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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Ewigkeit sehnsuchtsvoll auf etwas gewartet hatte und es schließlich bekam: Manchmal hatte die Freude über die neue Errungenschaft dann einen Stich, war sauer geworden wie Milch, die zu lange offen gestanden hatte.
    Er suchte vergeblich nach Worten, um die Scharte wieder auszuwetzen. So hatte er sich diesen Moment nicht ausgemalt! Er wusste, wenn es nach Ruth Miles gegangen wäre, hätte er Wanda schon letztes Jahr einen Antrag gemacht. Aber verdammt, er hatte alles richtig machen wollen! Er hatte nicht als armer Schlucker bei Steven um Wandas Hand anhalten wollen – nun hatte er immerhin schon einen wohlklingenden Titel vorzuweisen.
    Doch warum verhielt Wanda sich so seltsam? Nach demersten Schock hätte längst wieder ihr strahlendes Lächeln zum Vorschein kommen müssen. Er hatte damit gerechnet, dass sie den Hochzeitswalzer mit ihm üben wollte, hier und jetzt! Oder dass sie nach Champagner verlangen würde. Oder ihn bitten würde, eine Restaurantrunde auszugeben. Für alle Fälle hatte er extra einen Geldschein mehr eingesteckt. Das alles hätte seiner Wanda entsprochen! Das großäugige Wesen jedoch, dessen Oberkörper bebte, als ob es tausendfach erschüttert würde, war ihm fremd.
    »Harold«, sagte sie zum dritten Mal. Sie entzog ihm ihre Hand und fuhr sich über die Stirn, als wolle sie ihre Verwirrung fortwischen. »Ich …« Sie lächelte hilflos.
    Er warf ihr einen aufmunternden Blick zu, während er gegen das ungute Gefühl in seinem Bauch ankämpfte, dass im nächsten Moment etwas ganz Schreckliches geschehen würde.
    »Es gibt wohl keine Möglichkeit, es rücksichtsvoll zu sagen.« Wanda seufzte traurig. »Ich kann dich nicht heiraten!«, platzte sie dann heraus. »Weil ich nach Lauscha fahren werde. Ich habe eine Aufgabe – meine Familie braucht mich jetzt.«

5

    Wanda war alles andere als begeistert, als sie erfuhr, dass ihre Mutter ausgerechnet Yvonne Schwarzenberg und deren Tochter Wilma zu ihren Reisebegleitern auserkoren hatte. Yvonne war nämlich die beste Freundin von Monique Demoines, und die hatte nach dem Schweinsfüße-Debakel bei Schraft’s jeden Kontakt mit den Miles abgebrochen. So verärgert Ruth anfänglich über Wandas Hinauswurf gewesen war – von diesem Moment an hatte sie voll und ganz auf Wandas Seite gestanden. » Sippenhaft auferlegen, so nannte man Moniques Verhalten in früheren Zeiten!«, hatte sie gezetert und zu Wandagesagt: »Was für ein Jammer, dass du der verwöhnten Ziege lediglich eine Party vermasseln konntest!«
    Ihre Einstellung in dieser Angelegenheit hatte sie jedoch nicht davon abgehalten, zum Telefon zu greifen, kaum dass sie erfahren hatte, dass die Schwarzenbergs auf dem Weg nach Hamburg waren, um dort die Wintersaison mit Wilmas zukünftigem Gatten zu verbringen, einem Kautschuk-Händler mit Kontakten nach Indonesien. In einem Gespräch von Frau zu Frau hatte sie Name und Abfahrtstag des Schiffes erfragt und war sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Ob Mrs Schwarzenberg wohl Wanda während der Überfahrt ein wenig unter ihre Fittiche nehmen könnte? Als die Antwort ein zögerndes Ja gewesen war, galt Ruths nächster Anruf der Reederei. Ob noch eine Kabine auf der »Germania« frei wäre, möglichst auf demselben Deck gelegen wie die von Mrs Schwarzenberg und Tochter, wollte sie wissen. Als auch diese Anfrage bejaht wurde, stimmte Ruth – der wochenlangen Diskussionen mit Wanda müde – der Unternehmung schließlich zu.
    »Reisende soll man nicht aufhalten«, sagte sie und fügte seufzend hinzu: »Damals, als ich von Lauscha weggegangen bin, war das zwar eine völlig andere Situation, aber ehrlich gesagt … ich hätte mich auch von nichts und niemandem aufhalten lassen!« Ihr Schulterzucken hatte fast etwas Trotziges. »Und wer weiß? Vielleicht kannst du die in Lauscha ja wirklich ein wenig auf andere Gedanken bringen!«
    Woraufhin Wanda darauf verzichtete, sich über die Damen Schwarzenberg zu mokieren. Obwohl Wilma eine graue Maus und unsäglich langweilig war! Ein paar Mal war sie zu Pandoras Tanzstunden erschienen, wo sie jedoch die meiste Zeit im Umkleideraum verbrachte, aus lauter Angst davor, etwas vortanzen zu müssen. Pandora hatte sie fast an den Haaren in den Tanzsaal ziehen müssen. Dort stand sie dann steif wie eine ausgestopfte Giraffe. Wilma und Wanda – am Ende würden die anderen Passagiere noch glauben, sie wären Freundinnen!Aber wenn es sein musste, würde sie sich eben acht Tage lang Yvonne Schwarzenbergs Ansichten

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