod der Hunde!
So viel liegt dann daran, daß, wer zum Tode geht,
Geweihte Worte spricht, wovon er nichts versteht.
Doch nein, der Outchipoue tut mehr als der Bekehrte, Das tapferste der Nord-Amerikanischen Völker (La Hontan). Man gibt dem Gefangenen ein Weib von irgendeinem Erschlagenen. Will sie ihn behalten, so ist öfters sein Leben gerettet, und er wird sogar unter das sieghafte Volk aufgenommen. Verurteilt sie ihn zum Tode, so ists um ihn geschehen, und sie ist die erste, an seinen zerfleischten Gliedern sich zu sättigen.
Des Todes Ursach ist das Maß von seinem Werte.
Den Märtrer trifft der Lohn von seiner Übeltat;
Wer seines Staats Gesetz mit frechen Füßen trat,
Des Landes Ruh gestört, den Gottesdienst entweihet,
Dem Kaiser frech geflucht, der Aufruhr Saat gestreuet,
Stirbt, weil er sterben soll; und ist dann der ein Held,
Der am verdienten Strick noch prahlt im Galgen-Feld?
Der aber, der am Pfahl der wilden Onontagen Eines der fünf Völker der Mohocks oder Iroquois. Ich rede nur von den Märtyrern einer mächtigen Kirche, die allerdings öfters mit einem unerschrockenen Mut die angenommene Lehre mit ihrem Tode versiegelt haben. Die gleichen Märtyrer aber, und zwar hauptsächlich in einem bekannten Orden, haben gegen die Protestanten solche unverantwortliche Maßregeln geraten, gebraucht und gelehrt, daß es unmöglich ist, zu glauben, der Gott der Liebe brauche Menschen von solchen Grundsätzen zu Zeugen der Wahrheit. Das erste, was er befiehlt, ist Liebe. Das erste, was diese Leute lehren, ist Haß, Strafe, Mord, Inquisition, Bartholomäustage, Dragoner, Clements, Castelle und Ravaillake.
Den unerschrocknen Geist bläst aus in tausend Plagen,
Stirbt, weil sein Feind ihn würgt, und nicht für seine Schuld,
Und in der Unschuld nur verehr ich die Geduld!
Wann dort ein Büßender, zerknirscht in heilgen Wehen,
Die Sünden, die er tat, und die er wird begehen,
Mit scharfen Geißeln straft, mit Blut die Stricke malt
Und vor dem ganzen Volk mit seinen Streichen prahlt:
Da ruft man Wunder aus, die Nachwelt wird noch sagen,
Was Lust er sich versagt, was Schmerzen er vertragen.
Wie aber, wann im Ost der reinliche Brachmann
Mit Kot die Speisen würzt und Wochen fasten kann?
Wann Ströme seines Bluts aus breiten Wunden fließen,
Die seine Reu gemacht, und oft der Tod muß büßen,
Was Rom um Geld erläßt, wann nackt und unbewegt,Er Jahre lang den Strahl der hohen Sonne trägt
Und den gestrupften Arm läßt ausgestreckt erstarren?
Wie heißen wir den Mann? Betrüger oder Narren!
Wann in Iberien ein ewiges Gelübd
Mit Ketten von Demant ein armes Kind umgibt,
Wann die geweihte Braut ihr Schwanen-Lied gesungen
Und die gerühmte Zell die Beute nun verschlungen,
Wie jauchzet nicht das Volk und ruft, was rufen kann:
Das Weib hört auf zu sein, der Engel fängt schon an! Worte des heiligen Hieronymi.
Ja stoßt, es ist es wert, in prahlende Trompeten,
Verbergt der Tempel Wand mit persischen Tapeten,
Euch ist ein Glück geschehn, dergleichen nie geschah,
Die Welt verjüngt sich schon, die güldne Zeit ist nah!
Gesetzt, daß ungefühlt in ihr die Jugend blühet
Und nur der Andacht Brand in ihren Adern glühet;
Daß kein verstohlner Blick in die verlaßne Welt
Mit sehnender Begier zu spät zurücke fällt;
Daß immer die Vernunft der Sinnen Feuer kühlet
Und nur ihr eigner Arm die reine Brust befühlet;
Gesetzt, was niemals war, daß Tugend wird aus Zwang:
Was jauchzt das eitle Volk? Wen rühmt sein Lobgesang?
Doch wohl, daß List und Geiz des Schöpfers Zweck verdrungen,
Was er zum Lieben schuf, zur Witwenschaft gezwungen,
Den vielleicht edlen Stamm, den er ihr zugedacht,
Noch in der Blüt erstickt und Helden umgebracht;
Daß ein verführtes Kind in dem erwählten Orden
Sich selbst zur Überlast und andern unnütz worden!
O ihr, die die Natur auf beßre Wege weist,
Was heißt der Himmel dann, wann er nicht lieben heißt?
Ist ein Gesetz gerecht, das die Natur verdammt?Und ist der Brand nicht rein, wann sie uns selbst entflammt?
Was soll der zarte Leib, der Glieder holde Pracht?
Ist alles nicht für uns und wir für sie gemacht?
Den Reiz, der Weise zwingt, dem
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