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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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zuerst zur Quelle und dann auf die Weide brachte, blickte er immer wieder auf das riesige Tier, das vor dem Lager angehalten hatte.
    »Weiß ich’s?«
    Die Reiter versorgten die Pferde und sahen zu, wie die Männer mit den merkwürdigen Helmen und den aus Goldenem Staub gewachsenen Waffen an den Strickleitern und Seilen auf den Rückenpanzer des Yarls hinaufkletterten. Elejid ritt zu ihnen hinüber und versuchte, sein scheuendes Pferd zu beruhigen.
    »Sagt Prinz Odam«, schrie er hinauf, »daß er sich gütigst daran erinnern möge, daß wir seinen Kriegern Unterkunft und Essen gegeben haben!«
    Von oben kam Antwort.
    »Wir danken dir! Alles werden wir berichten!«
    Die Nomaden des Fürsten der Düsterwelt waren es nicht gewohnt, lange Zeit außerhalb der Düsterzone zu leben. Sie schienen heilfroh zu sein, mit dem Yarl wieder zumindest ins Niemandsland zurückkehren zu können, denn von dort aus war es nicht weit bis zum Reich Odams. Die letzten Schlackenhelm-Krieger kletterten über die Brüstung und winkten erleichtert dem Brahid zu.
    »Dank den Nomaden! Dank dem Stamm des tapferen Elejid!«
    »Grüßt den Prinzen!«
    Der Yarl stieß ein dumpfes Brüllen aus, das alle Pferde scheuen ließ. Dann drehte sich das gepanzerte Tier um ein Stück, wühlte tiefe Furchen in den Boden und trabte langsam an. Aufdröhnende Laute der Pranken erschütterten die Erde. Das Tier stapfte auf die Lücke der Mauer zu und entfernte sich schnell in südlicher Richtung.
*
    Für Necron war es mehr als ein Schock.
    Lähmung breitete sich blitzschnell über jede Faser seines Körpers aus. Sein Begreifen war schneller gewesen als seine Gedanken. Sein Instinkt, der ihn so lange in der dauernden Veränderlichkeit der Dämmerzone hatte überleben lassen, hatte schneller als ein Blitz gearbeitet.
    Die Erkenntnis hallte in ihm nach wie ein Donnerschlag in einem riesigen Felsgewölbe.
    Als sich Arruf seiner Augen bemächtigte, griff er nach Arrufs Sehorganen. Sie beide sahen GLEICHZEI­TIG.
    Ohne Dunkelheit, ohne Pause.
    Er, Necron, hatte mitangesehen, wie sich der große Körper des gepanzerten Untieres drehte und sich entfernte, umgeben von den insektenhaft kleinen Gestalten von Menschen und Tieren.
    Arruf hatte den Turm gesehen, das weidende Pferd ohne Sattel, das winzige Feuer und die Trümmer der Mauer, gekreuzt und durchzogen von dem Streifen, in dem die Böse Saat aufgegangen war.
    »Achar hat ganze Arbeit geleistet«, lallte Necron. Seine Lähmung wich, aber als das Leben wieder in seine Glieder zurückkehrte, war es nur, um ihn zittern zu lassen wie im Schüttelfrost. Necron begriff, was es für ihn bedeutete, wenn sie beide die Fähigkeiten erweitert hatten. Keiner war je vor dem anderen sicher. Sie waren wie Zwillinge, die nur über zwei Augen und sonst zwei ganze, leistungsfähige Körper verfügten – zu bestimmten Zeiten. Das Grauen über die Macht des Rachedämons schüttelte ihn. Er verstand jetzt Arruf viel besser und dessen ausschließliches Bemühen, seinen Dämon loszuwerden. Für ihn galt nichts anders; er würde um seine Augen kämpfen wie um sein Leben. Weit außerhalb der Düsterzone, dem Bereich, den er freiwillig gewählt hatte, ohne eigenen Besitz, im verschlissenen Anzug aus schwarzem Samt, mußte er versuchen, nicht nur zu überleben, sondern Stück um Stück zurückzuerobern, was er verloren hatte.
    Er starrte zwischen seinen Stiefeln zu Boden. Der Sand wurde von den winzigen Flämmchen des Feuers und vom letzten Sonnenlicht des Tages schwach beleuchtet. Der Alleshändler sah zwei schwarze Ameisen, die ziellos, im Zickzack, über den Sand liefen, vor dem Feuer zurückschreckten, sich den Stiefelspitzen näherten und wieder zurückrannten. Sie liefen aufgeregt hin und her und verschwanden schließlich in einem dürren Moosbüschel.
    Sie waren für Necron Symbole für ihn und Luxon-Arruf. Nicht anders als aufgeregt umherrennend wie die winzigen Tierchen handelten auch sie.
    Necron zwang sich dazu, sich zu entspannen. Er dachte, bis er endlich einschlief, darüber nach, mit welchem seiner kleinen Zauber er für den Kampf gegen Arruf am besten gerüstet sein würde.
*
    Arruf erholte sich schneller von der blitzartigen Erkenntnis, daß er und sein Pfänder ihre Augen gleichzeitig gebrauchen konnten.
    Er hatte jeden Grund, dem Steinmann zu mißtrauen. Necron würde sich nicht an die Abmachung halten. Arruf mußte auf jede List gefaßt sein. Und trotzdem vermochte er sich nicht vorzustellen, daß sie einander wirklich

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