Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
unbemerkt hineinzugelangen, als der letzte Kunde gegen 18.20 Uhr den Laden verließ. Er verbarg sich zwischen den Bücherregalen und beobachtete den kleinen, etwas untersetzten Ladeninhaber dabei, wie der zur Tür ging, das Schild auf „Closed“ wendete und die Tür abschloss.
Der Mann ging nach hinten und schloss auch die hintere Tür ab. Er kam zurück und löschte das Licht im Lagerraum, nahm sich ein aufgeschlagenes Buch vom Tresen und ging auf eine Tür hinter dem Tresen zu, die offenbar nach oben in seine Wohnung führte. Mit einem prüfenden Blick zurück in den Laden löschte er das Licht und stieg schwerfällig keuchend die Treppe hinauf. Den Schatten, der ihm folgte, bemerkte er natürlich nicht.
Peter verwünschte seinen schwerfälligen Körper und dachte seufzend daran, dass er eigentlich in einer ziemlich rückständigen Welt lebte. Weder war das Beamen technisch ausgereift, noch hatte er Fähigkeiten wie der Typ in „Jumper“ und konnte einfach so von einem Ort zum anderen wechseln. Stattdessen musste er, wie vor hundert Jahren, diese schmale Treppe jeden Tag zu Fuß bewältigen. Kein Wunder, dass es mit der Menschheit zu Ende gehen würde.
Peter warf sein Buch achtlos auf das Sofa und betrat die kleine Küche, um sich ein Essen aus dem Tiefkühlschrank zu holen und es in der Mikrowelle zuzubereiten. Das war das Einfachste, zum Kochen hatte er keine Lust. Tür auf, Tür zu, fünf Minuten warten und das Essen war fertig. Peter war ein durch und durch praktisch denkender Mann und wenn ein paar Außerirdische schon so nett waren, ihnen die Technik der Mikrowelle zu überlassen, war er der Letzte, der sie nicht zu nutzen wusste.
Während er auf sein Essen wartete, fuhr er seinen Computer hoch, um später seiner zweitliebsten Beschäftigung neben dem Lesen von Science-Fiction nachzugehen, dem Chatten und Diskutieren mit seinen Kumpels vom Ufo-Club.
Russell sah sich derweil unbemerkt in Peters Wohnung um. Es waren im Grunde nur zwei Räume: eine winzige Küche, die in die Dachschräge eingebaut war und unmittelbar in den Wohnbereich überging, der ganz offensichtlich auch gleichzeitig Arbeitsbereich und mit diversen technischen Geräten vollgestopft war. Die Wände waren nahezu vollständig mit Plakaten und Fotos zugeklebt. Russell starrte verständnislos auf die Bilder, die alle Ufos, skurrile Außerirdische oder eigenartige Lichterscheinungen zeigten. Einige waren Filmplakate, trugen Titel wie: MIB, Jumper, Krieg der Welten und andere Filmen, die Russell alle nichts sagten. Von der Decke hingen, wie Dutzende von Spinnen an langen Fäden, Modelle von Raumschiffen herab. Eine ganze Flotte von grauen, schwarzen und silbernen Miniaturraumschiffen kreiste träge an ihren durchsichtigen Fäden und von unten, gegen die schwarz gestrichene Decke mit den aufgeklebten phosphoreszierenden Sternen betrachtet, bekam das ganze Ensemble durchaus etwas Realität. Die Fenster waren zudem mit dunklen Vorhängen zugezogen und auch die übrige Einrichtung war relativ dunkel gestaltet.
Die spärliche Beleuchtung kam Russell zugute und er beobachtete den dicklichen Mann gründlich, um ihn richtig einzuschätzen. Das hatte ihm Dave beigebracht, sein Opfer immer genau zu beobachten, bevor man zuschlug. Mitunter überraschte ein scheinbar wehrloser Mensch, wenn er sich mit erlernten Kampftechniken wehrte. Genutzt hatte es bisher noch nie einem, aber Russell hatte schon blaue Flecke und sogar einen gebrochenen Arm davongetragen. Seine Kraft war wesentlich größer als die der meisten Menschen, allerdings war er eben zur Hälfte Mensch und verfügte lange nicht über die Kraft und Schnelligkeit der alten Dämonen. Dieser Mensch hier schien eher behäbig zu sein und würde keine Probleme bereiten. Russells Hunger meldete sich immer stärker.
Peter öffnete inzwischen sein E-Mail Postfach, überflog seine Mails und schaute erst hoch, als die Mikrowelle mit einem leisen „Pling“ zum Essen rief. Er erhob sich ächzend, schlurfte in die Küche, öffnete die Tür der Mikrowelle und balancierte die Schale zum kleinen Tisch hinüber.
„Oh verdammt, ist das heiß“, fluchte er leise. Vorsichtig begann er die Folie zu lösen und unterbrach immer wieder, um sich die Finger kurz in den Mund zu stecken. Der angenehme Geruch des Essens stieg auf und sein Magen knurrte vernehmlich.
Hinter ihm knurrte plötzlich ein anderer Magen und Peter drehte sich überrascht herum. Aus den Schatten trat ein dünner Mann mit einem vom Regen
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