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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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haben.«
    Sie ließ die Hand sinken, da Erik Skarv keine Anstalten machte, sie zu ergreifen.
    Â»Ich bin hier, um Ihren Vater zu untersuchen.«
    Â»Sie? Welcher Vereinbarung zufolge?«
    Maja zögerte, während sie überlegte, was Erik Skarv veranlasst haben könnte, das Zimmer zu betreten. War es reiner Zufall, dass er sie überrascht hatte, oder war er von jemandem alarmiert worden? Vielleicht von Ingrid Hertz oder von jemandem aus dem Ärztehaus?
    Â»Der Name Ihres Vaters stand auf meiner Liste für die Hausbesuche«, antwortete sie vorsichtig.
    Â»Das kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben mit Dr. Miltevik ausdrücklich vereinbart, dass er allein sich um meinen Vater kümmert.«
    Maja zuckte bedauernd die Schultern. »Ich will nicht ausschließen, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Und es tut mir natürlich leid, wenn Sie fest mit Dr. Miltevik gerechnet haben.«
    Nun war es Erik Skarv, der zögerte. Sie hatte das Gefühl, dass zumindest niemand aus dem Ärztehaus ihn benachrichtigt hatte. Andernfalls wäre seine Reaktion um einiges schärfer ausgefallen. Sie nutzte sein Zögern und fügte hinzu:
    Â»Ich kann Ihnen jedenfalls mitteilen, dass der Zustand Ihres Vaters stabil ist.«
    Â»Danke«, entgegnete Erik Skarv kühl. Er hielt ihr die Tür auf, und nacheinander betraten sie das Vorzimmer, in dem
Ingrid Hertz hinter ihrem Schreibtisch saß. Angesichts ihres geringschätzigen Blicks vermutete Maja, dass sie es gewesen war, die Erik Skarv über den ungebetenen Gast informiert hatte. Vermutlich wollte sie zeigen, dass sie ihre Cartier-Uhr auch wert war.
    Â»Ich habe ein neues Rezept ausgeschrieben. Damit wird Ihr Vater bis zur nächsten Visite gut versorgt sein.«
    Erik Skarv antwortete nicht, sondern schien voll und ganz damit beschäftigt zu sein, wie er Maja so schnell wie möglich hinauskomplimentieren konnte. Erst als sie in der Eingangshalle unter dem Metallzeiger standen, drehte er sich noch einmal zu ihr um.
    Â»Sind Sie die Ärztin, die man im Krankenhaus rausgeschmissen hat?«
    Â»Ich glaube, Sie wissen sehr genau, wer ich bin.«
    Erik Skarv musterte sie mit kühlem Blick. Erst jetzt begriff sie, warum sein Äußeres sie von Anfang an irritiert hatte. Zunächst war ihr sein Kopf zu klein für seinen langen und ausladenden Körper erschienen, aber das war es nicht, was aus ihm eine so merkwürdige Erscheinung machte. Es war das eigentliche Gesicht, das zu klein geraten war, als stünden Augen, Nase und Mund allzu eng beieinander. Es war eine Art Miniaturgesicht, das sich inmitten seines bleichen Kopfes befand, was ihm diesen amphibischen Ausdruck verlieh.
    Â»Wenn ich Sie je wieder in der Nähe meines Vaters sehe, werde ich den Amtsarzt dazu bringen, Ihnen die Approbation zu entziehen.«
    Sie lächelte ihn herausfordernd an. »Glauben Sie wirklich, dass Sie dazu in der Lage sind?«
    Â»Ich glaube, Sie wissen sehr genau, dass ich das bin. Leben Sie wohl, Frau Doktor!«
    Er schaute sie durchdringend an.
    Â»Auf Wiedersehen«, erwiderte Maja und wandte sich zur Tür.

    Â 
    Als sie auf der Küstenstraße nach Hause fuhr, wusste sie sehr genau, dass sie im Ärztehaus einen Orkan entfesselt hatte. Miltens zahlreiche Versuche, sie auf ihrem Handy zu erreichen, sprachen eine deutliche Sprache. Sie hatte jedoch nicht die geringste Lust, ihn zurückzurufen, sondern wollte erst ihre, besser gesagt, seine Hausbesuche beenden und sich der Konfrontation mit ihm stellen, wenn sie morgen früh zur Arbeit kam. Außerdem brauchte sie Zeit, um die Erlebnisse bei der Familie Skarv zu verdauen.
    Sie zweifelte nicht daran, wozu sie, genauer gesagt, Erik Skarv in der Lage wäre. Der alte Teufel hatte ihn nach seinem Bilde erzogen. Es musste eine gnadenlose Schule gewesen sein, die den Familieninteressen alles unterordnete. Aber hieß das auch, dass Erik Skarv ein Mord zuzutrauen war? Sie musste daran denken, dass Tjodolvs Geschäftspartner einst auf See ums Leben gekommen war. Hatte man dem Schicksal womöglich nachgeholfen, so wie später bei Øivind Munkejord? Vielleicht war der Sohn auch in dieser Hinsicht in die Fußstapfen seines Vaters getreten? Oder er brauchte sich nicht einmal selbst die Hände schmutzig zu machen, weil andere für ihn die Drecksarbeit erledigten?
    Sie ließ das Handy wieder in ihrer Tasche verschwinden, fragte sich, was Milten für

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