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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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kennt, will ja nichts heißen – allzu viele Italiener verkehren nun einmal nicht in unseren Kreisen. Und eins sage ich dir: Ich bekomme diesen Franco schon noch zu Gesicht! Seine wichtigen Geschäftstermine werden ja nicht ständig mit unseren Einladungen zusammenfallen.«
    Gerade als Wanda das Gespräch langweilig wurde, winkte ihre Mutter sie näher zu sich. »Wehe, du verrätst auch nur ein Wort von dem, was ich dir jetzt sage!«, drohte sie spielerisch.
    Wanda schüttelte den Kopf, während sie auf ihrem Stuhl nach vorn rutschte.
    »Vorausgesetzt, dieser Mann ist, wer er vorgibt zu sein, dann bin ich über Maries Liaison gar nicht so böse. So … gelöst und schwärmerisch habe ich sie noch nie erlebt! Und dann ihre Augen, wenn sie von diesem Franco erzählt, dieses Strahlen von innen heraus – ich glaube, mein Schwesterherz hat es zum ersten Mal in ihrem Leben richtig erwischt! Aber ist es denn ein Wunder? Ein italienischer Conte …«
    »Er sieht wirklich sehr gut aus«, musste Wanda zugeben. Sie hatte Franco einmal kurz zu sehen bekommen, als er Marie abgeholt hatte. Um ehrlich zu sein, hatte die attraktive Erscheinung des Italieners sie einen Moment lang derart aus der Fassung gebracht, dass sie nicht mehr als ein gestottertes »Good evening« über die Lippen gebracht hatte. Zugegeben, ihre Tante war nicht unattraktiv – mit ihren feinen, etwas herben Gesichtszügen und den langen Beinen in Männerhosen –, aber sie war immerhin schon ziemlich alt! Dass sich solch ein toller Mann für sie interessieren würde, hätte Wanda nicht für möglich gehalten.
    »Gegen Franco de Lucca sieht Harold aus wie fader Kaffeesatz«, seufzte sie nun.
    »Wanda! So etwas sagt man nicht«, mahnte Ruth. »Marie sei ihr schöner Italiener gegönnt! Ich war schon immer der Ansicht, dass Magnus nicht der Richtige für sie ist. Und Johanna hat in ihren letzten Briefen vor Maries Anreise etwas Ähnliches angedeutet.« Hastig schaute Ruth sich um, als wolle sie sichergehen, dass nicht plötzlich Marie im Türrahmen erschien.
    »Was denn?« Es kam selten vor, dass ihre Mutter Vertraulichkeiten mit ihr austauschte.
    Ruth seufzte vielsagend. »Marie leide an Schwermut, sei sich dessen aber nicht bewusst, hat Johanna geschrieben. Natürlich habe ich mich erst einmal gefragt, woher meinSchwesterherz Schwermut so genau diagnostizieren kann! Für Johanna ist nämlich jeder, der nicht zwölf Stunden pro Tag arbeitet, nicht wohlauf, musst du wissen. Aber nachdem ich Marie dann hier erlebt habe, musste ich Johanna zustimmen: Einen sehr glücklichen Eindruck hat unsere Kleine bei ihrer Ankunft wirklich nicht gemacht.«
    Wanda zuckte mit den Schultern. »Aber das hatte sich doch schon vor diesem Franco gebessert, findest du nicht?« Sie wollte es nicht aussprechen, aber sie war überzeugt davon, dass Marie vor allem ihre gemeinsamen Ausflüge mit Pandora gutgetan hatten. Andere Künstler zu treffen, mit denen sie über ihre Ideen reden konnte, war genau das, was Marie gefehlt hatte.
    »Das wäre ja noch schöner, wenn sie in unserer Obhut nicht ein wenig aufgeblüht wäre!«, rief Ruth mit gespieltem Entsetzen.
    Wanda grinste. Es war angenehm, so mit Mutter zu reden. Nun tat es ihr sogar leid, sie zuvor auf den Arm genommen zu haben.
    »Ein bisschen Verliebtheit hat noch niemandem geschadet. Obwohl es mich schon wundert, wie schnell sie Magnus vergessen hat! Das ist eigentlich gar nicht ihre Art«, wunderte sich Ruth laut. »Marie war dem anderen Geschlecht gegenüber immer sehr gleichgültig. Ich erinnere mich an den ersten Tanz in den Mai, den wir nach dem Tod unseres Vaters besuchten … Was haben sich die Burschen bemüht, sie auf die Tanzfläche zu kriegen! Doch Marie hat jeden davongewinkt. Zuerst habe ich geglaubt, ihr wäre keiner gut genug, aber irgendwann merkte ich, dass sie sich in der Gegenwart der Jungen einfach nur langweilte. Sie fand es spannender, Glas zu blasen. Kleider, Frisuren, Schmuck – so etwas hat sie nie interessiert, weil sie den Männern gar nicht gefallen wollte.« Ruth schwieg für einen Moment, in Erinnerungen versunken. »Wenn ich so darüber nachdenke … Marie alsjunges Mädchen und du heute – ihr seid euch ziemlich ähnlich. Was Harold angeht, gehst du mit deinen weiblichen Reizen auch allzu sparsam um. Kein Wunder, dass er dir immer noch keinen Antrag gemacht hat! Wenn ich daran denke, wie es mir damals mit deinem Vater ergangen ist …« Sie seufzte. »Was haben wir miteinander

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