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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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und Solveig über Briefe des verschollenen Erbonkels begleitet. Zum zweiten Gang – pochierter Lachs mit Petersilienkartoffeln – servierte Mister Vaugham seine Erkenntnisse über einen neuen Eisenbahntypus, der schnelleres und bequemeres Reisen versprach, als die bisherigen Dampfrösser es taten. Woraufhin das Ehepaar aus Kentucky konterte, dass keine Technik der Welt es je mit den echten Rössern würde aufnehmen können. Als das Dessert serviert wurde, sahen Wilma und ihre Mutter aus, als würden sie im nächsten Moment platzen – was war schon eine Erbschaft und eine neue Anstellung gegen einen reichen Ehemann? Doch bevor Wilma auch nur »Kautschuk« sagen konnte, wandte sich Solveig Lindström an Wanda.
    »Verzeihen Sie mir meine Neugier, aber was bringt ein so junges Mädchen wie Sie dazu, den weiten Weg über den Ozean anzutreten?«
    Wanda ließ ihren Eislöffel sinken. Schon vor Tagen hatte sie sich die Antwort auf diese Frage zurechtgelegt.
    »Ich bin auf dem Weg nach Thüringen. Die Schwester meiner Mutter besitzt dort eine große Glasbläserei. Diese ist in erhebliche Nöte geraten, nachdem gleich mehrere wichtige Mitarbeiter ausgefallen sind. Ich soll nun helfen. Sozusagen wie die Feuerwehr dort löschen, wo es brennt.« Sie lächelte in die Runde. »Es ist mein größter Wunsch, meiner Familie von Nutzen sein zu können.«
    »Ein Engel in der Not, wer hätte das gedacht!«, sagte Solveig. Sorell nickte beeindruckt. »Stellen Sie sich vor: In unserer Nachbarschaft hat sich ein ähnliches Schicksal zugetragen! Um ein Haar hätte ein Bäckerladen zumachen müssen, nachdem sein Besitzer es mit der Lunge zu tun bekam. Was ja nicht verwunderlich ist, wenn man sein Leben lang mit Mehlstaub in Kontakt ist. Nur durch den selbstlosen Einsatz seines Bruders und seiner Schwägerin, die eigens aus Missouri angereist waren, konnte die Bäckerei weiter betrieben werden, während Charles Klutzky sein Lungenleiden auskurierte.« Sorell nickte heftig. »Tag und Nacht haben die beiden geackert, um den Kunden frühmorgens frisches Brot anbieten zu können.«
    »Auf dem Land ist verwandtschaftliche Hilfe noch wichtiger«, schaltete sich die Pferdezüchterin ein. »Als unser Nachbar im Süden seine Frau durch das Kindbettfieber verlor, stand er mit vier Kleinkindern und einem Säugling da. Wäre nicht die Schwester der Verstorbenen ohne zu zögern eingesprungen – der gute Mann wäre verloren gewesen! Die Arbeit auf dem Hof, die Kinder, der Haushalt … Ein ganz junges Ding war Majorie, als sie auf den Hof kam, aber sie hat von Anfang an zugepackt, als hätte sie nichts anderes gekannt. Dabei hattesie vorher nie etwas mit dem Landleben zu tun gehabt, sie war nämlich Lehrerin.«
    Der Ingenieur nickte. »Der Mensch wächst mit den Anforderungen, die an ihn gestellt werden. Ich kenne einen ähnlichen Fall. Freunde meiner Eltern …«

    Als die Tafel sich auflöste und man sich zum Abendessen verabredete, klopfte der Mann aus Kentucky Wanda auf die Schulter. »Wenn Sie erlauben, werden wir heute Abend unser Glas auf Sie erheben.«
    »Jawohl, so viel Einsatzfreude bei jungen Menschen gehört honoriert«, stimmte seine Frau ein und fügte mit einem Seitenblick zu Wilma, die doch noch dazu gekommen war, von ihrer nahenden Verlobung zu erzählen, hinzu: »Wo die meisten jungen Damen nur zu ihrem reinen Vergnügen unterwegs sind …«
    Wanda nickte selbstlos und weise.
    Fast kam es ihr vor, als würden ihre Schultern unter der Last der Verantwortung schon ein wenig nach unten hängen – nicht, dass sie dieses Gefühl als unangenehm empfunden hätte!
    Ganz im Gegenteil.

    Statt sich das Schiff anzuschauen, auf dem sie die nächsten sieben Tage verbringen sollte, legte sich Wanda auf ihr Bett und ließ das Tischgespräch nochmals Revue passieren.
    Es käme unbedingt darauf an, Zuversicht auszustrahlen und der in Not geratenen Familie gut zuzureden, hatte Mrs Kentucky gemeint. Dort, wo scheinbare Hoffnungslosigkeit herrsche, müsse man Licht und Sonnenschein hintragen. Das sei mindestens so wichtig wie die Arbeit selbst. Solveig Lindström hatte das bejaht.
    Wanda seufzte tief. Sie würde ihr Bestes geben, weiß Gott!
    Dass Johanna mit ihren Nerven am Ende war, hatte sie ja schon während der Telefonate mitbekommen, die ihre Tante mit ihrer Mutter geführt hatte. Aber war es denn ein Wunder?
    Und wenn sie von früh bis in die Nacht über Geschäftsbüchern hocken musste – sie, Wanda, würde Johanna eine Verschnaufpause

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