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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Idee mit den eingefärbten Glasmurmeln brachte, würde er die auch nur ablehnen.
    Wanda stand auf. »Ich gehe jetzt. Ich habe Richard versprochen, noch bei ihm vorbeizuschauen.«
    Heimer blickte angestrengt in seinen leeren Bierkrug.
    Wie zuvor Eva steckte auch Wanda ihren Kopf nochmals in die Küche. »Manchmal glaube ich, du hast nur zugestimmt, dass ich zu dir komme, weil du weißt, dass es Johanna ärgert.«

    »Du hast was?« Entgeistert legte Richard das Glasteil, an dem er gerade arbeitete, aus der Hand und starrte Wanda an.
    »Ihm vorgeschlagen, einen Glaskasten vorn am Haus anzubringen und darin eine Auswahl von Gläsern zupräsentieren. Und auf einem Schild Leute in die Werkstatt einzuladen, damit sie ihm bei der Arbeit zuschauen können. Wer noch nie gesehen hat, wie Glas geblasen wird, findet es bestimmt ungeheuer spannend. So etwas würde Käufer anlocken, davon bin ich überzeugt. Aber er weigerte sich, auch nur für eine Minute über meinen Vorschlag nachzudenken. Ich bin doch kein Tier im Zoo!, hat er mich angeschrien.« Verdrossen strich Wanda ihre Nackenfransen glatt.
    Richard lachte schallend auf. Dann winkte er sie zu sich. »Komm mal herüber, damit ich dich küssen kann!«, rief er, noch immer lachend.
    »Ich möchte wissen, was du so komisch findest«, antwortete Wanda und blieb sitzen. Ihr Blick fiel auf die Eisblumen, die das Fenster von innen überzogen. Wie konnte Richard es nur den ganzen Tag in dieser Kälte aushalten! »Geschäfte in der Stadt wären verloren ohne Schaukästen und Schaufenster. Etwas muss doch die Leute in die Läden locken!«
    »Schon, aber doch nicht hier bei uns! Wanda – du bist in einem Dorf gelandet! Weißt du nicht, wie sie uns früher in den Städten genannt haben? Die Löffelschnitzer hinter den sieben Bergen.«
    Wanda blinzelte gegen die Tränen an. »Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken!«
    Mit einem letzten Aufflackern erstarb Richards Flamme. Sein Hocker schrammte auf dem Holzboden, dann kam Richard zu Wanda an den Tisch. Er ergriff ihre klammen Hände und küsste deren Innenflächen.
    Wie jedes Mal, wenn er sie berührte, durchfuhr Wanda ein Schauer bis hinab in die Knie.
    »Wer soll denn in solch einen Schaukasten gucken? Die paar Reisende, die sich nach Lauscha verirren, kannst du an zwei Händen abzählen. Wir leben von den Kontakten, die nach außen gehen.« Leise Ungeduld schwang in Richards Stimme mit.
    »Das weiß ich auch!«, murrte Wanda. Das Gefühl, sich lächerlich gemacht zu haben, schmerzte sie. »Und die hat mein Vater eben nicht. Oder nicht mehr. Einen einzigen lächerlichen Auftrag hat er in den letzten Wochen erhalten. Fünfzig Glasschalen mit Fuß – wie grandios! Er ist längst pleite, die Werkstatt am Ende, aber glaubst du, er kapiert das?«
    Sie seufzte laut.
    »Diese Schicksalsergebenheit! Wie kann ich ihn nur davon überzeugen, dass man die Dinge selbst in die Hand nehmen muss? Man kann alles erreichen, wenn man nur will! Allerdings sollte man wenigstens wissen, was man will …« Ihre Wut verblasste, und an ihre Stelle trat Nachdenklichkeit. »Ich komme mir vor wie ein Angler, der seine Rute in einen trüben Tümpel wirft, ohne zu wissen, was er eigentlich herausfischen will. Was immer ich meinem Vater vorschlage – er ist dagegen. Das Ganze entwickelt sich schon zu einem richtigen Wettstreit zwischen uns. Zumindest darin sind wir ziemlich gut!«
    Sie unterbrach sich.
    »Warum habe ich mich nur auf das Ganze eingelassen?«, presste sie schließlich unter Tränen hervor. Und warum kam Richard nicht einfach zu ihr und nahm sie in den Arm und streichelte sie auf seine besondere Art und …
    »Sei mir nicht böse, aber ehrlich gesagt habe ich geglaubt, du würdest … irgendwie organisierter an die ganze Sache herangehen.« Richard betrachtete sie leicht amüsiert.
    »Wie bitte?« Wandas Weinen verebbte. Plötzlich fühlte sie eine unbändige Wut in sich aufwallen. »Hab ich mich etwa hingestellt und getönt, ich hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen? Du hast mich doch in diese Sache hineingeritten!« Dass sie trotz seiner Dreistigkeit das unsägliche Bedürfnis hatte, ihn an sich zu ziehen und zu küssen, steigerte ihren Ärger noch.
    Er grinste. »Dein Vergleich mit dem Angler war gar nichtschlecht, nur sehe ich die Sache so: Dir als Amerikanerin mit deiner kaufmännischen Ausbildung wird es ganz bestimmt gelingen, einen dicken Fisch an Land zu ziehen. Vielleicht hast du bisher lediglich die falsche Angel

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