Die Alptraumritter
sein.«
»Einverstanden.«
Noch einmal hörten sie, rasch verhallend, den Hufschlag des Pferdes, mit dem Necron zu flüchten versuchte. Sie zogen sich in das Zelt zurück, wickelten sich in trockene Decken und schliefen dem Morgen entgegen. Nur ein paar Tagesreisen weit war Ash’Caron entfernt, das Ziel der Nomadenkarawanne, das Ziel von Prinz Odam und der Ort, an dem Necron mit Arruf abermals zusammenkommen wollte.
2.
»Ihr werdet von uns wissen wollen, was es mit der gigantischen Stadt auf sich hat?« rief Brahid Elejid und zügelte neben der Gruppe der drei Reiter seinen Hengst. Es war ein geschecktes Tier mit breitem Brustkorb, einer fast weißen Mähne und einem Schweif von derselben Farbe. Sie ritten weit vor der Spitze des Nomadenzugs, der sich hinter ihnen durch das Gelände schlängelte. Längst waren die Felsen der Springenden Quellen hinter dem Horizont verschwunden.
»Ein vorzüglicher Einfall«, gab Arruf zurück. »Es sind viele Legenden, von denen ich hörte.«
»Es mögen Legenden sein«, erläuterte der Stammesanführer und kam näher heran, »aber wenn ihr die Stadt aus riesigen Felsen seht, müßt ihr erkennen, daß die Wahrheit und die Legende einander gleich sind.«
»Du sprichst große Worte«, grollte Uinaho und beschattete seine Augen mit der flachen Hand, während er nach vorn spähte. »Erzähle weiter.«
Links von ihnen, wie stets auf dieser Reise, erhob sich der ferne wallartige Abschnitt, der den Beginn der Düsterzone erkennen ließ. Unterschiedlich hoch, unterschiedlich nah oder weit, vorspringend und zurückweichend, wie eine riesige, auf dem Horizont aufgesetzte Wolke von graubrauner, schwarzer und grauer Färbung. Die Sonne, die sich im Osten erhoben hatte, stand bereits über einem marmorierten Ausläufer der Düsterzone, und die Reiter warfen lange schwarze Schatten nach Westen.
»Die Stadt im Felsenberg, in der Shaer O’Ghallun herrscht und entscheidet, soll einst von Kämpfern aus der Lichtwelt erbaut worden sein. Es mußten wahrlich Giganten gewesen sein, denn die Felsen sind von erregender Größe und Schrecklichkeit.«
»Kennst du die Stadt?«
»Die Nomaden dürfen nicht alle Teile Ash’Carons betreten. Ash’Caron soll als Bastion gegen die Mächte der Dunkelwelt bestehen. Jene Recken der Lichtwelt waren Auserwählte und Erleuchtete, die in der Lichtsäule des Lichtboten badeten. Man sagt, dieses Lichtbad habe sie unsterblich werden lassen, aber wer bin ich, daß ich davon wüßte und euch Genaues sagen könnte?«
Der Ay setzte sich im Sattel zurück und blickte mißtrauisch nach dem aufgerissenen Hakenschnabel des Orhakos, das schräg hinter ihm mit langen, raumgreifenden Schritten dahintrabte. Hrobon hing schräg aus dem Sattel, um genau verstehen zu können, was der Brahid erzählte.
»… um diese Lichtsäule wurde einst Logghard erbaut«, gab Arruf zurück. »Das alte Logghard, die Stadt, für die so lange Zeit so viele Menschen gestorben sind.«
»Eine andere Legende – oder ist es die Wahrheit, wer weiß? – berichtet uns aber, daß die Stadt das Werk der Dämonen ist und daß die Kämpfer der Lichtwelt den Mächten der Dunkelheit die Stadt in einem harten Kampf abgerungen haben.
Viele sagen aber auch, daß Ash’Caron vor unendlich langer Zeit eine Zwingburg der Alptraumritter war. Ob die Alptraumritter die Stadt auch erbaut haben, vermag keine Legende zu sagen.
Ich weiß nichts mehr. Doch. Eines weiß ich: Shaer O’Ghallun ist ein gerechter, kluger Herrscher und Ratgeber für die Horier.«
»Vielleicht hilft er mir ebenso gerecht, von dem Rachedämon wegzukommen«, sagte Arruf und nickte zu Hrobon hinauf. In der Nacht hatte er ihm von den drei Pfändern berichtet und davon, daß Steinmann Necron Gewalt über seine Augen besaß und umgekehrt.
»Er wird auch dir helfen«, versprach der Brahid mit eigentümlicher Sicherheit, »wenn deine Bitte ehrsamen Absichten entspricht.«
»Ich denke«, Arruf zuckte die Schultern und verlagerte sein Gewicht, »daß ich ihn davon überzeugen kann.«
»Versuche es!«
»Auf dem Weg bis zur Stadt muß ich zudem versuchen«, rief Arruf nach einer weiteren Wegstrecke, die sie schweigend und schnell zurücklegten, »Necron zu finden. Auf meine Weise.«
Schweigend stimmten Uinaho und Elejid zu.
Arrufs Zögern, den Alleshändler sofort zu verfolgen und zu stellen, hatte für ihn gewichtige Gründe. Zuerst war das Unbehagen an der Vorstellung, Necron töten zu müssen, dazu kam die Hoffnung, ihn als Freund zu
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