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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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benutzt. Oder im falschen Gewässer gefischt. Aber all das lässt sich doch ändern.«
    Wandas Gefühl im Bauch wurde noch flauer. Von wegen kaufmännische Ausbildung – hatte sie ahnen können, dass er jedes Wort für bare Münze nehmen würde?
    Was würde Steven zu alldem sagen? Die Antwort lag auf der Hand: Er würde Richard recht geben. »Ohne Organisation und strategische Planung ist jedes Unternehmen ein sinnloses Unterfangen!« Wie oft hatten Mutter und sie am Abendbrottisch solche Reden zu hören bekommen! Meistens dann, wenn wieder einmal einer seiner Konkurrenten eine geschäftliche Pleite erlitten hatte. Vielleicht sollte sie sich auch einen Plan zurechtlegen? Mit Punkten, die man einen nach dem anderen abarbeiten konnte? Der Gedanke hatte etwas Tröstliches.
    Richard rutschte neben sie auf die schmale Bank. »Hör auf zu grübeln, morgen ist auch noch ein Tag. Das wird schon, glaub mir.« Mehrere Küsse landeten auf ihrem silbernen Schopf und sorgten dafür, dass alle Gedanken erneut durcheinanderpurzelten.
    Ein paar selige Minuten lang gab sich Wanda Richards Zärtlichkeiten hin, doch dann entwand sie sich seiner Umarmung. Sie konnte jetzt nicht einfach abschalten.
    Sie nieste einmal, dann fragte sie mit einem Nicken in Richtung seines Bolgs: »Wovon lebst du eigentlich?«
    Die Worte blieben wie kleine weiße Wölkchen in der kalten Luft stehen.
    Richard runzelte angesichts ihrer Sprunghaftigkeit die Stirn.
    »Ich blase Gläser nach venezianischer Art, das weißt du doch.«
    »Ja schon, aber wer kauft sie dir ab?« Sie wusste, es ziemte sich nicht, so unverblümt über Geschäfte zu sprechen, das war einfach nicht damenhaft. Aber damenhaftes Gebaren half ihr im Augenblick nicht weiter.
    »Ich habe Glück gehabt. Vor einiger Zeit habe ich einen Galeristen in Weimar kennengelernt. Ein ziemlich schräger Vogel, hält sich für den einzigen Menschen mit Kunstverstand, und so redet er auch. Von ihm wirst du nie hören: Das finde ich schön und das hässlich. Er spricht die ganze Zeit von irgendwelchen ›-ismen‹. Du weißt schon, Surrealismus, Impressionismus …«
    Wanda grinste. »Naturalismus, Symbolismus – oje, davon brauchst du mir nichts zu erzählen! In New Yorker Künstlerkreisen gibt es genug Typen, die mit diesen Begriffen jonglieren wie mit Bällen. Marie konnte sich bei solchen Gesprächen immer richtig ereifern und stundenlang jede Kunstrichtung erörtern. Aber erzähl weiter, was habt ihr beide miteinander zu schaffen?« Sehr lukrativ konnte diese Geschäftsverbindung nicht gerade sein, sonst würde Richard sich nicht um jeden kleinen Auftrag von Johanna reißen, dachte Wanda. Und sonst hätte er auch genügend Brennholz, um wenigstens ein paar Stunden pro Tag einzuheizen …
    »Na ja, er kauft mir immer wieder das eine oder andere Stück ab – und das gar nicht mal zu schlechten Preisen. Entweder kommt er nach Lauscha, oder ich fahre nach Weimar, wenn ich etwas Besonderes habe. Bei meinem letzten Besuch hat er mir sogar den Katalog einer Kunstausstellung in Venedig geschenkt. Schau hier!« Richard zerrte den Katalog aus einem Regal und hielt ihn wie eine Trophäe in die Höhe.
    »Biennale«, las Wanda auf dem abgegriffenen und dennoch edel wirkenden Einband.
    »Gotthilf Täuber sagt, er würde mich gern in meiner künstlerischen Arbeit unterstützen. Wenn es mir gelänge, mir die venezianischen Techniken noch stärker zu eigen zumachen, sähe er gute Chancen, mir eine eigene Ausstellung auszurichten. In seiner Galerie, verstehst du? Nur mit meinen Gläsern!« Leidenschaftlich hatte er die letzten Worte hervorgebracht. Er sprang auf und holte ein Glas von seinem Bolg. »Er sagt, die Leute seien ganz verrückt nach italienischer Mode. Schau, das habe ich vorhin fertiggestellt. Aurato nennen die Italiener diese Technik. Dabei kommt Blattgold auf die heiße Glasblase. Weil sich Gold im Gegensatz zum Glas beim Weiterblasen nicht ausdehnt, bekommt es diese Risse da. Genau dieser Effekt ist gewollt. Nicht schlecht, was?«
    »Es ist wunderschön!« Andächtig hielt Wanda das Glas an seinem feinen Stiel hoch und drehte es im Licht. Ein bizarres Funkenspiel ging von dem Goldgesprenkel aus, als würden sich Tausende kleine Sonnenstrahlen vom Stielansatz hoch in den Kelch schlängeln.
    Richard nahm ihr das Glas ab und gab ihr stattdessen einen hohen Pokal. »Und wie findest du den?«
    Er war aus durchsichtigem Glas, sehr dünnwandig geblasen. Farbige gläserne Pinselstriche überzogen seine

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