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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seré Prince Halverson
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leid, wenn das herzlos klingt. Aber als Joe und Paige sich trennten, war das auch für uns schwer. Es gab zu vieles, wo wir nicht einer Meinung waren. Und ich wollte nicht meine eigene Ehe wegen den Problemen von anderen aufs Spiel setzen. So.« Sie zuckte die Schultern. Die Kinder kamen zurückgerannt, schrien etwas von einem riesigen Skelett, und dann näherte sich Brenda Haley und sprach Lizzie auf die nächste Veranstaltung des Schulelternbeirats an, womit das Gespräch beendet war.
    Als Annie, Zach und ich uns an dem Abend durch die Haustür schleppten, blinkte das Licht des Anrufbeantworters. Ich wusste nicht, ob ich es als Warnung oder Hoffnungsschimmer deuten sollte. Ich half den Kindern aus ihren Kostümen, entfernte behutsam Annies Schminke und schlichtete einen Streit, der – ausgelöst von zu viel Süßigkeiten – in einem fliegenden Schokoriegel resultiert hatte, las wieder aus dem Buch von Maurice Sendak vor und gab ihnen einen Gutenachtkuss. Ich machte Feuer im Kamin, setzte mich auf die Couch, kraulte Callies Bauch und starrte auf das blinkende Licht. Mein Blick wanderte zum Kaminfeuer, ich zog an einem losen Faden an meinen Jeans, die noch immer in das Tischtuch gehüllt waren, und fand schließlich den Mut, aufzustehen, durch das Zimmer zu gehen und auf die Play-Taste zu drücken. Die Nachricht war von Gwen Alterman, wie ich mir schon gedacht hatte.
    »Ich habe gerade das Gutachten der Mediatorin bekommen.« Sie hielt inne. »Ella, es ist zu Ihren Gunsten. Sie empfiehlt, das alleinige Sorgerecht Ihnen zu übertragen. Nichts anderes habe ich erwartet. Ich bezweifle, dass es jetzt noch eine Anhörung geben wird.«
    Ich ließ mich zurück auf die Couch fallen. Joes Foto auf dem Bücherregal grinste mich an. Die Nachricht ging noch weiter. »Sie fragt sich, warum Paige sich keine größere Mühe gegeben hatte, mit Joe Kontakt aufzunehmen, und war nicht überzeugt von Paiges Behauptung, Briefe geschrieben zu haben. Sie findet allerdings, dass Paige ein gewisses Besuchsrecht haben sollte, etwa vier bis sechs Wochenenden im Jahr. Und wenn die Kinder älter sind, auch hin und wieder einwöchige Besuche, was sicher verhandelbar wäre. Ich gehe davon aus, dass ich morgen etwas von Paiges Anwalt höre. Ihm dürfte klar sein, dass die Chancen, dass Paige das Sorgerecht bekommt, gleich null stehen.«
    Sie sagte, ich solle feiern und dass sie mir eine Kopie per Post zuschicken und mir Bescheid geben werde, sobald Paiges Anwalt sich gemeldet habe. »Sie gehen wahrscheinlich gerade mit ihren Kindern von Haus zu Haus und sammeln Süßigkeiten ein, und das ist auch richtig so. Happy Halloween, Ella.«
    Ich presste die Lippen zusammen, drückte eine Hand auf den Mund und die andere auf den Bauch, schüttelte mich vor Erleichterung und Glück. Ich war so dankbar und konnte doch gleichzeitig kaum glauben, dass alles nun ein glückliches Ende finden würde. Was natürlich bedeutete, einen glücklichen Anfang. Zwar einen Anfang ohne Joe, das schon, aber einen neuen Anfang mit Annie, Zach und mir. Ich ging mit Callie nach draußen. Der Mond, vor ein paar Stunden noch niedrig und orange, stand jetzt hoch über uns, weißer und klarer, als ich ihn jemals gesehen hatte. Perfekt, rund, voll.
    Ich tollte mit Callie im Mondschein umher, dessen Licht so hell war, dass unsere Schatten auf dem Boden tanzten. Ich hüpfte und drehte mich, hielt ihre Vorderpfoten und rief atemlos und mit pochendem Herzen: »Ja! Ja! Ja!« Ich lief zurück ins Haus, ins Kinderzimmer, und nahm vorsichtig ein klebriges Stück Schokolade aus Zachs Hand. Ich betrachtete sie in ihrem Schlaf, das Zucken ihrer Augenlider und das Heben und Senken ihrer schmalen Oberkörper.
    An Paige dachte ich in dem Moment nicht, erst viel später, als ich ins Bett ging und das Mondlicht mir folgte wie das Spotlight einem Star. Die Ella Beene Show. Ich kniff die Augen zusammen. Oder hatte das Mondlicht etwas von einer Verhörlampe? Paige war allein in ihrem großen, leeren Haus in Las Vegas, mit ihrem Dinosaurier-Zimmer und ihrem Prinzessinnen-Zimmer, und ich erinnerte mich daran, wie einsam es in diesen großen neuen Häusern mit den unbewohnten, voll eingerichteten Kinderzimmern sein konnte. Henry und ich hatten in so einem Haus gelebt, ihre Situation in dieser Nacht hätte durchaus meine sein können. Stattdessen war ich hier, in unserem warmen, vom Mondlicht durchfluteten Cottage, die Kinder schliefen in ihren gewohnten Betten, und die vor uns liegenden Tage purzelten

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