Die alte Villa (German Edition)
Spiegel und fingen gleichzeitig an zu lachen über ihre ungewöhnliche Erscheinung. In der Schule schminkten sie sich, im Gegensatz zu vielen ihrer Mitschülerinnen, so gut wie nie.
Zwar graute es Rebecca vor dem Menschengedränge, der stickigen Luft und dem Lärm in der kleinen Wohnung von Olga und Fred, aber gemeinsam mit ihrer Freundin erschien ihr das Ganze schon viel weniger schlimm und es würde mit Sicherheit interessant werden.
Heinrich Stein kam gerade aus dem Schlafzimmer und knöpfte sich die oberen Knöpfe seines Hemdes zu. Er lachte, als er die beiden Mädchen sah.
„Ach die Hannelore“, sagte er
„Mensch ihr seht ja verführerisch aus“, fügte er augenzwinkernd hinzu. Dann setzte er eine unerfreuliche Mine auf.
„Alle bis auf einen sind fertig. – Elisabeth!“, rief er ärgerlich.
Sehr zur Betrübnis seiner Töchter bezeichnete Heinrich Stein seine Frau Elisabeth gelegentlich als oberflächlich und gedankenlos. Dabei besaß er selbst eine ganze Reihe unerfreuliche Charaktereigenschaften, die für jeden nur zu offensichtlich waren und die ihm jedoch niemand vor Augen führen durfte, ohne Gefahr zu laufen, anschließend seinem Zorn ausgeliefert zu sein.
Rebecca hatte gelernt damit umzugehen. Ihre Mutter und Olga hingegen scherten sich oft überhaupt nicht um den zugegebenermaßen etwas schwierigen Charakter des Vaters und schafften es immer wieder, ihn zur Weißglut zu bringen.
„Am besten kommst du zu Fuß nach!“, rief der Vater ärgerlich .
Hannelore kicherte, da sie die Vorstellung anscheinend urkomisch fand, dass die Mutter ihrer Freundin spätabends ganz allein und zu Fuß zu einer Fete laufen sollte.
Schließlich schafften sie es dann doch noch, frisch herausgeputzt alle gemeinsam die Wohnung zu verlassen. Heinrich Stein hatte schon eine Weile vor dem Haus auf sie gewartet, um in Ruhe noch eine Zigarette zu rauchen. Als seine drei weiblichen Begleiterinnen endlich erschienen, fanden sie ihn unten vor dem Haus nicht alleine vor.
Fürsorglich hatte er seinen Arm um sehr schmale Schultern gelegt, so dass die zierliche Person neben der mächtigen Erscheinung von Rebeccas Vater beinahe verschwand.
Rolf lächelte selig und sein sonst so ängstlicher Gesichtsausdruck war vollkommen verschwunden.
Rebecca funkelte den rothaarigen Nachbarsjungen wütend an.
„Kann mir mal einer sagen, warum dieser Trottel nicht mit mir redet und mir immerzu Streiche spielt?“
Ihr Vater sah sie tadelnd an. „Rolf redet eben nicht mit jedem“, erklärte er.
Rolf löste sich aus der Umarmung und wollte anscheinend weglaufen, doch Herr Stein hielt ihn fest. „Junge, du brauchst doch keine Angst vor diesen Weibern hier zu haben“, lachte er. Doch Rolf war offenbar anderer Meinung. Mit zitternder Hand zeigte er auf Rebecca:
„B-böse!“, stotterte er, dann riss er sich los, rannte zurück in den H ausflur und spurtete die Treppe hinauf.
Heinrich Stein lachte kopfschüttelnd. „Ich frage mich wirklich, wer hier wen ärgert, wenn Rolf so eine Angst vor dir hat, Töchterchen. Du solltest etwas freundlicher zu dem Jungen sein. Er hat’s beileibe nicht leicht im Leben.“
Keiner wollte noch etwas zu dem Thema sagen, schließlich hatten sie heute Abend noch etwas vor, nur Elisabeth nickte zustimmend und murmelte im Flüsterton: „Der arme Junge…“.
Endlich stiegen sie ins Auto und machten sich auf den Weg zur neuen Wohnung von Olga und Fred.
Dort war es tatsächlich genauso, wie Rebecca es sich in Ihrer Vorstellung bereits ausgemalt hatte: Die Wohnung quoll über vor Gästen. Eine dichte Wolke aus grauem Dunst schwebte über den Köpfen der unzähligen Besucher.
Von ihrer Aufmachung her passten sie eher nicht hier her, denn die Bekannten von Olga und Fred kamen überwiegend aus der sogenannten ‚Ökoszene’.
Leider schienen sich viele von ihnen das Rauchen noch nicht restlos abgewöhnt zu haben und gefährdeten damit nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern auch die von all’ denjenigen, die sich heute in die enge Zwei-Zimmer-Wohnung von Olga und Fred verirrt hatten.
Einige der jungen Männer hatten lange Haare und Ohrringe, was Herrn und Frau Stein, - ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen - nicht gerade begeisterte.
Nichtsdestotrotz wurden den beiden sogleich zwei Stühle an einem Tisch angeboten und so setzten sich Heinrich und Elisabeth Stein zu den langhaarigen jungen Leuten an einen Tisch und begannen dort eine, wie es schien, recht zwanglose
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