Die Anderen III_ Das Siegel des Gaap: Gay Mystic Fantasyroman (German Edition)
Krallenspuren. Selbst der Teppich war zerrissen und voll roter Flecken. Einzelne Stofffetzen eines ehemaligen Hemdes lagen überall dazwischen. In dem ganzen Chaos stand einzig und alleine der Fernseher unbeschadet und einsam, wie eine Parodie der Illusion auf die ganze reale Zerstörung in dem Raum.
Direkt vor Dave war alles voll Blut.
Unendlich langsam ließ er sich in die Hocke hinab, berührte das noch warme Blut mit den Fingerspitzen und führte die Hand automatisch zum Mund hoch. Er kostete es, roch es, nahm es in sich auf und der Schmerz loderte jäh hell auf. Es war eindeutig Finns Blut!
Mehr war nicht da. Kein Körper, nichts weiter. Nur sein Blut.
Schwäche drohte Dave zu übermannen. Plötzlich waren alle Wunden präsent, jeder Schmerz, den ihm die Jäger zugefügt hatten, explodierte gleichzeitig in ihm, verband sich zu einer Kakophonie des Leides.
„Finn“, wimmerte er kaum hörbar. Etwas brannte in seinen Augen, rann ihm feucht und warm über sein Gesicht. Es war eine Feuchtigkeit, die sich aus seinen Augen löste und über seine Wange nach unten lief. Tränen? So nannte man das doch? Wirklich Tränen.
Also weine ich wie ein Mensch, dachte Dave merkwürdig losgelöst von seinem Körper, als ob er jemand Fremdes beobachten würde. Er, der Dämon, der keine Trauer empfinden sollte, weinte um einen Menschen. Seinen Finn.
***
In einem kleinen Dorf außerhalb Lüneburgs wanderte Roger schon seit einiger Zeit nervös durch seine Schmiede. Etwas beunruhigte ihn, machte ihn rastlos und er konnte nicht sagen, was genau. Vor einer Stunde hatte er mit einer neuen Skulptur begonnen, zwei ineinander verschlungene Körper. Derzeit kam er nicht voran, weil er ständig die Konzentration verlor. Da war dieses warnende Gefühl, dass etwas nicht stimmte, etwas Bedrohliches passierte. Er konnte es nicht recht benennen, aber es ließ in zusehends unruhiger werden.Wütend warf er sein Werkzeug auf die Arbeitsfläche, stützte sich mit beiden Händen auf und starrte gereizt aus dem Fenster.
Finn!
Seit er weg war, wanderten seine Gedanken ständig zu ihm. Er konnte nichts dagegen tun, immer wieder kam ihm Finn in den Sinn: seine braunen Augen und sein Lächeln, welches seit Neuestem scheinbar jede Schüchternheit verloren hatte. Es ließ ihn einfach nicht los. Sie hatten sich jetzt drei Tage lang nicht gesehen und Roger vermisste ihn unglaublich. Die Tage, die er hier bei ihnen gewesen war, waren zugleich bedrückend wie erfüllend gewesen. Roger hatte ihm Trost gespendet, obwohl er wusste, dass es ihm umso schwerer fallen würde, ihn danach gehen zu lassen. Seither hatte er mehrfach sein Handy in der Hand gehalten, Finns Nummer aufgerufen und minutenlang gezögert, bis sein Handy auf Standby ging.
Was sollte er Finn auch sagen?
Roger seufzte. Er musste einen Weg finden, ihre Freundschaft zu erhalten, denn das war alles, was er von ihm derzeit haben konnte. Im Gegensatz zu Angelika hegte er immer noch tief in sich die Hoffnung, dass er Finn gewinnen konnte, wenn er nur lange genug an ihm dran blieb. Auch wenn dessen Herz noch einem anderen gehören mochte.
Traummann hin oder her, immerhin hatte dieser tolle Typ ihn sitzen gelassen und ihm sehr weh getan. Finns Gefühle für ihn würden irgendwann weniger werden und Roger war immer noch da, würde treu zu ihm stehen. Eine Alternative, die immer auf ihn warten würde, egal, wie lange es dauern mochte. Roger starrte auf die Arbeitsfläche und zog sich nachdenklich eine blanke Metallscheibe heran, die noch auf ihre Bearbeitung wartete.
Finn hatte sein Siegel behalten, das Zeichen ihrer Freundschaft und nur Roger wusste, dass dieses Siegel etwas Besonderes war. Er besaß keine Magie wie Angelika, auch wenn diese ihn öfter den Magier des Feuers nannte. Beim Schmieden dieses einen Siegels hatte er all seine Liebe zu Finn ins Schmieden eingebunden. Jeder Arbeitsschritt war von den Gedanken an Finn erfüllt gewesen. Es war ein einfaches Freundschaftssiegel, welches dem Besitzer Freundschaft und Gunst sicherte. In diesem Fall auch bedingungslose Liebe. Vielleicht würde dieses Siegel irgendwann auch Finn zeigen, dass er, Roger, es wert war, von ihm geliebt zu werden?
Der junge Schmied seufzte und drehte die blanke Scheibe unschlüssig in den Händen. Er hatte das Bedürfnis, Finn genau jetzt zu sehen. Allerdings war es keine gute Idee, ihn derzeit zu bedrängen. Wenn Roger mehr als nur ein guter Freund werden wollte, brauchte Finn vor allem Zeit, über seine letzte
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