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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Mauer scheinbar völlig unversehrt war. Hier erkannten die staunenden Krieger, welch ein gigantisches Bauwerk diese uralte Steinansammlung wirklich war.
    »Elejid hat nicht mit einem Wort übertrieben«, stellte Uinaho fest. »Vieles kenne ich, manche Wunder der Natur habe ich gesehen, aber diese Mauer ist unbekannt im Land Ay.«
    An vielen Stellen zwanzig Mannslängen in der Höhe, so zog sich die Mauer in leichten Schlangenlinien vor dem Ödland, als Grenze zu Horiens Steppen, von Osten nach Westen. Sie begann im Osten dort, wo das Gebirge endete, nördlich der Springenden Quellen. Wo sie endete, wußten nicht einmal die Nomaden, jedenfalls nicht sicher. Zwischen einzelnen schrägen Pfeilern, deren unterste Teile von hausgroßen Steinbrocken gebildet wurden, gab es glatte Flächen aus gleichmäßig großen Quadern. Obwohl die Steine aus den hier vorhandenen Felsen gebrochen worden waren, erschienen sie den Reitern in unterschiedlichen Farben. Jeder von ihnen war sorgfältig behauen; es war einst selbst einem geübten Kletterer nicht möglich gewesen, sie ohne Hilfen zu erklettern. Jetzt kennzeichneten dunkles Moos und winzige, dürre Grasbüschel die senkrechten und waagrechten Fugen.
    Arruf rief hinüber zum Brahid:
    »Wo lagern wir?«
    Elehid deutete mit der Lanze nach Nordwesten. Er meinte das Gelände jenseits der nahen Hügel, zwischen denen niedrige Zungen aus Buschwerk hervorlugten.
    »Am Rand des Yarlpfads!«
    »Yarlpfad? Auch hier?«
    »Gleich werdet ihr es sehen können!«
    Hinter dem Sattel Hrobons und ebenso am Sattel des Stammeshäuptlings hingen geschossene Gazellen. Sie waren von den Pfeilen der Krieger erlegt worden und würden heute nacht an den Spießen über der Glut hängen.
    Arruf hatte darauf verzichtet, seinen Bart und sein Haar nachzufärben. An einigen Stellen war die ursprüngliche Farbe zu sehen. In diesen Tagen und hier vor der Mauer gab es niemanden mehr, vor dem er sich verstecken mußte.
    Der Nomadenpfad führte von der Mauer weg, die sich hier ins Niemandsland hinein ausbuchtete und einem Felsrücken folgte. Als sich die Vorhut der Karawane wieder der Mauer näherte, sahen die Fremden ein erstaunliches Bild.
    Als habe ein Schwerthieb eine vierhundert Schritte breite Lücke gespalten, und als habe man die Steine verschwinden lassen, klaffte in der Mauer eine breite Schneise. An beiden Schnittpunkten war das steinerne Monument unversehrt. Nicht ein einziger Quader, kein Rest war mehr zu entdecken. Die Mauer war völlig eingeebnet, und man sah weit in die unfruchtbare Zone des Niemandslands hinein.
    »Weißt du, Brahid Elejid«, rief Arruf entgeistert, »was dieser Einschnitt zu bedeuten hat?«
    »Ein Loch in der Mauer, denke ich«, grinste der Brahid. »Im Ernst: ich weiß es nicht. Waren es einst dahinstürmende Yarls? Es müssen im Lauf der Äonen Hunderte oder Tausende gewesen sein.«
    »Es ist alles bewachsen«, staunte Uinaho. »Über und über.«
    Sie ritten langsam entlang des riesigen Durchbruchs. Voller Staunen sahen sie die fast ebene Fläche, auf der sich abgesehen von hohen Gräsern, seltsame kleine, kriechende Gewächse befanden. Sie sahen aus wie lebende Wesen und bewegten sich auch so. Ihre Ranken tasteten sich über den Boden wie Schlangen, wie vielfach verzweigte Äste. Ihre Blätter waren lang und scharf und hoben sich, als die Hufe der Pferde und die gespreizten Klauen des Orhakos näherten. Sie waren nicht schnell, diese gierig züngelnden Pflanzen, aber in ihren Bewegungen lag etwas raubtierhaft Lauerndes. Wieder fühlte Arruf, wie sich die Härchen auf seiner Haut aufstellten.
    »Das ist nur ein Teil der bösen Gewächse«, erklärte aufgeregt der Brahid, »die wir in der Nähe der Mauer kennen. Es gibt anderes, weiter der Stadt zu. Viele Yarls haben breite Gassen der Zerstörung hinterlassen, in denen die Böse Saat aufgegangen ist.«
    Sie lenkten die Tiere nach rechts, um den leise raschelnden Pflanzen und ihrer unbekannten Drohung zu entkommen. Jenseits des Durchbruchs, nach einem geraden Stück guterhaltener Mauer, lagen wieder die Trümmer eines zusammengebrochenen Abschnitts des Walles. Einzelne Felsschroffen erhoben sich über dem Trümmerfeld. Dahinter, gerade noch sichtbar, erhob sich der Turm, der Treffpunkt mit Necron.
    Die Nomaden würden ihn vor Anbruch der Nacht auf keinen Fall mehr erreichen können. Sie beabsichtigten es auch nicht.
    Der Brahid zeigte nach rechts, und die Reiter sahen einen kleinen Platz, der für die Rast des Stammes sehr gut

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