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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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von kindischem Egoismus? Sollte man von einer Person in Ihrer Position nicht mehr Verantwortungsgefühl erwarten dürfen?«
    Etwas in ihrem tiefsten Inneren sagte ihr, dass alle großen Pläne Opfer verlangten. Natürlich konnte kein vernünftiger Mensch Tjodolv Skarvs Handlungen billigen, aber der Schaden war ja bereits eingetreten. Niemand würde die drei Männer wieder lebendig machen, stattdessen konnte ihr Schweigen Tausenden von Nutzen sein. Und war es nicht das, wozu sie der Eid des Hippokrates verpflichtete? Nirgendwo stand indes geschrieben, dass sie einen Mörder überführen musste. Nirgends!
    Skarv lächelte sie wohlwollend an.
    Â»Wenn Sie das Fläschchen wieder in den Schrank stellen, wird es gemeinsam mit der anderen Medizin entsorgt, wenn
ich in Kürze nicht mehr da sein werde. Auf diese Weise werden von der unangenehmen Geschichte keinerlei Spuren zurückbleiben. Von all den Dingen, die Ihnen ebenso wenig gefallen wie mir.«
    Er hustete. »Aber das Gute wird eine Zukunft haben. Das Forum Medica und die gesamte Heringsinsel. Das Überleben der Stadt wird gesichert sein. Wiegt das nicht schwerer als der vorzeitige Tod dreier Männer, die den Hals nicht vollkriegen konnten?«
    Die Frage blieb in der Luft hängen. Schließlich steckte Maja die Hand in ihre Manteltasche und spürte das kühle Glas zwischen ihren Fingern. Skarv streckte ihr seine knochige Hand entgegen.
    Â»Sie sollten jetzt die richtige Entscheidung treffen!«, forderte er sie auf.
    Â»Ob es die richtige ist, wird sich zeigen.« Sie hob ihre Arzttasche vom Boden auf.
    Tjodolv Skarv starrte sie sprachlos an.
    Â»Geben Sie her!«, schrie er, während ihm der Speichel aus dem Mund quoll. »Geben Sie her!«
    Â»Gute Nacht, Herr Skarv«, entgegnete sie und drehte sich um.
    Den Wachmann fürchtete sie nicht. Sie hoffte, dass es ausreichen würde, ihm mit dem Injektor zu drohen. Andererseits würde sie nicht zögern, ihn zu benutzen, falls es zu einer Konfrontation käme.
    Â»Sie kommen hier nicht raus!«, schrie Skarv in seinem Bett.
    Maja wollte gerade die Klinke herunterdrücken, als ein wohlbekanntes Geräusch durch den tosenden Sturm drang: ein tiefes, dröhnendes Brummen. Sie drehte sich zu Skarv um, dessen Wutausbruch einem feinen Lächeln gewichen war.
    Â»Navigator V8, so viel Kraft, so viel Kraft«, flüsterte er mit geschlossenen Augen. »Meine Wölfe sind gekommen.«

    Maja ließ die Klinke los und rannte zum Fenster. Unten auf dem Vorplatz erkannte sie neben ihrem eigenen Auto den schwarzen Lincoln. Zwei Männer liefen durch das dichte Schneetreiben dem Eingang entgegen.
    Â»Sie können dich riechen.«
    Für einen kurzen Moment fragte sie sich, ob sie nicht einfach aus dem Fenster springen sollte, um zu flüchten.
    Â»Sie riechen deinen Schoß!«, rief Skarv.
    Aber es waren sicher vier, fünf Meter bis nach unten. Sie würde sich die Beine oder den Hals brechen. Die Situation erinnerte sie an die Brücke. Es musste eine andere Lösung geben. Sie schaute sich panisch um.
    Â»Stellen Sie das Fläschchen zurück, und sie werden gnädig zu Ihnen sein. Wie sie es auch zu Jo waren.«
    Sie lief wieder zur Tür, aber es steckte kein Schlüssel im Schloss. Die Tür ließ sich nicht abschließen. Sie musste sich verbarrikadieren, um Zeit zu gewinnen. Mit dem Wachmann zusammen waren sie zu dritt. Gegen drei Männer kam sie nicht an.
    Ein kleiner Schlummertrunk, vollkommen schmerzfrei, dann war alles überstanden.
    Sie sah die vier Louis-XVI.-Stühle, die in einer Reihe an der Wand standen.
    Sie nahm den ersten und klemmte ihn zwischen Türklinke und Fußboden.
    Â»Geben Sie’s auf, sonst wird’s Ihnen ergehen wie dem Säufer.«
    Sie zweifelte daran, dass der antike Stuhl lange Widerstand leisten würde. Maja hörte bereits ihre hastigen Schritte auf der Treppe.
    Â»Sie werden Ihnen das Gesicht zerschneiden, dass Sie niemand wiedererkennt.«
    Skarvs Augen leuchteten irr, aus seinen Mundwinkeln drang weißer Schaum.

    Sie erwog die Möglichkeit, ihn als Geisel zu nehmen. Ihm den Injektor an den Hals zu setzen. Mit seiner Tötung zu drohen und die Polizei oder Stig um Hilfe zu rufen.
    Es rumpelte, als sie versuchten, die Tür zu öffnen. Maja zuckte zusammen.
    Â»Tretet die Tür ein!«, krächzte Skarv und bekam einen mächtigen Hustenanfall.
    Es war

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