Die alte Villa (German Edition)
der beiden mit jeder Zelle ihres Körpers. Die Liebe zwischen den Geschwistern schien alles zu erfüllen, den Raum, die Wände, das ganze alte Haus.
Marianna blickte zärtlich auf den Jungen, zeigte dann auf die Wand neben ihr und blickte Rebecca dabei aufmunternd an. Dann hob sie ihre Hand und winkte Rebecca zu. Auch der Junge winkte und nun erkannte sie in seinen Zügen etwas derart Vertrautes, dass sie ganz fürchterlich erschrak. Der Junge blickte sie so freundlich an, dass ihr sogleich Tränen in ihre Augen schossen. Oh nein!
Die Geschwister drehten sich um und gingen den Gang entlang. Schnell wurden ihre Konturen weicher und immer durchscheinender, dann waren sie plötzlich verschwunden und alles hier im Haus schien plötzlich wieder klar und real zu sein.
Rebecca überlegte nicht lange, sondern rannte, so schnell sie konnte, zu der Stelle in der Wand, auf die Marianna in ihrer Vision gezeigt hatte.
Dort befand sich tatsächlich eine Tür!
Rasch drückte sie die eiserne Klinke herunter und schaute vorsichtig in den dahinter liegenden Raum. Sogleich erkannte sie, dass es sich um denselben Raum handelte, in dem sie am Tag zuvor mit Torsten zusammen eingesperrt gewesen war. Und genau wie damals lag dort in der Ecke des Raumes eine leblose Person auf der Erde.
So klein und schutzlos wirkte der schmächtige Körper auf dem nackten, hölzernen Fußboden. Rebecca schossen die Tränen in die Augen.
Sie hatte ihn sofort erkannt und viel zu plötzlich wurde ihr klar, dass sie dieses verstörte Wesen dort gar nicht verabscheute oder gar hasste, wie sie immer vermutet hatte.
Tief in ihr meldete sich ein Gefühl von starker Zuneigung für diesen Jungen, der ihrer aller Hilfe und Unterstützung bedurft hätte und nun war es zu spät für ihn und für sie alle!
“Rolf!“ rief sie heiser und stürmte in den Raum hinein.
„Oh, mein Gott, wer ist das?“ hörte sie die Stimme von Torsten hinter sich. Sie knieten sich beide zu dem leblosen Körper, der in einer riesigen Blutlache lag, hinunter und Torsten griff nach seinem Handgelenk.
„Er lebt noch!“ sagte er.
Es dauerte endlos, fast 10 Minuten, bis endlich der von ihnen per Anruf aus einer Telefonzelle herbeigerufene Rettungswagen erschien.
Wie schon vermutet, konnte bei Dr. Kelbel alias Dr. Bekell nur noch der Tod festgestellt werden.
Rolf dagegen wurde in einem Krankenwagen mit Blaulicht in das nächstgelegene Krankenhaus gefahren. Er hatte eine tiefe Stichwunde in der Bauchgegend und dabei sehr viel Blut verloren.
Rebecca hörte nicht auf, zu beten, dass er es schaffen möge.
Erschöpft wanderten sie über die Wiese der Villa zurück bis zum kleinen Törchen, welches in Tamaras Garten führte. Sie durchquerten Tamaras wunderschön blühenden Garten und klopften dann an die Glastür des Wohnzimmers. Nach einigen Minuten hatte man sie endlich gehört.
Tamara kam herbei gelaufen, um ihnen zu öffnen.
An Rebeccas starrer Mine erkannte sie sofort, dass etwas Schreckliches passiert sein musste und es sollten für diesen Tag noch nicht die letzten Tränen vergossen worden sein, denn in der Küche warteten Greta, Jeremy und zu Rebeccas Entsetzen auch Frau Krause, der sie nun, wohl oder übel, von den entsetzlichen Vorkommnissen, die in der alten Villa geschehen sind, erzählen musste.
Wie erwartet, brach Frau Krause in hysterisches Schluchzen aus, als sie vom Unglück ihres Sohnes erfuhr und Jeremy bot sich sofort an, sie ins Krankenhaus zu ihrem Sohn zu fahren.
Auch Greta war schockiert, als sie von dem Tod ihres Arztes erfuhr. Sie brach in Tränen aus und Tamara nahm sie sogleich in den Arm.
„Oh, nein, warum hat er das nur get an? – Er war doch noch so jung!“ rief sie schluchzend.
Nachdem Gretas Tränen langsam versiegt waren, kehrte eine trügerische Stille in Tamaras Haus ein. Zu dritt saßen sie an dem großen schweren Küchentisch und tranken Tee, den Tamara frisch aufgebrüht hatte.
Tamara rang mit sich selbst, ob sie nun einige Dinge erzählen sollte, die sie längst wusste, aber von denen sie bisher noch niemandem berichtet hatte, doch wusste sie einfach nicht, wie weit man Greta mit diesen Dingen schon belasten könnte und so riss sie sich vorerst zusammen und erzählte nur das Allernötigste, so hoffte sie jedenfalls.
Sie schien dabei jedoch Gretas Verstand und Kombinationsvermögen gehörig unterschätzt zu haben.
„Die Krauses wurden über Jahre hinweg von ihrer feinen Verwandtschaft aus Bayern erpresst.“, begann Tamara.
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