Die alte Villa (German Edition)
Tante, die ihr so ungemein ähnlich sah, die ganze Zeit an.
„Der Vater von Dr. Kelbel hatte sich damals als euer Vormund ausgegeben“, sagte Rebecca an Greta und ihre Mutter gewandt.
Ihre Mutter zuckte zusammen. „Ja, .. aber, was sollte ich denn tun? Wir hatten ja niemanden mehr“, versuchte sie sich sofort zu verteidigen.
Greta streichelte ihren Arm.
„Nun mach dir doch keine Vorwürfe, Elisabeth! Du warst doch auch noch so jung und ganz auf dich gestellt“, versuchte Greta sie zu trösten.
„Nein, nein...“, stammelte Elisabeth. „Ich hätte es von Anfang an besser wissen müssen... ich..ich..“ , Rebeccas Mutter suchte verzweifelt nach Worten. Etwas in ihr schien sich zu erinnern.
„Ich habe den Brief damals gelesen“, sagte sie dann.
Greta schaute sie direkt und ohne Vorbehalte an.
„Den Brief von unserer Mutter an dich, Greta. – Aber ich wollte von diesen Dingen nichts wissen, von diesem ganzen Unsinn.“
„Es ist schon gut“, sagte Greta sanft. Sie wusste um das Leid ihrer Schwester.
„Dann habe ich ihn einfach in deinen Rucksack gesteckt“, sagte Elisabeth niedergeschlagen. „Am liebsten hätte ich ihn verbrannt!“
Greta legte den Arm um ihre ältere Schwester.
„Es ist alles gut. Du kannst nichts dafür. Glaub mir.“
Langsam beruhigte sich Elisabeth wieder und Rebecca fuhr mit ihrem Bericht fort:
„Die Kelbels haben uns dafür verantwortlich gemacht, dass sich in der vorigen Generation jemand aus ihrer Familie erhängt hatte. Sie glaubten, dass er verhext wurde“, sagte Rebecca. Alle Augen waren nun auf sie gerichtet.
„Aber es geschah ihnen Recht!“, platzte es aus Rebecca heraus.
Heinrich Stein lachte laut auf. „Wusste ich’s doch schon lange, dass es hier bei uns nicht mit rechten Dingen zugeht“, sagte er. „Toaster explodieren, Kaffeemaschinen geben ihren Dienst auf und Flaschen fallen einfach so vom Schrank.“
Er fixierte seine Frau mit einem ärgerlichen Blick.
Rebecca musste lachen.
Niemand hatte weniger damit zu tun, als meine Mutter , dachte sie.
Greta erzählte von ihrer schönen Zeit auf dem Bauernhof der Schwabigs und von ihrem Traum Bäuerin zu werden und Rebecca hing während ihrer Erzählung geradezu an ihren Lippen.
Sie schien sehr viele Gemeinsamkeiten mit der Tante zu haben und war einfach nur glücklich, dass sie wieder bei ihnen war. Ihr fiel die große Vertrautheit zwischen Greta und Jeremy auf und sie spürte, dass zwischen ihnen mehr als nur ein rein geschwisterliches Verhältnis bestand.
Sollten die beiden vielleicht..?
„Deinem Traum steht nun nichts mehr im Wege“, sagte Jeremy gerade und lächelte Greta dabei glücklich an. Rebecca hatte noch nie jemandem sein Glück so sehr gegönnt wie diesen beiden und sie freute sich schon darauf, sie bald wieder in Bayern zu besuchen.
Ihr fiel das seltsame Gespräch bei Tamara wieder ein! Immer noch konnte sie sich keinen rechten Reim darauf machen. Es hatte ja fast so geklungen, als glaubten die beiden, dass Rolf Gretas Sohn sein könnte. Sie selber hielt das Ganze für ausgeschlossen, für völlig ausgeschlossen!
17. März 1980
Am nächsten Morgen fuhr Rebecca als erstes zu Tamara.
„Hast du dir die Unterlagen aus der alten Villa schon angesehen?“, fragte sie aufgeregt.
“Ich kann langsam keine Unterlagen, geschweige denn Briefe mehr sehen“, sagte diese. „Ich glaube, ich bin inzwischen allergisch dagegen!“
Tamara erzählte, dass sie alles an ihren Freund Adalbert weiter gegeben hätte. Danach würden sie sicher mehr wissen. Dann holte sie einen kleinen Zettel aus einer Schublade im Küchenschrank hervor und reichte ihn Rebecca.
Handschriftlich stand dort geschrieben :
‚Ich wollte, dass wenigstens ein Teil von dir bei mir ist. Bitte verzeih’ mir Greta!’ Unterzeichnet war der kurze Text mit ‚Hartmut Bekell’.
„Oh!“, sagte Rebecca. „Er wollte Rolf töten, weil....“
Sie brachte die Worte einfach nicht über ihre Lippen, wollte das Unglaubliche, dass so Unwahrscheinliche nicht wahrhaben.
„...weil er wusste , dass Rolf Tamaras Sohn ist.“ beendete Tamara Rebeccas angefangenen Satz.
„Nein!“ Rebecca verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.
Die Fassungslosigkeit hatte sie so plötzlich in Form einer gnadenlosen Wahrheit übermannt, dass sich ihr Gehirn auf einmal wie eine weiche Gummimasse anfühlte und sie einfach unfähig war, über diese Eröffnung einer ganz und gar neuen Realität nach zu denken.
Tamara legte den Arm um sie.
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