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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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auszusprechen tat so weh, dass sie sich den Bauch halten musste. Sie blinzelte gegen den Schmerz an, von dem ihr ganz schwindlig wurde.
    Franco schreckte zurück, als hätte er einen Hieb abbekommen.
    »Marie, Liebes, so sei doch vernünftig! Wir wollen nichts überstürzen, wir wollen uns zusammensetzen und uns gemeinsam beistehen in diesen Unglückszeiten. Una famiglia, si? « In einer übertrieben mütterlichen Geste legte Patrizia eine Hand auf Maries Arm. »In guten wie in schlechten Zeiten – hast du das nicht meinem Sohn versprochen? In Ascona, während eurer Trauungszeremonie? Hast du nicht erzählt, dass du dich auf diesem Monte so wohl gefühlt hast? Das war eine besonders gute Zeit für euch, und jetzt ist eben eine schlechte, doch das muss nicht so bleiben, verstehst du? Es kann alles wieder gut werden, so wie früher.«
    Ihre Stimme klang so beschwörend, als wolle sie damit Geister austreiben.
    Ascona, die Heirat … Ein aufdringliches Summen erfüllte Maries Kopf. Was hatte der Monte Verità mit alldem zu tun? Der Berg der Wahrheit und der Freiheit und der Liebe … Wie konnte Patrizia es wagen, ihn in einem Atemzug mit dem ganzen Schmutz zu nennen, der hier … Maries Lider flatterten, doch der Schleier vor ihren Augen wurde nur noch dichter. Wenn ihr nur nicht so schwindlig gewesen wäre … Sie hob eine Hand an die Schläfen, wollte den Schwindel wegstreichen, doch das Denken fiel ihr zunehmend schwerer.
    Was hatte sie verbrochen? Sie hatte Franco doch nur von ihrer Idee erzählen wollen, Sherlain und Pandora vom Monte hierher nach Genua einzuladen! Zur Eröffnung ihrer Galerie. Und dann hatte sie es gehört. Siamo assassini .
    Der Riemen des Leinensacks schnürte ihre Hand ab. So schwer. Alles war so schwer …
    Einen Moment lang ausruhen, einen Augenblick nur, dann … Plötzlich breitete sich stechender Schmerz in ihrem Schädel aus.
    Marie wurde ohnmächtig.

    »Was ist damit?« Mit spitzen Fingern, als handele es sich um etwas Anrüchiges, hob Patrizia den Brief auf, der noch immer da auf dem Boden lag, wo Marie ihn hatte fallen lassen.
    Ihr Mann schaute nachdenklich in Richtung von Maries und Francos Schlafzimmer, wohin Franco die Ohnmächtige getragen hatte.
    »Schick ihn ab«, sagte er abwesend.
    »Bist du dir sicher?« Es kam selten vor, dass die Contessa sich in die Geschäfte ihres Mannes einmischte, doch jetzt durften sie sich keine falsche Entscheidung erlauben.
    »Ja doch!«, kam es gereizt zurück. »Als sie ihn geschrieben hat, wusste sie noch nichts.«
    Er nahm Patrizia den Brief aus der Hand und inspizierte ihn.
    »An ihre amerikanische Nichte, wie immer. Bedeutungsloses Geschwätz, mehr nicht.« Er legte den Brief auf die Konsole zu der übrigen ausgehenden Post und ging in sein Büro zurück. »Ich muss alles für Francos Abreise vorbereiten. Welche Gunst der Stunde, dass morgen ein Schiff ausläuft!«
    Patrizia folgte ihm. »Du willst Franco tatsächlich nach New York schicken? In die Höhle des Löwen?« Ihre Stimme bebte.
    Die Angst hatte in ihrer sonst so disziplinierten Miene Spuren hinterlassen, die Falten um ihren zitternden Mund, die entsetzten Augen ließen sie wie eine alte Frau aussehen. »Ist das nicht gefährlich für ihn?«
    Der Conte schüttelte den Kopf. »Es wäre gefährlich, jetzt untätig zu bleiben. Noch gibt es keine Verbindung zwischen uns und den Toten, die weiter nördlich in der Hudson Bay angeschwemmt worden sind. Franco muss dafür sorgen, dass das so bleibt. Das wird uns eine Menge Geld kosten, aber was will man machen?« Resigniert warf er die Arme hoch.
    Die Contessa schluckte eine Erwiderung hinunter. Stattdessen fragte sie: »Und was willst du mit Marie tun? Glaubst du, sie nimmt so einfach hin, dass Franco gerade jetzt verreist? Du hast doch gesehen, wie töricht sie ist. Sie ist eine große Gefahr für uns! Was, wenn sie zur Polizei rennt? Undwas wird sie ihrer Familie im nächsten Brief schreiben? Willst du zusehen, wie sie uns ruiniert?« Obwohl Patrizia flüsterte, war ihre Stimme schrill.
    Der Conte schaute nur kurz von den Unterlagen auf, die er sortierte.
    »Es wird keinen nächsten Brief geben.«
    *

    Als Marie am folgenden Morgen aufwachte, war es draußen noch dunkel. Ihre linke Kopfhälfte pochte. Schlagartig kehrte der Schrecken der letzten Nacht zurück und hüllte sie in dunkelsten Nebel.
    Ohne auf die andere Betthälfte zu schauen, wusste sie, dass sie allein war – mit Sicherheit hielt sich Franco längst wieder bei

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