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Die Amazonen von Vanga

Die Amazonen von Vanga

Titel: Die Amazonen von Vanga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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wurde das Toben der entfesselten Natur schwächer. Der Sturm brach sich an den mächtigen Stämmen, vor denen Burra verharrte.
    Aber sie kam nicht zur Ruhe. Dünne Ranken tasteten nach ihren Beinen. Während sie zuschlug, gewahrte sie ein gutes Dutzend jener monströsen Gestalten, die an verkrüppelte, weit ausladende Bäume erinnerten. Von allen Seiten kamen sie, und diesmal konnte es kein Entrinnen geben.
    Ein gellender Schrei brach unvermittelt ab. Das Heulen des Sturmes machte es unmöglich, zu erkennen, wer ihn ausgestoßen hatte.
    Burras Schwert fuhr wie ein Blitz zwischen die Angreifer, durchtrennte Äste von der Stärke eines Armes, spaltete Stämme der Länge nach. Doch zu viele waren es; sie mußte Schritt um Schritt zurückweichen.
    Hinter ihr warteten die stachelhäutigen Pflanzen.
    Plötzlich wußte die Amazone, wer ihr wirklicher Gegner war. Nicht sie dachte diesen Gedanken, sondern er schien von außen in ihre Überlegungen einzufließen.
    Sollte der Ring…?
    Burra blieb keine Zeit, sich damit zu befassen, denn schon spürte sie die Stacheln in ihrem Rücken. So schnell, daß kaum ein Auge der Bewegung zu folgen vermochte, ließ sie ihre Klinge durch die Luft wirbeln, zerschmetterte einen der Angreifer und schlug blindlings hinter sich.
    Das Schwert riß etliche Blüten ab und drang bis ans Heft in den weichen Stamm ein. Wieder und wieder stieß Burra zu. Ein Stöhnen hob an, ein Wehklagen, das selbst den Sturm übertönte. Sie meinte, der Schädel müsse ihr zerspringen - jede Faser ihres Körpers erbebte unter dem Einfluß der unheimlichen Geräusche.
    Es bedurfte äußerster Anstrengung, um die Stachelpflanzen mit einem tabigata nur einen Fuß über dem Boden abzuschlagen. Blind vor Wut und Verzweiflung drosch sie auf alles ein, was ihr zu nahe kam. Es war wie ein Rausch, der sie erfaßte und erst einhalten ließ, als es nichts mehr gab, gegen das sie kämpfen konnte. Der Schweiß rann ihr in Strömen über den Körper, die Adern an ihren Schläfen waren angeschwollen und blau unterlaufen. Keuchend ging ihr Atem.
    Es dauerte geraume Zeit, bis sie begriff, daß die Sonne heiß vom wolkenlosen Himmel herabstach. Alles um sie herum war in einem wilden Reigen begriffen, aus dem sich erst nach und nach einzelne Gesichter lösten.
    Riesige Augen starrten Burra an, aus verzerrten Mündern hallten ihr unverständliche Worte entgegen. Dennoch empfand sie ein Gefühl des Vertrauens, der Zusammengehörigkeit, mit diesen monströsen Wesen.
    In ihrem Schädel war das Tosen sturmgepeitschter Brandung. Sie glaubte eine Stimme zu hören, die zu ihr sprach - die Stimme Mashagimas:
    Das Schwert in deiner Hand ist Leben…
    Sie taumelte, stürzte in einen endlosen Abgrund, der sich jäh vor ihr auftat. Der schwere Schlag riesiger Schwingen streifte ihren Schädel.
    Da war es erneut. Burra verspürte einen stechenden Schmerz.
    »Komm zu dir!«
    Es dauerte lange, bis sie den Sinn dieser Worte verstand. Aber dann erkannte sie Gormas Gesicht unmittelbar vor sich, sah die Besorgnis in ihren Zügen.
    »Zaem sei Dank, sie bewegt sich wieder!«
    Ein wenig verständnislos blickte Burra um sich. »Was ist geschehen?« wollte sie wissen.
    »Du hast gekämpft wie ein Dämon«, sagte Tertish. »Eines weiß ich nun gewiß - daß ich dich nicht zur Feindin haben möchte.«
    »Wir fürchteten schon, du wärest für immer zur Salzsäule erstarrt«, warf Gorma ein. Seit die letzte der Pflanzen unter deinem Schwert fiel, hast du dich nicht um eine Handbreit bewegt. Und das liegt inzwischen mehrere Stunden zurück.«
    Hurra erschrak. Ihr Blick wanderte zum Firmament empor, wo die Sonne hoch am Himmel stand.
    »Jemand hat mich geschlagen«, sinnierte sie. »Ich fühlte, als ob…« Ihr fehlten die Worte, um das auszudrücken, was sie empfand. Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr schwand ihre Erinnerung an das Erlebte. Alles schien mit einemmal unwirklich.
    Und doch mußte es mehr als nur ein Traum gewesen sein. Der Boden war übersät von Ästen und zersplitterten Stümpfen. Schon sproß neues Grün aus den abgestorbenen Pflanzenteilen, senkte seine Wurzeln in die verbrannte Erde. In wenigen Tagen würde alles wieder so sein, wie es gewesen war. Wehe der ahnungslosen Wanderin, deren Weg über diese Hochebene führte. Wenn die Nacht schwand, erwachte das Land zu gefährlichem Leben.
     
     
    *
     
    Die Sonne senkte sich im Westen dem Rand der Welt entgegen, als die Amazonen diese unwirtliche Gegend hinter sich ließen. Obwohl sie

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