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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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oder wir treiben ihn in eine Lage, in der er alle seine Messer verbrauchen muß. Dann hast du es leichter, allein über deine Augen zu verfügen.«
    »Ihr versteht das nicht. Ich will ihn nicht töten.«
    »Will er dich töten?« rief der Brahid. Die Reiter befanden sich auf der Kuppe eines Hügels und warteten auf die Urs, die anderen Reiter und die Frauen und Kinder. Wieder hatte der schwere Wagen das Ende der Karawane übernommen. Hrobon, der sich von der Gruppe gelöst hatte, preschte mit Kußwind weit unter den drei Reitern durch ein Tal und sicherte nach vorn und den Seiten.
    »Ich bin sicher, daß er mich nicht töten will. Fragt mich nicht, warum ich diese Sicherheit habe!« gab Arruf zurück.
    »Und wenn ich dich frage?« meinte Uinaho.
    »Dann habe ich keine Antwort. Keine, die dich befriedigt.«
    Uinaho gab ein unbestimmtes Brummen von sich und ruckte am Zügel. Die Reiter stoben den Abhang hinunter und folgten den weit auseinandergezogenen Spuren des Orhakos.
    Der steppenartige Charakter des Landes hatte sich seit Tagen nicht verändert. Der meist harte, trockene Boden, reichlich durchzogen von Sandflächen, zeigte vereinzelte Bäume oder kleine Baumgruppen, die einen schütteren Schatten warfen. Dann wieder, meist in Verbindung mit Hügeln und bergigen Abschnitten, gab es mehr Wasser und Bodenfeuchtigkeit. Dann waren die Gewächse höher, das Gras saftiger, und der Reichtum an jagdbarem Wild nahm zu. Die Sonne brannte warm herunter.
    Aber die unübersehbare Nähe der Düsterzone hatte viele Spuren hinterlassen.
    Die scheinbare Trennung des Himmels durch eine Wand, die aus Teilen von Stürmen, Dunkelheit und grauem Staub zu bestehen schien und einen weiten Schatten warf, bedrohte die Menschen bei jedem Blick, den sie riskierten. Phantastische Steinbrocken lagen verstreut im Sand und Gras. Sie wirkten, als habe sie ein Gigant wahllos ausgestreut, und als würden Dämonen an ihnen gemeißelt und sie verformt haben. Viele von ihnen waren mit giftig und krank aussehenden Moosen und Gewächsen bedeckt. Raupen und Schlangen hausten an und unter den Steinen.
    Der uralte Pfad, entlang dem die Nomaden durch das Land zogen, wand sich hinter den Hügeln den Trümmern der Mauer entgegen. In den Stunden zwischen Mittag und Abenddämmerung erreichten die Reiter und die Spitze der Karawane zum ersten Mal die Mauer der Alten Welt.
    Einst mußte sie ein Meisterwerk gewesen sein und ein unüberwindliches Hindernis.
    Einst, vor einer unendlichen Reihe Generationen…
    Sie war auf den Felsen der kleinen Berge errichtet worden und folgte deren natürlichem Verlauf. Riesige Quader, oft halb so groß wie ein kleiner Yarl, hatten die Vertiefungen ausgefüllt und waren von langen Reihen eckiger Steine gekrönt gewesen. Ab und zu ließen sich noch die Reste gemauerter Stützen und Zinnen erkennen. Dort, wo es keinen natürlichen Untergrund gab, waren tiefe Löcher ausgehoben und gigantische Steinplatten in den Boden eingesetzt worden. Aus längst zerfallenen Reihen ragten einzelne Felsen hervor, die dem Wüten der Zeiten getrotzt hatten. In den schmalen Ritzen derjenigen Mauerabschnitte, die noch aufrecht standen, wucherten zahlreiche Schlingpflanzen.
    Einige turmartige Mauerkronen trugen jetzt niedriges Gebüsch und einige abgestorbene Bäume mit weißen Ästen, auf denen große schwarze Vögel saßen und den Reitern schweigend entgegenäugten. Ab und zu flog einer mit Waschenden Flügelschlägen ab und stieß gräßliche Schreie aus. Vor dem Hintergrund der Schattenzone und dem Niemandsland wirkten die Reste der Mauer besonders bedrohlich, und selbst die erfahrenen Krieger konnten sich eines Schauderns nicht erwehren.
    »Es ist mehr als eine Legende!« sagte Arruf und versuchte sich vorzustellen, wer einmal hier einen Kampf gegen die vorrückenden Dunklen Mächte zu führen versucht hatte. Die Verteidigung war eines Tages zusammengebrochen wie die Steine der Mauer.
    »Habe ich gelogen oder übertrieben?« rief der Brahid von der Quelle herüber, an der er sein Pferd saufen ließ.
    So weit das Auge reichte, erstreckte sich eine breite Zone aus gewachsenem Felsen und nach beiden Seiten des scharfen Kammes weggesackten Quadern. Viele von ihnen waren inzwischen unter kleinen Hängen und Dünen versteckt, auf denen sich die Vegetation ausbreitete. Und zwischen den einzelnen Trümmern wuchsen meist unansehnliche Pflanzen in unnatürlichen Farben.
    Dann wieder folgte ein Stück, schätzungsweise zwanzig Bogenschüsse weit, in der die

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