Die Alptraum-Frau
entgegengestreckten Händen zu, die mich so sicher auffangen wollten.
Dann war ich da. Bei den Händen. Ich fasste zu.
Der erste Kontakt zwischen mir und der Alptraum-Frau ließ mich noch stärker schaudern. Etwas völlig Unbekanntes durchfloss mich. Ich konnte nicht begreifen, was es war. Möglicherweise eine starke Sehnsucht, die mich noch näher an Urania herantrug.
Seidenweich umschmeichelte ihre Stimme meine Ohren. »Auch du wirst bald zu mir gehören. Wie auch die anderen, die sich schon meiner Gunst erfreuen. Es ist das neue Leben, es ist die neue Existenz, die dich verzehren wird und nach der du dich verzehrst. Du wirst glücklich sein, denn du gehst zurück zu den Anfängen allen Seins. Zum Licht, zum Staub der Sterne, hinein und wieder zurück in das All, aus dem du gekommen bist. Ich bin die Energie, aber ich bin auch die Materie. Du wirst bald nur mehr die Energie sein, und du wirst dich glücklich fühlen, wie das von Menschen erfundene Paradies.«
Es gab nichts, was ich dagegen sagen wollte oder auch nur konnte, da die alte, zeitlich kaum erfassbare Kraft stärker war. Ich ergab mich in mein Schicksal.
Urania wollte nicht nur den einfachen Handkontakt, sie wollte mehr, viel mehr. Unter dem langen Kleid verbarg sich noch die menschliche Gestalt, die ich sehr bald zu spüren und zu fühlen bekam, als sie mich an sich zog. Ja, sie war eine Frau. Ihre Brüste, ihre Rundungen, und meine Hände wanderten über ihren Rücken hinweg, als wollten sie jeden Zentimeter des Körpers genau auskosten.
Wir umarmten uns. Ich spürte ihre Lippen über meine linke Wange streichen. Es waren kalte Lippen, aber nicht kalt wie Eis, dafür wie Licht, das ich diesmal sogar spürte.
Es war wunderbar. Ich war zum zweitenmal weggetreten, als ich diesen Frauenkörper umfing. Es gab alles, was sich ein Mann von einer Frau wünschen konnte. Deshalb ließ ich ihn auch nicht los und ließ meine Hände über ihn hinwegwandern. Immer und immer wieder. Sogar ihre Vorderseite kostete ich aus, spürte die Rundungen der Brüste und zugleich ihr Knie, das innen an meinem Oberschenkel hoch strich.
So hatte sie den suizidgefährdeten Menschen den Weg zurück ins Leben gewiesen oder den neuen Weg, den ich nun auch gehen sollte. Ich war dazu bereit. Ich überließ mich dem Fluss der Gefühle und merkte die Veränderung kaum.
Etwas passierte mit dem Körper unter dem Kleiderstoff. Er war nicht mehr so nachgiebig. Da hatte sich die Haut verändert oder war kaum noch vorhanden.
Zwischen meine Finger geriet etwas Hartes! Ein Knochen - Gebein…
Urania spürte es, denn dicht an meinem Ohr hörte ich ihr leises Lachen und danach die ebenfalls leise gesprochenen Worte: »Gleich… gleich ist es soweit. Dann bist du endgültig bei mir…«
***
Suko wusste nicht, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte, dass sich Urania John und nicht ihn ausgesucht hatte. Zum Glück waren nicht beide betroffen, und so konnte sich Suko aussuchen, wie er handeln wollte, wenn es dann hart auf hart kam.
Auch er hatte den Blick dieser Augen mitbekommen und diesen Angriff gespürt. Ja, eine Attacke. Nur anders als er sie bisher erlebt hatte. Nicht von körperlichen Schmerzen begleitet. Dieser Angriff war tiefer gegangen. Er hatte sein Bewußtsein getroffen, das Denken zwar nicht ausgeschaltet, dafür das Handeln.
Suko hatte vorgehabt, seinem Freund John zu folgen, um ihm beistehen zu können. Ein Plan, der bis zu dem Augenblick präsent war, bevor ihn der Blick erwischte.
Von nun an war alles anders. Es blieb bei dem Willen oder Wollen.
Nur war Suko nicht mehr in der Lage, dies auch in die Tat umzusetzen.
Zu brutal war der Angriff der Augen gewesen. Er kam mit sich selbst nicht mehr zurecht, denn er stand zwischen den Flammenden Steinen wie jemand, der auf den Boden genagelt worden war.
Es steckte keine Power mehr in ihm. Er bemühte sich, voranzukommen, nur gehorchten ihm die Glieder nicht mehr. Sein Gehirn sagte ja, die Wahrheit lautete nein. Er kam nicht vom Fleck.
Dafür ging John weiter. Immer weiter. Er ließ sich durch nichts aufhalten. Suko dachte an seine Waffen, besonders an seinen Stab, durch den er die Zeit anhalten konnte. Fünf Sekunden, die er brauchte.
Er musste den Stab nur kurz berühren und ein bestimmtes Wort sprechen.
Das gelang ihm nicht. Der Blick dieser mit Sternenlicht gefüllten Augen hatten ihn in den Bann geschlagen. Jetzt fühlte er sich wie jemand, der in die Magie des Stabs hineingeraten war, denn es war ihm nicht
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