Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)
erschrocken. „Daran habe ich ja gar nicht gedacht.“ Er schwieg einen Moment und hatte seine rastlose Wanderung offenbar aufgegeben.
„Mann, Finn, du solltest jemanden finden, der sich da besser auskennt. Im Film gibt es doch auch immer so Typen wie den Van Helsing, der Vampire töten kann. So etwas gibt es doch bestimmt auch für Dämonen, oder?“, fragte er hoffnungsvoll nach. Roberts filmisch geprägtes Weltbild war da klar strukturiert.
„Ja“, gab Finn zu, dachte dabei an Thomas und schluckte. „Dämonenjäger.“
„Dann solltest du dir da Hilfe holen“, riet ihm Robert ernst. „Und zwar rasch, bevor der Typ von dir genug hat. Hörst du?“ Robert schnaubte kurz.
„Versprich mir, dass du zu denen gehst und dir helfen lässt, Frosch? Ich will nicht, dass dir was passiert, okay? Nicht meinem Frosch!“, meinte er sehr besorgt und Finn musste unwillkürlich lächeln. Ja, das würde er tun, Robert hatte Recht.
„Ich komme sofort vorbei, wenn ich das Gefühl habe, du bist nicht okay!“, drohte Robert ernsthaft. „Ich weiß genau, wenn du in Gefahr bist! Das kann ich spüren!“ Finn lächelte. So war Robert eben, ein wirklich guter Freund.
„Ja! Ich frage die“, versprach Finn. Das würde er wirklich machen. Auch wenn das eben hieß, mit diesem Arsch Thomas reden zu müssen. „Versprochen, Robert. Ich bitte die Dämonenjäger um Hilfe.“
Noch lange nach dem Telefonat mit Robert saß Finn mit angezogenen Beinen auf seinem Sofa, das Handy an seine Brust gepresst und durchdachte alles, was passiert war. Robert hatte recht, er würde zu den Jägern Kontakt aufnehmen müssen. Bei allem, was geschehen war, durfte er nie vergessen, dass der Dämon gefährlich war und Menschen tötete. Das Wesen hatte es selbst gesagt.
Nur wollte er aus verschiedenen Gründen nur sehr ungern mit Thomas zu tun haben. Finn erinnerte sich an ihr letztes Zusammentreffen. Anscheinend teilten Wotans Krähen durchaus seine Antipathie für den Jäger. Alle, bis auf Michael. Der hatte Thomas regelrecht ehrfürchtig angesehen. Vielleicht sollte sich Finn eher an ihn wenden, so als Bindeglied dazwischen?
Er musste daran denken, dass ihn Roger zu dem mittelalterlichen Treyben am kommenden Wochenende eingeladen hatte. Es wäre vielleicht eine Idee, Michael dort mal unverfänglich auf sein Dämonenproblem anzusprechen. So konnte er sich eventuell erstmal vor tasten. Ja, das war bestimmt eine gute Idee! Erleichtert legte Finn das Handy aus der Hand.
Den restlichen Tag verbrachte er mit seinen Arbeiten für die Uni. Zu mehr fühlte er sich körperlich nicht in der Lage, da seine Beine sich noch immer seltsam wackelig anfühlten. Vielleicht wurde er krank? Das wäre zumindest eine plausible Erklärung für seine plötzliche körperliche Schwäche. Mist, leisten konnte er sich das gerade eher nicht.
Vorsichtshalber nahm Finn daher eine Tablette und spülte sie mit Wasser hinunter. Dann machte er sich daran, sein bisher Geschriebenes zu korrigieren und während der folgenden Stunden schwand langsam auch das zitterige Gefühl aus seinen Beinen.
Am Montag war er wieder ganz fit. Nichts von der merkwürdigen Schwäche war geblieben, sodass er sie tatsächlich auf eine abgewendete Infektion zurückführte und achselzuckend abtat.
***
Finn hatte volles Programm an der Uni und war froh, als er abends endlich alles hinter sich gebracht hatte und diesmal zu Fuß über den Rathausplatz ging, wo in wenigen Minuten das abendliche Glockenspiel losgehen würde. In Gedanken war er noch bei dem Referat, das er heute gehalten hatte und welches ihm sogar erstaunlich gut gelungen war. Oft genug bekam er in solchen Situationen vor lauter Schüchternheit kaum ein Wort heraus, doch diesmal war es gar kein Problem gewesen. Es war ihm erstaunlich leicht gefallen. Anscheinend war er doch endlich dabei, seine Schüchternheit zu überwinden.
Pünktlich um 18 Uhr begannen die Glocken zu läuten und Finn guckte verzückt dem Spiel der Figuren zu und war dabei völlig versunken in seine eigenen Gedanken. Nur etwas irritierte ihn. Als ob er etwas wahrnehmen würde, was jedoch nicht mit den Augen oder Ohren zu begreifen war. Er wandte den Blick von dem Glockenspiel ab auf den Platz vor sich. Eine Gestalt kam aus dem blendenden Sonnenlicht in seine Richtung und hielt direkt auf ihn zu. Finns Narbe prickelte ganz leicht und für einen Sekundenbruchteil verspürte er einen sehr konkreten Eindruck von Gefahr. Dann war der Moment auch schon wieder vorüber.
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