Die alte Villa (German Edition)
die Knie gefallen und hatte die Hände vor sein Gesicht geschlagen und dabei schluchzte er jämmerlich.
Wenn ich doch nur meine Fesseln lösen könnte! Sie wollte nicht sterben. Und sie musste sich doch noch um den verletzten Torsten kümmern. Sie würden auch ihn umbringen und der Gedanke, ihm nicht mehr helfen zu können, quälte sie mehr als alles andere.
Eine gewaltige Welle an Energie durchströmte ihren Körper, als sie an Torsten dachte und sie sammelte alles an Kraft, was in ihr war.
Sie schloss die Augen.
Karsten schluchzte lauter.
Dr. Kelbel wurde nervös, legte das Messer auf einen Tisch, der mitten im Raum stand und fast wie ein Opfertisch aussah, und ging dann zu dem Jungen.
Beruhigend redete er auf ihn ein, hatte aber anscheinend keinen Erfolg damit.
Rebecca spürte, wie plötzlich jemand ihre Hand ergriff. Dann fühlte sie etwas Kaltes an ihren Handgelenken. Es war das Messer, das neben ihr auf dem Tisch gelegen hatte und gleich darauf wurden ihre Fesseln damit durchschnitten.
Der Doktor wandte sich zwischenzeitlich von dem Jungen ab und machte eine Kopfbewegung zu Rebeccas Physiklehrer, dem anderen ‚Dr. Kelbel’, der die ganze Zeit schweigsam an der Tür gestanden hatte.
„Nimm ihn mit und gib ihm was!“, sagte er in harschem Befehlston.
Doch der Junge wehrte sich mit Händen und Füßen, riss sich los und rannte schließlich aus dem Raum. „Lass ihn laufen! Der kommt hier sowieso nicht raus!“ sagte der Arzt ihrer Tante und wandte sich wieder Rebecca zu.
Rebecca ließ sich nicht anmerken, dass sie von ihren Fesseln befreit war. Sie konnte jetzt wieder klarer denken, seit sie wusste, dass sie hier, zwischen all’ den vermummten Männern, Verbündete haben musste.
Ich muss noch mehr Zeit gewinnen! , dachte sie und suchte fieberhaft nach einem Gesprächsthema.
„Und was ist mit ihm?“, fragte sie schließlich mit einer Kopfbewegung zu ihrem Physiklehrer, der immer noch schweigsam an der Tür stand.
„Das ist mein Cousin“, sagte Dr. Kelbel. „ Ja, er war es, der eure verfluchte Familie immer im Auge behalten hat und sich dann um die Stelle als Physiklehrer bewarb. Es war ein Zufall, dass sie auf dem Gymnasium gerade einen Mangel an Physiklehrern hatten, nicht wahr? Außerdem haben wir hier in diesem Kaff noch Verwandtschaft, die uns immer auf dem Laufenden hält..“
Er schaute zu seinem Vetter und lachte. Es hörte sich gehässig an. „Der Arme glaubt inzwischen, dass Sie tatsächlich hexen können!“
Laut und abgehackt dröhnte sein Lachen durch den übergroßen Raum. Es sah so aus, als würde er dabei heftig nach Luft ringen: „Aber damit wird jetzt Schluss sein!“ Er blicke um sich, als wolle er sich vergewissern, dass ihm alle Anwesenden zuhörten.
Das Messer lag immer noch auf dem Tisch und Rebecca überlegte gerade, ob jetzt der richtige Augenblick wäre, um zu handeln. Doch überlegte sie anscheinend einen Moment zu lang, denn ganz plötzlich griff Dr. Kelbel nach dem Messer und trat einen Schritt auf sie zu.
Käme es zu einem Kampf, hätte sie keine Chance gegen einen erwachsenen Mann, der noch dazu mit einem gewaltigen Messer bewaffnet war. Weder mit noch ohne Fesseln.
Dann erblickte sie für den Bruchteil einer Sekunde eine Gestalt hinter ihrem Physiklehrer, der immer noch an der geöffneten Tür stand. Träumte sie, oder hatte sie tatsächlich das Gesicht von Torsten gesehen?!
Dann war nun der Augenblick gekommen, in dem sie handeln musste!
Mit einem schnellen Täuschungsmanöver, das sie unter dem Korb beherrschte wie keine andere, sprang sie an dem bewaffneten Doktor vorbei und lief in Richtung Tür, direkt auf ihren Physiklehrer zu. Dort war Torsten gerade dabei, den alten Lehrer von hinten zu packen, ohne dass dieser etwas ahnte. Er nahm den verdutzten Lehrer in den Schwitzkasten. Als er jedoch sah, dass Rebecca sich schon befreit hatte, ließ er den soeben erst Überwältigten los, griff ihre Hand und zog sie mit sich in einen dunklen und engen Gang, der seitwärts von dem mit Kerzen beleuchteten Flur der Villa abzweigte. Er endete schon nach wenigen Metern, und setzte sich in einer steilen Treppe fort. Beide hasteten die alten Stufen hinunter und erreichten ein kleines Podest. Torsten öffnete eine schwere Tür und schob Rebecca in den Raum dahinter. Er zog die Tür mühsam hinter sich zu und verschloss diese von innen. Erschöpft lehnte sich Torsten an die Wand und rutschte langsam zu Boden. Besorgt ging Rebecca zu ihm.
„Du musst
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