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Die andere Haut: Roman (German Edition)

Die andere Haut: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Haut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Schnitzer
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hier?“
„Mein Rückflug geht in neun Tagen. Na ja. Achteinhalb.“
„Ist das okay mit dem Zimmer? Dass ich die nächsten beiden Nächte bei dir bleibe?“
„Ja, die wissen Bescheid, alles bezahlt.“
„Ich meine, ist es okay für dich?“
Was für eine Frage! „Sicher.“ Leise sagt sie das, aber fest.
„Wann heiratest du, im September?“
„Ja.“
„Noch derselbe Mann? Der, den du hattest, als du zum zweiten Mal hier warst?“
„Ja, der.“
„Wow!“
„Wieso?“
„Ich hätte das nicht gedacht.“
„Dass es ein Mann so lange mit mir aushält?“
Er grinst schief. „Oder du mit ihm.“
„Wieso nicht?“
„Ich hab’s dir damals schon gesagt. Du bist ein Schmetterling.“
Auch David nennt sie so. Seltsamer Zufall. „Bin ich das? Was weißt du schon!“ Es klingt schärfer als beabsichtigt. „Sei nicht sauer.“
„Entschuldige.“
„Bist du es denn nicht? Du fliegst durch die Welt ohne Ziel.“
Sie weiß nicht, was sie antworten soll. Möchte protestieren, doch letztlich gefällt ihr der Vergleich mit dem bunten Flatterwesen, das nicht so leicht zu fangen ist. Das sich nur hin und wieder niederlässt auf Blüten, die ihm gefallen, von denen es sich wie magisch angezogen fühlt. Lara stellt sich vor, dass ihre ausgewählten Blumenkelche kostbar sind, groß und duftend und selten. „Und? Muss ich allein durch die Welt fliegen?“, fragt sie daher nur.
„Ich dachte, dass du das willst.“ Er flüstert es fast.
„Manchmal. David aber auch.“ Sie merkt, dass sie den Namen sagt, um Ricardo zu verletzen.
Ob der Stich sitzt, ist ungewiss. Seine Stimme ist tonlos: „Weiß er, dass du mich triffst?“
Sie nickt.
„Dass ich bei dir schlafe?“ Mit dir, könnte er sagen. Oder ist er noch gar nicht sicher? Ist er wütend? Warum ist er hier? Nun ja. Es klänge wohl seltsam, das auszusprechen, was sie doch beide wollen. Noch mehr Vorsatz, noch mehr Schuld.
„Und Malin?“
Er schweigt und starrt auf seine Hände. „Was tun wir hier?“
„Ich weiß nur, dass ich es will.“ So sehr will, so sehr!!! Die Nägel in sein Fleisch graben, ihn aussaugen bis aufs Blut, wieder und wieder!
„Es klingt so leicht, wenn du es sagst.“
„Du bist hierher gekommen, oder nicht?“
Dann lachen sie beide, weil es sie erleichtert und löst, und er streift für eine Sekunde über ihre Hand. Schnell, bewusst, zwei Finger auf ihrem Handrücken, vielleicht auch drei. Lara zuckt zusammen, Ricardo lacht wieder. „Entschuldige.“ Und es ist klar, was noch vor ihnen liegt. Die ganze Nacht. Zwei Nächte. Zwei Körper. Zeit. Ein Zwischenraum und etwas wie Ewigkeit.
    Keine Eile mehr. Nach dem Essen laufen sie am Strand entlang, die Schuhe in der Hand. Der Sand ist kühl. Am Himmel glänzt der Vollmond, die Nacht ist ein stilles Fest.  Sie schlendern nebeneinander her, ohne Berührung und fast ohne Worte. Als mache das Warten die Momente kostbarer, das Zögern die Stunden intensiver. Sollten sie einander nicht halten, halten, halten? Lara läuft näher ans Meer, sodass die ankommenden Wellen ihre Füße umspülen, bevor sie im Sand versickern. Sie schließt die Augen und spürt den Wind. Treiben lassen.
    Später im Hostel. Kaum haben sie die Zimmertür ins Schloss fallen lassen, reißt Ricardo sie in die Arme. Mehr eine Umklammerung als eine Umarmung. Minutenlang. Lara bekommt kaum Luft, so fest drückt er sie an sich, so wenig traut sie sich zu atmen, so fern von allem ist der Augenblick.
    „Dass du hier bist!“, sagt Ricardo. „Dass du hier bist!“ Er zittert.
„Mit dir.“
„Ja.“
Sie fühlt sein hartes Glied und das Pochen in ihrem Schoß. Will plötzlich keine Sekunde mehr warten, öffnet seinen Gürtel mit ungeduldig flatternden Händen, ihr Wickelkleid fällt zu Boden, ihre Wäsche, seine Jeans.
Doch als er in sie eindringt, ist sie wie betäubt. Als hätten all die vorangegangenen Träume und Wünsche den Zugang zu ihrer Seele verschüttet. Ihr Körper reagiert wie gewohnt. Erhitzt, erregt, voller Beben und Ziehen und Wollen. Tief im Inneren aber bleibt sie seltsam unberührt. Als betrachte sie sich von außen. Ihr drängendes Becken, ihren Mund und die Hände, all das Saugen und Kratzen und Stöhnen, das echt ist, aber so weit weg von ihrem Ich. Ihr Höhepunkt ist ein sanftes Zucken, eine Welle, keine Explosion und kein Sturm.
    Gott, sie möchte ihn wieder und wieder ficken, gefickt werden, bis sie endlich ganz bei sich ist dabei! Will, dass alles eins wird, nicht im Sinne einer Verschmelzung, einer undefinierbaren

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