Die alte Villa (German Edition)
kannten sich Frau Krause und ihre Mutter schon viel zu lange, als dass sie Geheimnisse voreinander gehabt haben konnten.
16. März 1980
Am nächsten Morgen musste Rebecca wieder in die Schule gehen, denn es gab keinen Grund, dem Unterricht noch einen Tag länger fern zu bleiben.
Hannelore empfing sie aufgeregt und hielt eine Zeitung in der Hand. Um sie herum standen drei oder vier Mitschüler, die sich konzentriert mit dem Inhalt eines Zeitungsartikels beschäftigten.
„Rebecca, da bist du ja endlich. Hast du gesehen, was hier in der Zeitung steht? Stell dir vor, hier bei uns in der Stadt wurde ein Rauschgiftring ausgehoben. Gleich gegenüber vom Friedhof in dieser uralten Villa muss das passiert sein. Hier – schau dir die Fotos an! Das ist ja wohl eindeutig.“
Hannelore hatte wohl geglaubt, Rebecca mit ihrer Neuigkeit in Staunen versetzen zu können, doch blieb diese völlig unbeeindruckt.
„Ich wusste ja nicht, dass du morgens schon so früh die Zeitung liest“, sagte ihre Freundin etwas enttäuscht.
Doch war dieses Thema einfach zu brisant, um sich länger über Rebeccas Reaktion zu wundern, so dass sie schon wieder konzentriert in die Zeitung starrte. „Stell’ dir nur vor, sogar unsere Schule wird hier genannt. Unter unseren Lehrern soll sich doch tatsächlich einer der Drahtzieher befunden haben.“
„Ja“, sagte Rebecca fast ein wenig gelangweilt. „Und dieser Jemand ist kein anderer als unser lieber Dr. Kelbel!“
Bianca, die ebenfalls in dem kleinen Menschenpulk um Hannelore mit ihrer Zeitung gestanden hatte, staunte nicht schlecht und in ihrem Gesicht zeigte sich unverhohlene Sensationslust!
„Was behauptest du da? Du spinnst ja. Woher willst du das denn wissen?“, fragte sie mit einem spöttischen Unterton.
„Weil ich bei der Überführung der Bande dabei gewesen bin“, bemerkte Rebecca so gelassen wie möglich .
Thomas, der sich ebenfalls zu ihnen gesellt hatte, lachte entgeistert auf.
„Hey, Hexe, erzähl! Hattest du deinen Zauberstab dabei und hast über der Villa auf deinem Besen Erkundungsflüge gemacht ?“, kicherte er ein wenig dümmlich.
„Ja, so ähnlich war es wohl“, sagte Rebecca dann und musste plötzlich lachen.
Hey, ich habe wohl bisher immer alles viel zu ernst genommen – Hagazussa!!
Im Nu hatte sich die Traube aus Schülern verdoppelt und jeder wollte ganz genau von Rebecca hören, was sich in der alten Villa, in der man die Rauschgiftbande dingfest gemacht hatte, zugetragen hatte.
Ob es sich hierbei um die Wahrheit handelte oder nicht, schien dabei eine fast untergeordnete Rolle zu spielen. Es war einfach nur unterhaltsam, zu hören, was Rebecca Spannendes zu erzählen hatte, und vor allem auch, wie sie es erzählte.
Hatten sie ihre schüchterne rothaarige Mitschülerin bisher nicht ganz anders kennen gelernt?
In der großen Pause dann hatte Rebecca endlich die Möglichkeit, mit Hannelore unter vier Augen zu reden. Sie trafen sich auf der großen Wiese vor dem Schulgebäude..
„Na, mein Hexchen, jetzt erzähl doch mal. Was ist denn nun tatsächlich passiert in dieser Villa? Warst du denn wirklich dabei gewesen, oder hast du uns allen heute Morgen nur einen gigantisch großen Bären aufgebunden?“, zwinkerte ihr die Freundin zu.
Rebecca musste lachen und dann berichtete sie ihrer Freundin der Reihe nach, was sich in den letzten zwei Tagen ereignet hatte.
Von dem Besuch bei ihr vor zwei Tagen, als sie schon nach einer halben Stunde wieder gegangen war, von der Begegnung mit Michael, der sie dann in die Villa gelockt hatte, bis zu dem Punkt, wo sie das Arbeitszimmer betrat und den erhängten Dr. Kelbel an der Zimmerdecke baumeln sah und hinterher den schwer verletzten Rolf gefunden hatte.
Sie erzählte es nüchtern und sachlich, ohne jede Ausschmückung, denn, was sie die ganze Zeit bewegte und worüber sie viel nachgrübelte, nämlich, ihre Empfindungen während dieser ungewöhnlichen Ereignisse, die Erscheinung von Marianna, die mentale Kontaktaufnahme mit Maja, die unheimliche Einflussnahme auf die Geschehnisse in ihrem direktem Umfeld, die sich Rebecca absolut nicht erklären konnte, davon konnte sie selbst Hannelore nichts erzählen.
Aber auch ohne diese mysteriösen Hintergründe war ihr Bericht immerhin so spannend, dass Hannelore ihr die ganze Zeit mit offenem Mund gelauscht hatte und als sie schließlich geendet hatte, ließ sich die pummlige Freundin einfach mitten auf die Wiese fallen und blieb mit ausgestreckten Beinen
Weitere Kostenlose Bücher