Die andere Seite des Glücks
alles nach meinen Wünschen verlief, Paige ein Teil unseres Lebens würde. Für immer. Falls sie nicht beschloss, wieder einfach zu verschwinden. Aber ein Umgangsrecht bedeutete, dass sie und die Kinder … sich sahen. Und zwar regelmäßig.
»Hören Sie«, sagte Gwen. »Ich beantrage ein psychologisches Gutachten. Sie werden es verweigern, und ich werde eine gerichtliche Verfügung erwirken. So gewinnen wir zumindest ein wenig Zeit.«
Doch am gleichen Abend, während ich zu Hause einen Eimer voll Kohl kleinschnitt, rief sie mich zurück. »Es ist nicht zu fassen, aber ich halte ein psychologisches Gutachten in der Hand. Paiges Anwalt hat es gerade gefaxt. Sie hatte sich vor einer Woche einer Untersuchung unterzogen und sie bestanden, und zwar mit Bravour. Natürlich können wir ein weiteres Gutachten von einem Arzt unserer Wahl verlangen, aber dann werden sie auch eines von Ihnen wollen.«
Ich nahm noch eine Tablette und fragte mich, wie meine psychologische Evaluierung im Moment wohl ausfallen würde. »Oh«, sagte ich.
Gwen stieß einen Seufzer aus. »Wir können uns dagegen wehren und gewinnen.«
Das klang gut – aber für wen? Nicht für die Kinder, und das ließ ich sie auch wissen.
»Aber ich sage es!«, brüllte Zach nebenan, und ich wartete darauf, dass er in die Küche gestürmt kam, doch nichts geschah.
»Zach ist zu jung, um ohne mich in ein Flugzeug zu steigen. Was halten Sie davon: Sie kann herkommen und sie hier besuchen, in unserer Gegend.«
»Ungefähr in einem Umkreis von fünfzig Kilometern? Und wie sieht es mit Übernachten aus?«
Ich stöhnte. »Okay … ja.«
»Dann drücken wir jetzt die Daumen, dass sie wachgerüttelt wird und sieht, dass das Muttersein sie überfordert.«
Ich ging ins Nebenzimmer, um nach den Kindern zu sehen. Annie hatte ihren kleinen rosa Koffer hervorgeholt – ein Geschenk von Marcella für Übernachtungen in ihrem Haus – und mit Kleidern vollgestopft, die sie selten trug.
»Ich packe für Mamas Haus. Es ist nicht auf dem Land wie hier«, erklärte sie.
»Deshalb die Kleider?«, fragte ich.
Sie nickte. »Deshalb die Kleider.«
Zach sagte:»Ich will keine Kleider anziehen, die sind zum Kotzen.«
»Banannie, ich glaube, deine Mama kommt dich hier besuchen –«
»Was? Nein!« Sie stampfte mit dem Fuß auf den Boden. »Das ist so langweilig! Ich will im Flugzeug fliegen!«
»Das wirst du auch … eines Tages. Aber dieses erste Mal wird sie herkommen. Vielleicht übernachtet ihr in einem Hotel.«
»Einem großen Hotel?«
»Hotels sind auch zum Kotzen.«
»Zach, warum sagst du immer Kotzen? Hast du Bauchweh?«
»Nein! Ich packe bloß meine
KOTZ
hosen und meine
KOTZ
shirts.«
»Verstehe … Annie, ich weiß nicht, ob das Hotel groß ist. Da musst du deine Mama fragen.«
»In einem großen Hotel kann ich meine schönen Kleider anziehen. Ich will schick aussehen. Wie Mama.« Sie stopfte noch ihre schwarzen Lackschuhe dazu, die sie auf der Beerdigung getragen hatte, aber nicht ihre Birkenstocks und Clogs, die ich in groß besaß. Die Hände in die Hüften gestemmt, wanderte ihr Blick über den Inhalt des Kleiderschranks. »Ich hab nichts anzuziehen«, sagte sie und wischte sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Zach nahm seinen Brontosaurus und einen Armvoll Matchbox-Autos und warf sie in seinen Thomas-die-kleine Lokomotive-Koffer. Ich nahm ihn auf den Arm und drückte ihm einen Kuss aufs Ohr, und er legte den Kopf auf meine Schulter und stieß einen langen, müden Seufzer aus.
»Ich weiß«, sagte ich. »Kommt, wir gucken
Meine Lieder – meine Träume
.«
»Schon wieder?«, fragte Annie.
»Klar, warum nicht?« Ich hoffte, die beiden würden in meinem Bett einschlafen. Heute Nacht wollte ich nicht allein sein.
»Okay … ich kann auch morgen fertig packen.«
»Finde ich auch. Dann zieh deinen Schlafanzug an. Ich mache Popcorn, und wir treffen uns im Schlafzimmer.«
Beide Kinder schliefen dann wirklich bald ein, noch bevor das Unwetter über dem Haus der von Trapps niederging und Maria »My Favorite Things« sang.
When the dog bites, when the bee stings. When I’m feeling sad … When the husband dies. When the ex-wife tries … to take away my kids … I simply remember my favorite things
. Und dann die Konfrontation mit dem stattlichen Kapitän von Trapp und Marias Plan, aus den Gardinen Kleider zu machen.
Lucy rief an, um zu hören, was es Neues gab. Ich erzählte ihr, was ich mir gerade ansah.
»Schon wieder?«
»Maria. Was für
Weitere Kostenlose Bücher