Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
sie fest. Endlich blickte er sie direkt an und sie lächelte.
„Du weißt doch noch, was ich dir gesagt habe, oder?“, fragte sie leise nach, ohne dass es die anderen hören konnten. Roger sah sie an und sein Gesicht wurde augenblicklich härter. Er ahnte, was kommen würde; das wollte er gar nicht hören. Nur so leicht ließ sich Angelika nicht abschütteln. „Du wirst nur verletzt werden“, meinte sie eindringlich und Roger entzog ihr hektisch seine Hand. „So ist es ja gar nicht“, wiegelte er ab und sein Herz schlug verdächtig schnell. „Ich will ja gar nichts von ihm …“ Er brach hilflos ab und der Blick ging ins Leere.
Hinter ihnen kabbelte sich währenddessen Max mit Michael. Max traktierte den wortkargen Bogenschützen fortwährend mit anzüglichen Bemerkungen über die vorbeiflanierenden Männer und ihre vermeintlichen Bettqualitäten. Roger kniff den Mund zusammen, wusste jedoch, dass Angelika so lange weiter bohren würde, bis sie herausfand, was mit ihm los war.
Verflixt! Ja, er hatte sich Hoffnungen gemacht. Aber doch nur, weil Finns Freund ihn verlassen hatte. Es erschien ihm wie ein Wink des Schicksals, wie eine Chance, die sich ihm auftat und die wollte er sich nur ungern von Angelika zerreden lassen.
„Ich habe gestern mit Finn telefoniert“, gab er zu und schluckte, rang nach Worten. Er stocherte heftiger im Feuer herum. „Ich habe ihm nichts von Peter erzählt! Er klang so traurig am Telefon, da wollte ich ihn nicht deswegen fragen. Wird er wohl noch früh genug mitbekommen“, erklärte Roger. Angelika schaute ihn fragend an.
„Finns Freund, der, von dem ich dir erzählt habe ... es scheint, als ob er ihn hat sitzen lassen. Finn war deswegen ganz schön fertig. Ich dachte ...“
Er brach ab und stocherte in den allmählich in Gang kommenden Flammen herum.
„Du wolltest Finn trösten und ihm über den Verlust hinweghelfen.“ Angelika nickte und klang keineswegs sarkastisch. „Das kann ich verstehen.“ Sie seufzte leise und ihre irritierend ungleichen Augen sahen ihn direkt an. „Hinter Finn steckt mehr, Roger. Ich kann dir nicht viel sagen, weil ich nicht alles begreife, aber ich kann Schicksale erfühlen, das weißt du.“ Ihre Augen starrten ihn unverändert an, intensiv und mit einem Funken Mitleid darin. „Dein und sein Schicksal gehören nicht so zusammen, wie du es gerne hättest. Es tut mir leid“, fügte sie rasch hinzu, als er sich ihr abwehrend, beinahe wütend zuwandte. „Es erschien mir bei ihm eher so, als ob es da eine extrem starke Bindung geben würde, die weit über alles hinausgeht, was wir normalerweise unter Liebe verstehen. Sehr alt. Eine Bindung, die weit zurückgeht.“
Sie senkte den Blick und wirkte sehr nachdenklich. Roger betrachtete sie abwartend.
„Seit vielen Jahrhunderten. Keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll. So etwas habe ich noch nie gefühlt.“ Angelika zuckte die Achseln und schien in sich hineinzuhorchen. Dann seufzte sie leise.
„Thomas hatte schon irgendwie recht“, gab sie zu und lächelte verlegen. Roger blickte überrascht und misstrauisch auf. „Was meinst du damit?“, fragte er daher nach. „Es ist etwas Komisches an Finn. Ich weiß nicht was, aber er ist ganz anders als die meisten Menschen.“ „Du glaubst doch nicht auch, dass Finn etwas mit Peters Verschwinden …“, Roger pausierte kurz, weil er eher „Peters Tod“ gedacht hatte, „... zu tun hat, oder? Das ist absurd.“
„Nein! Nein, das glaube ich nicht. Aber ihn umgibt ein Geheimnis und das spürt Thomas ebenso wie ich“, beschwichtigte sie ihn und seufzte erneut. „Mit Thomas geht es mir ja nicht anders. Seit ich ihn kenne, versuche ich, hinter sein Geheimnis zu kommen. Aber denkst du, ich komme da einen Schritt weiter? Keine Chance. Der bleibt undurchsichtig. Irgendeine Last, eine Schuld trägt er mit sich. Ich habe keine Ahnung. Diese ganzen Vermutungen machen mich manchmal ganz schön fertig, weißt du?“ Sie lächelte ihn schief an. „Mitunter ist ein zweites Gesicht eher hinderlich, weil es Sachen offenbart, die man gar nicht wissen möchte.“
„Hey, ihr zwei!“, unterbrach Max sie. „Habt ihr Geheimnisse vor uns oder warum knutscht ihr da heimlich herum?“
Roger verdrehte die Augen, stand rasch auf und wandte sich genervt an Max. „Max! Mann, manchmal gehst du mir echt auf die Nerven“, raunzte er ihn unerwartet heftig an.
„Oh, er beachtet mich endlich!“, rief Max begeistert aus. „Dann nerve ich dich einfach so lange,
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