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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seré Prince Halverson
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auf uns zu, vielversprechend und voller Möglichkeiten.

20. Kapitel
    Am nächsten Morgen rief ich sämtliche Familienmitglieder und Freunde an. »O Ella!«, rief Marcella aus, »ich kann wieder atmen. Ich kann atmen!« Womit sie uns allen wohl aus der Seele sprach. Meine Mutter sagte: »O Jelly«, und ich hörte sie weinen. Joe senior, der wusste, dass ich Rosen liebte, schenkte mir einen großen Strauß aus seinem Garten, die pfirsichfarbenen mit korallenroten Rändern, die leicht nach Nelken dufteten; er drückte mich lange und fest an sich, so dass ich um seine Tränen wusste, ohne sie zu sehen. »Ich möchte die Kinder mit zu ihrer Nonna nehmen. Sie hat zur Feier des Tages einen Panettone gebacken.«
    Ich ging in den Laden, um weiter an der Buchführung zu arbeiten. Die neuen Geschäftszahlen waren vielversprechender als die, mit denen Joe sich geplagt hatte. Wir machten schon beinahe Gewinn. Mit Beginn der Regensaison würde der Umsatz zwar zurückgehen, doch wir hofften, mit Hilfe des verglasten Anbaus dem Winterwetter trotzen zu können.
    Im Laden duftete es nach Zimt und Muskat. »Kürbiskuchen«, sagte David, als ich die Augen schloss und das Aroma einsog. Er nahm die Schürze ab, schloss mich in die Arme und sagte, dass er und Gil heute Abend eine Überraschung für Annie und Zach vorbeibringen würden. Es sei ein besonderes Halloween-Geschenk, doch sie hatten erst das Ergebnis der Anhörung abwarten wollen. Als ich fragte, was für eine Überraschung, lächelte er nur.
    »Ach komm, tu nicht so geheimnisvoll.«
    »Ich tu nicht so, ich bin es. He, was glaubst du, wer heute Morgen schon hier war?«
    »Ein Wohltäter?«
    »Ray Longobardi. Er hat die Butternuss-Kürbis-und-Apfelsuppe gekauft. Ich musste ihm versprechen, es nicht seiner Frau zu verraten.«
    »Vermutlich muss er jetzt eine Hypothek auf sein Haus aufnehmen.«
    »Warte erst mal, bis er diese Kuchen hier probiert hat. Dann kann der arme Mann Konkurs anmelden.«
    »Das ist aber jetzt wirklich nicht nett von dir.«
    David wackelte mit dem Hintern, und wir lachten. Lachen tat so gut.
    Ein Blick auf seine Liste hinter der Theke machte mir bewusst, was in letzter Zeit alles an ihm hängengeblieben war. Und das, obwohl ich mir Mühe gegeben hatte, ihn zu entlasten. Aber jetzt war die Sorgerechtsfrage geklärt, und ich konnte mich auf drei Dinge konzentrieren: Annie, Zach und den Laden. Ich machte mich an die Zubereitung der Bohnensuppe, suchte die Zutaten zusammen, schnitt Gemüse, hackte Kräuter, rieb Pecorino, brach das Brot von gestern in Stücke und rührte im Topf, unendlich dankbar für alles, was ich hatte. Als die Suppe schließlich köchelte, strich ich sie von der Liste und ging nach oben, um mich an die Bücher zu setzen. Durchs Fenster sah ich hinunter auf den Laden, der die Depression überstanden hatte, Internierungslager, Angst, Geldnot und Tod, und der nun renoviert und mit neuem Konzept die Möglichkeit bot, wieder ein lebendiger Ort zu sein, der uns ernährte. Ich erledigte Überweisungen und zählte Geld, das noch immer nicht reichte, und schätzte mich trotzdem glücklich, so glücklich, dass ich es schon fast wieder mit der Angst bekam.

    Am Abend kamen David und Gil mit einem großen Korb mit graugrüner Schleife zu uns nach Hause. »Was zum …«, sagte ich.
    »Ich weiß, wir hätten dich vorher fragen müssen«, erklärte David. »Aber dann hättest du die Möglichkeit gehabt, nein zu sagen.« Er stellte den Korb ab, öffnete die vordere Klappe, und zwei grauweißgemusterte Kätzchen sprangen heraus.
    »Was zum …?«, sagte ich wieder, doch Annie und Zach hatten sie schon auf den Arm genommen. Ich starrte David an. »Das ist absolut unfair.« Die Kinder gingen mit den Kätzchen den Flur hinunter zum Schlafzimmer. Callie war ganz aus dem Häuschen, aber ich wusste, dass sie ihnen nichts tun und sie nicht einmal berühren würde. Doch neugierig war sie definitiv.
    »Sieh mal, du brauchst Hilfe gegen die Mäuse im Schuppen. Und außerdem werden sie dir bei deinem Rattenproblem helfen.«
    »Rattenproblem? Meinst du die eine kleine Maus?«
    »Mäuse, Plural. Sie treten nur in Mehrzahl auf, meine Liebe. Aber du hast wirklich eine Ratte, und wenn ich mich recht erinnere, hat Paige eine Katzenallergie.«
    »David. ›Ratte‹ ist ganz schön hart. Sei nett. Es ist ja vorbei. Üb ein bisschen Nachsicht.«
    »Mooommy. Wir brauchen Hiii-lfe«, rief Annie aus meinem Schlafzimmer.
    Ich zeigte David und Gil meinen erhobenen Zeigefinger. »Ihr

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