Die alte Villa (German Edition)
entstandenen schlauchartigen Wälle, die den Erdboden in dichten Rillen bedeckten. Es schien, die alten Bäume trieben ein böses Spielchen mit dem einstigen Teerbelag der Straße. Das gefiel Rebecca, die es noch nie leiden konnte, wenn immer mehr Bäume von immer mehr Straßen verdrängt wurden.
Hinter den Bäumen befanden sich in vollkommene Schwärze getunkt einige Gebäude mit tief heruntergezogenen Dächern. Details waren im Dunkeln nicht zu erkennen, auch nicht, um welche Baumart es sich bei den alten Alleebäumen handelte. An ihren knorrig gewachsenen Stämmen erkannte man allerdings sogleich deren hohes Alter.
Unter der Last ihrer Lebensjahre hatten sich die Baumgreise schon recht deutlich gekrümmt.
„Da schau mal!“, flüsterte Torsten. Er deutete auf die Äste eines Baumes und Rebecca konnte zunächst nichts Besonderes erkennen.
„Eine Eule!“, flüsterte er.
Rebeccas Herz begann schneller zu schlagen. Sie liebte Eulen, hatte aber noch nie eine in Freiheit gesehen. Irgendwie dachte sie immer, dass sie schon ausgestorben sein müssten oder dass es wenigstens in der Gegend, in der sie wohnte, keine mehr gab. Vielleicht war sie auch einfach nur viel zu selten im Dunkeln draußen unterwegs, um die nachtaktiven Tiere beobachten zu können.
Doch wusste sie im Grunde nur zu genau, dass sie es nicht wagen würde, nächtens alleine durch diese einsame Gegend zu laufen. Mit Torsten gemeinsam war das etwas völlig anderes..
Sie schaute angestrengt ins Geäst des Baumes und jetzt sah sie die Eule tatsächlich!
Sie saß regungslos auf einem der unteren Äste. Und dann, als sie nur noch wenige Meter von dem Baum, auf dem sie saß, trennten, schwang sich das Tier ganz plötzlich und völlig lautlos in die Lüfte.
Rebecca hielt den Atem an, als der gigantische Schatten des Vogels ihren Kopf streifte.
Sie war so nah! Was für ein schönes Erlebnis!
Freudestrahlend schaute sie zu Torsten. Dieser erwiderte ihr Lächeln und steuerte eine Bank an. Sie setzten sich. Eine uralte Straßenlaterne verströmte ein sanftes Licht.
Rebecca war unsicher, wie dicht sie sich zu ihm setzen sollte, aber Torsten zog sie ganz nah zu sich heran und jetzt wagte sie es sogar, den Kopf an seine Schulter zu legen. Es war alles wie in einem Traum und irgendwie unwirklich.
Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander.
„Wie alt bist du , Rebecca?“, fragte Torsten plötzlich.
„17. Und du?“
„Ich bin schon ein Opa von 28“, lachte er.
„Und was macht der Opa so den ganzen Tag?“
Sie wunderte sich über sich selbst und ihre ungewohnte Lockerheit. Ihre Schüchternheit löste sich mehr und mehr in Luft auf. Sie fühlte sich sicher und geborgen in Torstens Gegenwart.
„Ich studiere Psychologie. – 9.Semester und Physik im 1.Semester“
Oje!
Mit Schrecken dachte Rebecca an ihr Treffen in der Bücherei und ihre Äußerung über den Zusammenhang von Psychologie und Hexerei .
„Ich kenne mich mit Psychologie eigentlich gar nicht aus…“ versuchte sie zu erklären, doch Torsten unterbrach sie lachend.
„Ach Unsinn, glaubst du denn vielleicht, ich kenne mich damit aus? Das ist ein Gebiet, in dem man niemals auslernt und ich persönlich glaube manchmal, dass ganz normale Leute, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, sich vermutlich besser mit der Psyche der Menschen auskennen als so mancher ‚Fachmann’“.
Rebecca dachte über seine Sätze nach.
„Ja, da hast du vermutlich Recht, unser Psychologielehrer jedenfalls ist eine ziemliche Niete. Der schnallt ja nicht einmal, wenn wir ihn auf den Arm nehmen.“
Torsten lachte. „Du bist eine erstaunliche Frau! Und vermutlich auch ganz schön frech.“
„Nein, bin ich nicht!“, protestierte Rebecca. „Nein, wirklich nicht. Ich bin viel zu brav und das hasse ich an mir!“
Torsten drehte sich zu ihr herum und nahm ihr Gesicht in seine Hände.
„Du hast viel zu viel Bier getrunken und ich wollte diese Situation eigentlich nicht ausnutzen“, sagte er und Rebecca spürte, dass er genau so empfand wie sie.
Seine Augen waren voller Verlangen auf ihren Mund gerichtet. Sie fing an, am ganzen Körper zu zittern und machte die Augen zu. Dann endlich, nach endlos lang erscheinenden Sekunden berührten seine Lippen die ihren und voll stürmischer Leidenschaft erwiderte sie seinen sanften Kuss.
„Rebecca“, hauchte er in ihr Ohr und küsste sie auch dort, so dass ihr eine wohlige Gänsehaut den Rücken hinunter lief.
„Wir sollten jetzt zurück zu
Weitere Kostenlose Bücher