Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
richtigen Schlüsse ziehen.
Letzteres führte Holger 2 nicht weiter aus, und die junge Zornige interpretierte es so, als würde er dann sofort zu ihrer Rettung eilen, während er nichts anderes wollte, als diese Bombe aus dem Lager zu zaubern, während sie sicher weggesperrt war.
Was die junge Zornige da hörte, gefiel ihr ganz außerordentlich.
»O Mann, das wird der absolute Hit, die Bullen so zu verarschen. Wie ich diese Faschisten hasse.« Und sie versprach, den Text des französischen Klassikers auswendig zu lernen.
Angesichts ihrer Begeisterung musste Holger 2 noch einmal betonen, dass es nicht das Ziel war, von der Polizei verhaftet zu werden. Im Gegenteil, zur Aufgabe des Kissenlieferanten gehörte es, dass man versuchte, nicht im Gefängnis zu landen.
Die junge Zornige nickte. Und war schon nicht mehr so glücklich.
Ob sie das verstanden hatte?
»Ja, verdammt. Ich hab’s verstanden.«
Ungefähr zur selben Zeit gelang es Nombeko besser als erwartet, die Gedanken von Holger 1 von der Kiste abzulenken, indem sie ihn auf die Schulbank kommandierte, damit er seinen Hubschrauberführerschein machte. Eine Gefahr sah sie darin nicht. Das Risiko, dass er mit seiner sogenannten Idee eines Tages Erfolg haben könnte, ging gegen null.
Der Weg zum Helikopterschein kostete schon einen normalen Schüler mindestens ein Jahr, was bei diesem Schüler ungefähr aufs Vierfache hinauslaufen dürfte. Das war eine Zeitspanne, die Nombeko, Nummer zwei und der Bombe locker reichte.
Bei näherer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass Nummer eins Prüfungen in Luftfahrttechnik, Flugsicherung, Flight Performance, Routenplanung, Meteorologie, Navigation, Operational Procedures und Aerodynamik ablegen musste. Acht Hindernisse, die er nach Nombekos Einschätzung nicht bewältigen würde. Vielmehr würde er es nach ein paar Monaten satt haben, wenn es ihm nicht sogar gelang, schon vorher aus dem Kurs geschmissen zu werden.
Nombeko dachte um. Und ließ sich von Nummer zwei helfen. Sie lasen tagelang Stellenanzeigen in den Zeitungen, bis sie etwas fanden, was vielleicht funktionieren könnte.
Blieb nur noch eine kleine Schönheitsoperation. Oder »Urkundenfälschung«, wie es auf Schwedisch hieß. Sie mussten den durch und durch unqualifizierten Bruder von Nummer zwei so aussehen lassen, als wäre er etwas ganz anderes.
Nummer zwei formulierte, schnippelte und klebte nach Nombekos Anweisungen. Als sie zufrieden war, bedankte sie sich für seine Hilfe, nahm das Ergebnis unter den Arm und ging Holger 1 suchen.
»Wie wär’s, wenn du dir einen Job suchen würdest?«, fragte sie.
»Igitt«, sagte Nummer eins.
Doch Nombeko hatte nicht irgendeinen beliebigen Job im Auge gehabt. Sie erklärte, dass die Helikoptertaxi AG in Bromma jemand für den Empfang suchte, der daneben noch das Mädchen für alles spielte. Wenn Nummer eins die Stelle bekam, konnte er zum einen Kontakte knüpfen, zum anderen gewisse Kenntnisse über die Funktionsweise von Hubschraubern erlangen. Wenn der große Tag da war, würde er bereit sein.
Sagte sie, ohne ein Wort von dem zu glauben, was sie da sagte.
»Spitzenmäßig!«, fand Holger 1.
Doch wie sollte er ihrer Meinung nach diese Stelle bekommen?
Also, die Bibliothek in Gnesta hatte sich gerade einen neuen Kopierer angeschafft, der ganz tolle vierfarbige Kopien machte, von allem, was man nur wollte.
Und sie zückte perfekt redigierte Arbeitszeugnisse und andere hervorragende Referenzen, die auf den Namen von Nummer eins (und damit auch den von Nummer zwei) ausgestellt waren. Sie hatte ganz schöne Fummelarbeit geleistet und mehrere Seiten aus Publikationen der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm herausgerissen. Doch alles in allem sah es wirklich beeindruckend aus.
»Die Königliche Technische Hochschule?«, fragte Holger 1.
Nombeko sprach nichts von dem aus, was sie dachte, sondern fuhr fort:
»Hier hast du ein abgeschlossenes Studium von der Fakultät für Maschinenbau der Königlichen Technischen Hochschule. Du bist Ingenieur und weißt furchtbar viel über Flugzeuge im Allgemeinen.«
»Ich?«
»Hier hast du vier Jahre als Assistent der Flugleitung auf dem Flugplatz Styrup bei Malmö gearbeitet. Und hier vier Jahre als Rezeptionist in der Taxifunkzentrale Skåne.«
»Aber ich habe doch nie …«, begann Nummer eins, wurde jedoch sofort unterbrochen.
»Jetzt bewirb dich um diese Stelle«, befahl Nombeko. »Denk nicht. Bewirb dich.«
Das tat er dann auch. Und bekam wie
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