Die Alptraum-Frau
den deines Freundes. Aber für mich gibt es kein Ende. Es gab wohl einen Anfang. Für alles gab es einen Anfang, aber kein Ende.«
»Du willst ewig existieren?«
»Ich werde ewig existieren. Zumindest so lange, wie es Menschen gibt, denn sie sind meine Energie. Ich nehme sie mir, denn auch sie bestehen im Prinzip aus Sternenstaub. Sie alle sind bei uns in mir. Sie leben, aber sie leben auf ihre Weise. Sie konnten mir nicht widerstehen, denn ich besitze die Macht, der sich kein Mensch entgegenstellen kann. Das werdet ihr ebenfalls spüren.«
Ich wollte nicht klein beigeben und sagte deshalb: »Nein, Urania, ich nicht!«
»Tatsächlich?«
Sie hatte dieses eine Wort nur mit einem singenden Unterton in der Stimme gesprochen. Möglicherweise auch mit einem gewissen Spott unterlegt, wie jemand, der sich seiner Sache ausgesprochen sicher ist.
Das konnte sie auch sein, denn ich stellte ihr keinen Widerstand entgegen. Es war der knappe Blick in ihre Augen, der für mich einiges änderte. Plötzlich war ich das Stück Eisen, und Urania war ein Magnet.
Ich konnte mich nicht von ihr lösen. Diese Augen strahlten mich nicht nur hell an, sie strahlten auch in mich hinein, so dass ich den Eindruck hatte, von einem wirklichen Sternenlicht durchdrungen zu sein. In mir veränderte sich alles, obwohl ich äußerlich gleich blieb. Nur das Gefühl hatte sich verändert, und so spürte ich in mir eine gewaltige Sehnsucht, der ich nicht länger widerstehen konnte.
Ich musste zu ihr. Ich musste sie haben. Ich wollte es auch. Alles um mich herum war zweitrangig geworden, selbst Suko, der ebenfalls nichts tat, um mich zurückzuhalten. Warum das geschah, darüber dachte ich nicht erst nach. Mir ging nur durch den Kopf, dass sich die anderen Opfer ebenso gefühlt haben mussten wie ich.
Sie gingen über den Boden, aber sie hingen trotzdem am Bannstrahl der Alptraum-Frau.
Also ging ich weiter. Langsam, aber zielstrebig. Ich hob einen Fuß nach dem anderen, setzte ihn wieder auf und spürte den mit Rasen bewachsenen Boden wie einen dicken Teppich.
Die Augen ließen mich nicht los. Sie waren wie Laternen. Sie waren die Lockung. Ich sah in ihnen das alte Licht und dachte daran, dass es seit Beginn der Weltwerdung existierte. Sternenlicht. Ein Stück unendlich weit zurückliegender Vergangenheit. Das, aus dem alles geworden und geboren war. Auch wir Menschen, die schließlich in den Kreislauf der Evolution hineinglitten.
Nur die Augen waren wichtig. So hell, so strahlend. Es kam mir nichts fremd vor, denn irgendwo steckte dieses Licht ja auch in mir, auch wenn es verändert und nur ein winziger Rest war.
Das Gesicht strahlte. Oder waren es nur die Augen? Ich konnte es nicht unterscheiden. Es gab nichts mehr, was mich noch ablenkte. Ich war zu ihrem Gefangenen geworden, und auch Suko würde mich nicht mehr zurückhalten können.
Mein Menschsein konnte ich zwar nicht verleugnen, doch jetzt interessierten mich andere Dinge. Ich wollte zu ihr. Ich wollte zu einem ihrer Diener werden. Hineingeraten in ihren Kreislauf, um auf eine andere Art und Weise weiterleben zu können.
Sie beherrschte alles. Selbst das Gebiet der Flammenden Steine. Hier regierte nur sie und damit auch die uralte Kraft, die durch ihren Körper floss.
Schwebte ich? Ging ich? Es war für mich nicht herauszufinden. So wie ich musste sich jemand fühlen, der sich auf der berühmten Wolke Sieben bewegte.
Urania sprach nicht. Sie brauchte nichts zu sagen. Sie schaute mich nur an, und sie streckte mir jetzt die Hände entgegen, wie jemand, der mich empfangen wollte.
Das erinnerte mich an die Berichte von Menschen, die bereits für eine gewisse Zeit tot gewesen waren, den langen Tunnel durcheilt hatten, um dem Licht entgegenzuschweben, wo dann ihre Verwandten standen, um sie in Empfang zu nehmen.
Das war bei mir nicht der Fall. Hier gab es keinen Tunnel, wohl aber das kalte Licht, in dessen Bereich ich jetzt hineingeriet. Es umgab mich als Aura, als Mantel. Es hüllte mich von Kopf bis zu den Füßen ein, und es war für mich auch zu spüren, weil der Schauer auf meiner Haut einfach bestehen blieb.
Die Augen, das Licht, der Mund, das Lächeln. Ein Willkommensgruß, dem ich nichts entgegensetzen wollte und es auch nicht konnte. Es war einfach da, und es war mein neuer Herr.
Ich dachte nicht mehr an mein Kreuz, das normal warm vor meiner Brust lag und sich nicht auf seine Art und Weise meldete. Es war mir alles egal geworden, und so trieb ich weiter den mir
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