Die alte Villa (German Edition)
darin, eine neue Denkweise anschaulich darzulegen, so dass sie irgendwann die nötige Beachtung finden kann. Es ist viel einfacher, immer wieder das Gleiche zu lehren und zu denken oder wenigstens immer in die gleiche Richtung zu schauen. Doch, - um wirklich weiter zu kommen auf unserem wissenschaftlichen Pfad, müssen wir uns in alle nur erdenklichen Richtungen bewegen. Wir können es uns nicht leisten, irgendeine Richtung – selbst wenn sie uns vorerst vom eingeschlagenen Pfad abzubringen scheint- dabei auszulassen. Es ist doch engstirnig, eine Meinung, und scheint sie noch so abwegig, einfach zu ignorieren.“
„Aha, jetzt geben Sie es also zu, dass Ihre Meinung recht abwegig ist, …und..“
„Ja, ich gebe zu, dass es zunächst so aussehen muss. Doch, um mich auch einmal auf einige große Vordenker wie Einstein oder C.G. Jung zu stützen, so haben diese beiden auch immer recht ungewöhnliche Denkweisen verfolgt..“
„Einstein war Physiker! Wissenschaftlicher Physiker!“
Professor Grodinski schaute amüsiert bei seinen Worten. „Nun ja, als Physikerin darf ich mich auch bezeichnen, oder etwa nicht? - Und um Himmels Willen, nein, ich will mich jetzt nicht mit diesen Genies vergleichen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass echter Fortschritt nur möglich ist, wenn möglichst abwechslungsreich geforscht und experimentiert wird.“
„Abwechslungsreich muss aber nicht immer automatisch richtig sein.“
Professor Grodinski schüttelte den Kopf: „Nein muss es nicht, da gebe ich Ihnen Recht. Und doch bin ich Ihre Dozentin und habe daher natürlich auch das Recht, hin und wieder eigene Thesen zur Diskussion zu stellen. Thesen, die sich teils auch auf andere Wissenschaftler beziehen und die zurzeit durch viele Versuchsreihen und weitreichende Untersuchungen, auch oder gerade sehr wissenschaftlicher Art, gestützt oder manchmal auch wieder verworfen werden.
Doch, um unser Gespräch nicht endlos in die Länge zu ziehen, möchte ich sie daran erinnern, dass ich ja schließlich nicht ihr einziger Dozent hier an der Uni bin. Die Meinung der anderen ist mit Sicherheit ebenso wichtig und interessant. Ich schätze alle meine Kollegen sehr und denke, dass wir insgesamt toleranter werden sollten, auch oder gerade auf dem Gebiet der Naturwissenschaften.“
„Natürlich Professor. Sie haben sicher Recht , was die Toleranz im Allgemeinen angeht. Und doch… muss ja nicht jeder der gleichen Meinung sein wie Sie, oder?“
Professor Grodinski lachte und eine ebenmäßige weiße Zahnreihe kam dabei zum Vorschein. „Nein, natürlich nicht. Doch wäre es sicher kein Nachteil, mir zur Abwechslung auch einmal zuzuhören und sich auf meine Sichtweise einzulassen. Mehr verlange ich nicht. Einfach nur zuhören und ein wenig Toleranz.“
Herr Klimm antwortete nicht gleich. Stattdessen musterte er die attraktive Professorin, deren Alter nur schwer zu schätzen war.
Eine tolle Frau, aber warum musste sie ausgerechnet Wissenschaftlerin werden… ?
Professor Grodinski wartete immer noch auf eine Antwort, doch s ollte sie da enttäuscht werden, denn ihr Gesprächspartner schien irgendwie den Faden verloren zu haben und blickte nun auch dementsprechend geistesabwesend an ihr vorbei zur Tafel.
„hhmm, ja, ich werde versuchen, mich beim nächsten Mal etwas zurückzuhalten“
„Oh, nein, bitte nicht! So war das auch gar nicht gemeint, Herr Klimm. Ich befürchte, dass Sie mit ‚zurückhalten’ doch eher ‚abschalten’ meinen und nur noch physisch anwesend sind, wie so viele andere hier auch. Nein, dann habe ich doch lieber die Diskussion“, Professor Grodinski lachte und zwinkerte dabei lustig mit den Augen.
„Gut einverstanden, dann will ich Ihnen in Zukunft noch besser zuhören und mich dann zu Wort melden.“
Professor Grodinski seufzte und nickte dann.
„Auf Wiedersehen Herr Klimm, bis morgen“, sie reichte dem Student die Hand und dieser fasste nur ganz kurz danach und hatte es dann eilig, den Hörsaal zu verlassen.
Lange wird sie ihre wirren Thesen bestimmt nicht mehr vertreten können… Der Widerstand wird immer größer und ich lasse mir von ihr diesen Schwachsinn bestimmt nicht einreden…
~
In den folgenden Wochen konzentrierte sich Rebecca voll und ganz darauf, im Physikunterricht möglichst wenig aufzufallen. Sie verbrachte die verhassten Physikstunden damit, nur noch vor sich hin zu dösen und sich irgendwelchen Tagträumen hinzugeben.
Thomas und Florian nahmen nun
Weitere Kostenlose Bücher