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Die Alpen

Titel: Die Alpen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albrecht von Haller
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trat,
Wie du die letzten Kräfte faßtest,
Um noch ein Wort, das ich erbat.
O Seele, voll der reinsten Triebe,
Wie ängstig warst du für mein Leid!
Dein letztes Wort war Huld und Liebe,
Dein letztes Tun Gelassenheit.
    Wo flieh ich hin? In diesen Toren
Hat jeder Ort, was mich erschreckt!
Das Haus hier, wo ich dich verloren;
Der Tempel dort, der dich bedeckt;
Hier Kinder - ach! mein Blut muß lodern
Beim zarten Abdruck deiner Zier,
Wann sie dich stammelnd von mir fodern;
Wo flieh ich hin? Ach! gern zu dir!
    O soll mein Herz nicht um dich weinen?
Hier ist kein Freund dir nah als ich.
Wer riß dich aus dem Schoß der Deinen?
Du ließest sie und wähltest mich.
Dein Vaterland, dein Recht zum Glücke,
Das dein Verdienst und Blut dir gab,
Die sinds, wovon ich dich entrücke;
Wohin zu eilen? In dein Grab!
    Dort in den bittern Abschieds-Stunden,
Wie deine Schwester an dir hing,
Wie, mit dem Land gemach verschwunden, Die Reise nach Göttingen fing zu Schiff an.
Sie unserm letzten Blick entging,
Sprachst du zu mir mit holder Güte,
Die mit gelaßner Wehmut stritt:
›Ich geh mit ruhigem Gemüte,
Was fehlt mir? Haller kömmt ja mit!‹
    Wie kann ich ohne Tränen denken
An jenen Tag, der dich mir gab!
Noch jetzt mischt Lust sich mit dem Kränken,
Entzückung löst mit Wehmut ab.
Wie zärtlich war dein Herz im Lieben,
Das Schönheit, Stand und Gut vergaß,
Und mich allein nach meinen Trieben
Und nicht nach meinem Glücke maß.
    Wie bald verließest du die Jugend
Und flohst die Welt, um mein zu sein;
Du miedst den Weg gemeiner Tugend
Und warest schön für mich allein.
Dein Herz hing ganz an meinem Herzen
Und sorgte nicht für dein Geschick;
Voll Angst bei meinem kleinsten Schmerzen,
Entzückt auf einen frohen Blick.
    Ein nie am Eiteln fester Wille,
Der sich nach Gottes Fügung bog;
Vergnüglichkeit und sanfte Stille,
Die weder Glück noch Leid bewog;
Ein Vorbild kluger Zucht an Kindern,
Ein ohne Blindheit zartes Herz;
Ein Herz, gemacht mein Leid zu mindern,
War meine Lust und ist mein Schmerz.
    Ach! herzlich hab ich dich geliebet,
Weit mehr als ich dir kundgemacht,
Mehr als die Welt mir Glauben gibet,
Mehr als ich selbst vorhin gedacht.
Wie oft, wann ich dich innigst küßte,
Erzitterte mein Herz und sprach:
›Wie? wann ich sie verlassen müßte!‹
Und heimlich folgten Tränen nach.
    Ja, mein Betrübnis soll noch währen,
Wann schon die Zeit die Tränen hemmt;
Das Herz kennt andre Arten Zähren,
Als die die Wangen überschwemmt.
Die erste Liebe meiner Jugend,
Ein innig Denkmal deiner Huld,
Und die Verehrung deiner Tugend
Sind meines Herzens stete Schuld.
    Im dicksten Wald, bei finstern Buchen,
Wo niemand meine Klagen hört,
Will ich dein holdes Bildnis suchen,
Wo niemand mein Gedächtnis stört.
Ich will dich sehen, wie du gingest,
Wie traurig, wann ich Abschied nahm!
Wie zärtlich, wann du mich umfingest,
Wie freudig, wann ich wiederkam!
    Auch in des Himmels tiefer Ferne
Will ich im Dunkeln nach dir sehn
Und forschen, weiter als die Sterne,
Die unter deinen Füßen drehn.
Dort wird an dir die Unschuld glänzen
Vom Licht verklärter Wissenschaft;
Dort schwingt sich aus den alten Grenzen
Der Seele neu entbundne Kraft!
    Dort lernst du Gottes Licht gewöhnen,
Sein Rat wird Seligkeit für dich;
Du mischest mit der Engel Tönen
Dein Lied und ein Gebet für mich.
Du lernst den Nutzen meines Leidens,
Gott schlägt des Schicksals Buch dir auf;
Dort steht die Absicht unsers Scheidens
Und mein bestimmter Lebenslauf.
    Vollkommenste! die ich auf Erden
So stark und doch nicht gnug geliebt!
Wie liebenswürdig wirst du werden,
Nun dich ein himmlisch Licht umgibt.
Mich überfällt ein brünstigs Hoffen,
Oh! sprich zu meinem Wunsch nicht nein!
Oh! halt die Arme für mich offen!
Ich eile, ewig dein zu sein!

Gedanken über Vernunft, Aberglauben und Unglauben
An den Herrn Professor Stähelin
1729
    Dieses Gedicht war eine Art eines Gewettes: Mein Freund, der D. Stähelin, und andere werte Bekannte, die mir Basel zum angenehmsten Aufenthalte machten, erhoben die Engelländer und rückten mir oft das Unvermögen der deutschen Dichtkunst vor. Ich nahm die Ausforderung an, da ich mich nach einer Krankheit langsam erholte und zu keiner andern Arbeit noch die Kräfte hatte. Ich suchte in einem nach dem Englischen Geschmacke eingerichteten Gedichte darzutun, daß die deutsche Sprache keinen Anteil an dem Mangel philosophischer Dichter hätte. Die Fehler in dem Grundriß dieses Gedichtes sind mir sonst mehr als zu bekannt. Aber sie sind noch tiefer als

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