Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Amazonen von Vanga

Die Amazonen von Vanga

Titel: Die Amazonen von Vanga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
der durch die Berge strich und zum Morgen hin merklich auffrischte.
    In Gedanken versunken, betrachtete Burra den Ring, den sie am kleinen Finger ihrer rechten Hand trug. Sein Gift war verflogen. Einige andere Schmuckstücke hatte sie ebenfalls in Burg Anakrom gefunden und führte diese unter ihrem Wams verborgen mit sich.
    Ein leises Rascheln schreckte sie auf.
    Aber da war nichts außer Steinen, Sand und ausgedörrter Erde.
    Und doch…
    Burra hatte plötzlich das Gefühl, als greife eine eisige Hand nach ihrem Nacken. Aufspringen und beide Schwerter aus den Scheiden reißen, war eins.
    Sie starrte in die Finsternis, ohne wirklich etwas erkennen zu können. Nach einer Weile wurden ihr die Lider schwer. Müdigkeit kroch in ihre Glieder und lähmte sie.
    Die Nacht war fast vorüber. Bald würde die Sonne im Osten neu geboren werden.
    Da war es wieder, jenes Geräusch, das sich anhörte, als würde die Erde sich bewegen. Burra nahm es kaum wahr, ihre gleichmäßigen Atemzüge verrieten, daß sie dem Schlaf näher war denn dem Wachen.
    Keine zwei Schritte von ihr entfernt, wölbte sich der Boden. Winzige Äste durchbrachen die Krume, schlängelten sich der Frau entgegen und wuchsen dabei auf ein Vielfaches ihrer ursprünglichen Größe an.
    Als der erste Zweig Burras Beine berührte, maß das seltsame Geschöpf bereits mehr als drei Ellen. Sein Äußeres war wie ein dicker, borkiger Stamm.
    An vielen Stellen brach die Erde auf, gebar sie diese düsteren Wesen, die sich lautlos näherten. Unzählige Auswüchse, die in dünnen, dolchförmigen Blättern endeten, tasteten nach den Amazonen.
    Keine der Frauen bemerkte die nahende Gefahr. Als Tertish sich unruhig von einer Seite auf die andere wälzte, zuckten etliche Zweige unvermittelt von ihr zurück.
    Ein gespenstisches Ächzen hallte über die Ebene, nachdem die seltsamen Gewächse eine Höhe von mehr als zehn Fuß erreicht hatten. Dunkle Öffnungen bildeten sich in ihren Stämmen.
    Wie die, Tentakel eines Meeresungeheuers schlangen sich biegsame Äste um Burras Körper. Doch da war etwas, das sie daran hinderte, ihr Opfer zu töten. Ein grünes Leuchten brachte die Blätter zum Welken.
    Fast gleichzeitig fuhr Burra mit einem gellenden Schrei auf den Lippen hoch. Sie begriff nicht, was um sie herum geschah, sah nur die monströsen Gestalten und griff zu ihren Schwertern. Aber allein die namenlose Klinge vermochte die pflanzlichen Strünke schnell zu durchtrennen. Aus den Schnittstellen troff zähflüssiges Harz, das aufwallend verdampfte, sobald es den Boden berührte. Im Nu breiteten sich ätzende Schwaden aus, die den Blick trübten und das Atmen zur Qual machten.
    Burras Schrei hatte die Schlafenden geweckt. Benommen kamen sie auf die Beine. Aber anstatt sich zur Wehr zu setzen, ließen sie es geschehen, daß Äste und Blätter ihre Gliedmaßen fesselten. Ein böser Zauber schien sie in seinem Bann gefangen zu haben.
    Nur Burra blieb davon verschont.
    Sie schlug Breschen in die Reihen der Angreifer, die daraufhin von ihr zurückwichen. Jeder Hieb ließ sie sicherer werden, ließ sie vergessen, daß eine unsichtbare Kraft ihren Arm lähmen wollte.
    Die Alptraumgeschöpfe wandten sich zur Flucht, als viele bereits mit abgehauenen Ästen am Boden lagen.
    Burra sandte ihnen etliche Pfeile hinterher. Sie traf auch, doch die Wesen der Nacht verschwanden im Schimmer der hinter den Bergen heraufziehenden Morgendämmerung. Was blieb, waren unmittelbar über dem Boden treibende Nebelschwaden, die ein heftiger werdender Sturm schnell auseinander trieb. Sand und Staub wirbelte er wie einen dichten Vorhang vor sich her.
    Ein Wehklagen hallte über die Ebene, nahm an Lautstärke zu und ließ die Kriegerinnen schaudern. Die Sicht reichte nur wenige Schritte weit. Was dahinter war, entzog sich jedem Blick.
    Burra war überzeugt, daß dort das Grauen lauerte. Erst wußte sie nicht, woher sie die Sicherheit dieser Vermutung nahm, aber dann fiel ihr Blick auf den Ring, dessen Kristall heftig pulsierte.
    Der Sand peitschte ihr ins Gesicht und nahm ihr den Atem.
    »Die Säulenpflanzen können uns Schutz bieten«, schrie Burra gegen das lauter werdende Tosen an. Sie wußte nicht, ob die anderen sie verstanden hatten, sah nur Gorma und Gham in ihrer unmittelbaren Nähe. Doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen.
    Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen den Sturm, kämpfte sich in gebückter Haltung vorwärts.
    Zwei düstere Schemen wuchsen vor ihr auf. Nach wenigen Schritten

Weitere Kostenlose Bücher