Die alte Villa (German Edition)
„Ach herrje, Rebecca, was ist denn, Schätzchen?“
Wie sollte sie d as erklären? Rolf und sie, Cousin und Cousine?
All’ die Jahre, die sie miteinander und so dicht nebeneinander gelebt hatten und sich dabei so fern waren, so vollständig ohne jede gegenseitige Zuneigung – wenigstens von ihrer Seite aus. Wenn sie es doch nur geahnt hätte!
Warum war ihr die Ähnlichkeit zwischen ihnen beiden niemals aufgefallen? Warum war es ihren Eltern nie aufgefallen? Vermutlich war es einfach die ständige Nähe, die einen objektiven Blick auf eine Person verhinderte.
Aber warum hatte sie nichts bemerkt oder gar gefühlt, was ihr hätte verdächtig vorkommen müssen?
Oder waren ihre Gefühle zwar da gewesen, konnten aber auf Grund des ganz banalen Alltags und der vielen schlechten Gewohnheiten, die sich zwischen ihnen eingenistet hatten, von ihr in ihrer tiefen Klarheit nur nicht erkannt werden?
Sie stand auf.
„Ich muss gehen, Tamara und in Ruhe darüber nachdenken.“
„Ja, ist gut, ihr alle braucht sicher Zeit, um diese Dinge einordnen zu können.“
Bevor sie sich auf den Nachhauseweg machte, erzählte sie Tamara noch von ihrer Beziehungskrise, in der sie mit Torsten gerade steckte.
„Oh, das ist natürlich schlimm-, auch, dass er dir nun gar nicht beistehen kann in diesem ganzen Durcheinander“, meinte Tamara dazu.
„Ihr solltet euren Streit so bald wie möglich beheben. In jeder Beziehung gibt es auch Meinungsverschiedenheiten. Wäre ja unnormal, wenn es nicht so wäre“, sagte Tamara und Rebecca nickte zustimmend.
„Ich werde gleich morgen zu ihm fahren“, sagte Rebecca.
18. März 1980
Als Rebecca am nächsten Tag aus der Schule kam, fand sie ihre Mutter in heller Aufregung vor.
„Rebecca, du musst heute aufs Polizeirevier! Die wollen dich noch einmal verhören!“
Aus dem Munde ihrer Mutter klangen diese Worte so, als wäre sie bereits verurteilt und als bestehe absolut keine Hoffnung mehr, ihre Unschuld zu beweisen.
„Mist!“, entfuhr es Rebecca.
„Was ist denn?“, fragte ihre Mutter ängstlich, als befürchte sie, die Tochter könne die Absicht haben, den Termin einfach sausen zu lassen für irgendeine unwichtige Verabredung.
„Ach nichts“, sagte Rebecca, der soeben eingefallen war, dass sie doch unbedingt zu Torsten fahren wollte, um sich mit ihm auszusprechen.
Der Hauptkommissar, der die Vermittlungen in diesem Fall leitete, ein blasser, etwas nervöser Mann von etwa Mitte 50, gab Rebecca die Hand und lächelte sie mit einem aufmunternden Nicken an. Dann runzelte er die Stirn und das Lächeln verschwand, wie es Rebecca vorkam, viel zu schnell aus seinem Gesicht.
„Es ist noch eine Sache zu klären, Fräulein Stein, bzw. hat sich ein völlig neuer Aspekt in der Angelegenheit ergeben. Ihre Aussage haben wir ja schon zu Protokoll genommen. Nun haben die Untersuchungen ergeben, dass auf dem Messer, mit dem Dr. Kelbel vorhatte Sie zu töten, und mit welchem schließlich Rolf Krause niedergestochen wurde, Fingerabdrücke gefunden wurden, die wir nur zu einem Teil einer konkreten Person zuordnen konnten. Für den jungen Mann, von dem ein Teil der Abdrücke stammt, könnte das bedeuten, dass er mit einer Anklage wegen versuchten Mordes rechnen müsste. – Es sei denn, er hat mit dem Messer tatsächlich nur ihre Fesseln durchschnitten..“
Der Hauptkommissar winkte einem Polizisten und dieser führte besagten jungen Mann herein.
Es handelte sich bei ihm um einen guten alten Bekannten und Rebecca musste sich sehr zusammen reißen, um nicht auf ihn loszugehen.
„Michael!“, stammelte sie daher nur.
Man hatte seine Hände mit Handschellen gefesselt und er schaute resigniert zu Boden.
„Herr Leibert behauptet, er hätte das Messer niemals in der Hand gehabt.“
Der Kommissar schaute Rebecca eindringlich an. „Fräulein Stein, verheimlichen Sie uns vielleicht etwas?“
Wie es aussah, tappte man in diesem Fall noch ziemlich im Dunkeln, denn Rebecca sah, wie dem Kommissar Schweißperlen auf der Stirn standen und auch sein Gesichtsausdruck war nun alles andere als zuversichtlich.
„Sie gaben zu Protokoll, dass jemand der Anwesenden ihre Fesseln durchschnitten hat. Nun behauptet dieser junge Mann jedoch das Gegenteil. Die anderen dort befindlichen Fingerabdrücke konnten wir keinem der Sektenanhänger zuordnen!“, fügte der Kommissar erklärend hinzu, um Rebecca vielleicht damit auf die Sprünge zu helfen.
Rebecca antwortete nicht. Sie versuchte sich die
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