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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Enthusiasmus! Endlich habe ich die wundervolle, vor Unternehmungsgeist sprudelnde Wanda wiedererkannt – eine Zeitlang habe ich nämlich tatsächlich befürchtet, Du würdest Dich von den etwas unglücklichen Wendungen, die Dein Leben in der letzten Zeit genommen hat, unterkriegen lassen …
    Oh, was schreibe ich für schrecklich komplizierte Sätze! Dabei will ich Dir einfach nur sagen: Ich freue mich so sehr für Dich, dass mein Herz ganz weh tut!
    Ob Du es mir glaubst oder nicht: Dass Richard Dir gefällt, habe ich schon aus Deinem allerersten Brief herausgelesen.
    Natürlich gebe ich Dir recht, Richard ist ein außergewöhnlicher Mann. Und gut aussehend ist er obendrein. Ich bin überzeugt, dass er nicht nur der armen Anna den Kopf verdreht hat. Bist Du Dir also wirklich sicher, dass Du mit Deiner Schilderung dessen, was in der Silvesternacht vor Johannas Haustür geschah, nicht ein wenig übertrieben hast? Ich habe Richard eigentlich immer als Einzelgänger eingeschätzt und weniger als treusorgenden Ehemann und Familienvater – aber so weit ist’s ja Gott sei Dank noch nicht. Liebe, liebste Wanda, ich freue mich so sehr mit Dir! Trotzdem habe ich Angst, ob das nicht ein wenig zu schnell geht mit Dir und Richard. Ich höre Dich jetzt schon sagen, Deine Mutter wäre in Deinem Alter bereits verheiratet gewesen! Damit hast Du natürlich recht, aber bedenke, dass Deine Mutter in dieser jungen Ehe sehr unglücklich war. Es wäre doch unklug, denselben Fehler zu machen, oder?
    Nun, ich will keine Vergleiche heranführen, wo sie nicht angebracht sind, aber ein Vergleich drängt sich mir doch auf: Deine Mutter hat ihrer großen Liebe wegen Lauscha verlassen, und Du planst, wegen Deiner großen Liebe in Lauscha zu bleiben – ist das nicht kurios?
    Was sagt eigentlich Deine Mama zu alldem?! Vor allem die Tatsache, dass Du mit Thomas zusammenarbeiten willst, muss eine ziemliche Überraschung, um nicht zu sagen ein Schreck für sie sein. (Ich hoffe doch sehr, dass Du ihr davon geschrieben hast!) Und was sagt Johanna? Die ist sicher auch aus allen Wolken gefallen, oder? Ich glaube kaum, dass sie es gern sieht, wenn Du jeden Tag ins Oberland rennst. Wahrscheinlich läuft schon die Telefonleitung zwischen dem Postamt und New York heiß. Und Anna? Wenn Blicke töten könnten … hab ich recht?
    Es wäre sehr schön, wenn Du mir in Deinem nächsten Brief ein wenig mehr von den Reaktionen Deiner Mitmenschen erzählen würdest und (nur ein ganz klein wenig) weniger von Richards dunkelblauen Augen …
    Gerade hat Franco bei mir vorbeigeschaut (ich sitze in der wunderschönen Orangerie und genieße den Duft der Orangen, kannst Du Dir das bei zwei Meter hohem Schnee vorstellen?) – allerdings nur, um mir zu sagen, dass er noch mindestens zwei Stunden mit seinem Vater im Büro zu tun hat! Dabei ist es schon fast sechs Uhr abends! Glaube mir, so ein Eheleben hat auch nicht nur seine schönen Seiten. Es gibt Tage, da sehe ich die Köchin oder das Zimmermädchen länger als Franco! Dabei hat er mir fest versprochen, dass er im neuen Jahr weniger arbeiten will. Nun, wir werden sehen …
    Ich habe gerade beschlossen, heute Abend aufs Essen zu verzichten. Nur mit meiner Schwiegermutter am Tisch schmeckt es mir sowieso nicht. Und so habe ich Zeit, noch heute auf Deine zweite Neuigkeit einzugehen.
    Du fragst nach meiner persönlichen Einschätzung der Heimer’schen Situation. Liebe Wanda, was ich über diese Werkstatt weiß, habe ich dir schon in New York gesagt. Als ich noch in Lauscha war, habe ich mich ehrlich gesagt auch nicht weiter darum gekümmert, was andere Glasbläser machten.
    Es hat mich sehr erschreckt zu erfahren, dass Thomas Heimer auch für seine gläsernen Jagdszenen keine Abnehmer mehr findet. Wie er wieder zu Aufträgen kommen soll, kann ich Dir beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht wäre es das Einfachste, einmal alle Sonneberger Verleger abzuklappern, um herauszufinden, was sich verkaufen lässt. Diese Aufgabe wäre doch perfekt auf Dich zugeschnitten!
    Du schreibst, Dein Angebot, zu helfen, wäre für Thomas eine große Überraschung gewesen und dass er sich noch sehr zieren würde, Deine Hilfe anzunehmen. Liebe Wanda, das ist doch sicher die Untertreibung des Jahrzehntes, oder?! Ich kann mir nämlich überhaupt nicht vorstellen, dass dieser alte Sturkopf auch nur einen einzigen Rat – von wem auch immer – annimmt. So gut kenne ich die Heimers schon: als ziemlich unbelehrbare, von sich

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