Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)
als jeder andere. Die Jagd hat ihn halt verändert. Er kann wohl einfach nicht mehr gut mit Menschen“, erklärte Roger weiter und zuckte mit den Schultern. Finn kaute nachdenklich an seiner Unterlippe. „Was ... was tun sie denn eigentlich, wenn sie Dämonen jagen?“, fragte er unsicher nach, begriff, dass er das alles gar nicht mehr infrage stellte und auch sein immer kritischer Verstand wohl längst akzeptiert hatte, dass es, wenn es Dämonen gab, schließlich auch Dämonenjäger geben musste. Roger sah ihn von der Seite her fragend an.
„Na ja, ich meine, sperren sie sie ein oder schicken sie sie in die Hölle oder so? Ich habe davon doch null Ahnung“, meinte Finn erklärend. Roger schüttelte ungläubig den Kopf, so als hätte Finn gerade eine wirklich dumme Frage gestellt. Kommt ja nicht so selten vor , wurde der gerne von seinem Verstand erinnert.
„Wenn sie welche davon finden, dann töten sie sie natürlich. Ist doch logisch. Die Dämonenjäger töten Dämonen, Finn“, antwortete Roger bestimmt. „Das ist ihre Aufgabe. Alle Dämonen zu vernichten. Es gibt noch immer welche davon.“
Es war ein Satz, der Finn auf der Rückfahrt wieder und wieder durch den Kopf ging, ohne dass er es sich wirklich erklären konnte. Irgendwie berührte er ihn. War dieses leicht beunruhigende Gefühl auch der Grund gewesen, warum er Thomas, dem Dämonenjäger, nichts von seinem Dämonen erzählt hatte? Eigentlich wäre es doch das Beste gewesen, ihm davon zu berichten und damit das Problem mit dem ihm auflauernden Dämonen endgültig zu beseitigen. Stattdessen hatte Finn sich von seiner Antipathie für Thomas leiten lassen und geschwiegen. Hatte Thomas etwas gespürt? Hatte die Narbe deshalb so seltsam gepocht? Thomas war angeblich in der Lage, Dämonen zu „riechen“. Hatte Angelika nicht so etwas gesagt? Hatte Thomas womöglich den Dämonen an Finn gerochen?
Was war sein Dämon wohl für einer? Einer von den Guten oder einer von den Bösen? Er hat dich gebissen , empörte sich sein Verstand. Natürlich ist er böse. Er hat dich geküsst, hielt die innere Stimme dagegen. Da kann er doch nicht böse sein, oder?
„Dämonenjäger töten Dämonen. Das ist ihre Aufgabe. Alle Dämonen zu vernichten.“
Der Gedanke bewirkte kein beruhigendes Gefühl in Finn. Wollte er etwa nicht, dass sein Dämon getötet wurde?
Blödsinn , behauptete sein Verstand beinahe sofort. Seine innere Stimme hingegen brummelte etwas vor sich hin, so leise jedoch, dass er sie nicht verstehen konnte.
Was wollte er denn selbst?
Die abendliche warme Luft kühlte auch zur späten Stunde nicht wirklich ab. Voller süßer Gerüche nach Rosen und diversen Grillfeuern hing die sommerliche Luft über ganz Lüneburg, so auch in der Fliederstraße.
Die sportliche Betätigung hatte Finn heute sehr gut getan. Nachdem er den Schweiß des Schwertkampfes endlich von seinem Körper gespült hatte, fühlte er sich so gut wie seit Tagen nicht mehr. Ein leichtes, noch angenehmes Ziehen in den Muskeln seiner Arme versprach ihm, dass er morgen sehr wahrscheinlich einen leichten Muskelkater haben würde.
Leider bewirkte die Hitze, die sich den ganzen Tag über in der Wohnung angestaut hatte, auch, dass er nur kurz danach schon wieder anfing zu schwitzen. Genervt zog er sich das Hemd aus und warf sich anschließend auf seine Couch.
Finn hatte sich nicht getraut, die Fenster sehr lange zu öffnen, zu präsent war ihm das letzte Eindringen des Dämonen in seine Wohnung. Ohne den Durchzug war es deshalb auch kaum kühler geworden.
Automatisch schaltete er den Fernseher ein, fand jedoch nichts, was ihn wirklich interessierte. In Gedanken war er ohnehin noch bei seinem ereignisreichen Tag mit Wotans Krähen und vor allem bei der unerfreulichen Begegnung mit Thomas. So etwas wie ein schlechtes Gewissen überkam ihn nun doch noch nachträglich. Eigentlich hätte er dem Jäger wirklich von seinem Dämonen erzählen müssen, immerhin war der ja äußerst gefährlich.
Auch wenn er sich neulich anders gegeben hatte, hatte Finn nicht vergessen, dass er ihn in Hamburg sehr schwer verletzt hatte. Der Dämon hatte selbst gesagt, dass er sonst Menschen tötete. Es war daher wohl Finns Pflicht, Thomas und seine Jäger darüber zu informieren, dass ein solches Wesen in Lüneburg frei herumlief. Oder flatterte.
Seufzend beschloss Finn, am nächsten Morgen mit Roger zu telefonieren. Vielleicht konnte der ihm die Nummer von Thomas geben und er würde ihm dann eben erzählen
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