Die Angebetete

Titel: Die Angebetete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver

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leid. Charlie und seine Leute sind gut, aber es reicht nicht, die Spuren zu finden. Man muss auch Zusammenhänge daraus ableiten.«
    In der Nähe wirbelte mal wieder ein kleiner Staubteufel auf. Dance neigte den Kopf und beobachtete ihn.
    »Was ist?«, fragte O’Neil mit Blick auf ihr Gesicht. Er spürte, dass etwas in ihr vorging.
    Der Minizyklon verschwand.
    Kathryn Dance zückte ihr Telefon und rief jemanden an.

52
    Zwei Stunden später fanden dieselben vier Personen sich im Sheriff’s Office zusammen – genau genommen im Zimmer des suspendierten P. K. Madigan, weil kein anderes Büro der Detective Division Platz für mehr als zwei oder drei Leute gleichzeitig bot.
    Dance registrierte mit einem Anflug von Wehmut, dass der Chief Detective Rabattcoupons von Safeway ausgeschnitten hatte. Vielleicht war er für die Familieneinkäufe zuständig. Lediglich einer der Gutscheine galt für Eiscreme. Kauf zwei Packungen, zahl nur eine.
    Sie erhielt eine SMS , las sie und fragte dann die Deputys: »Dürfte ich mal den Lieferanteneingang sehen?«
    Harutyun und Stanning sahen einander an. »Sicher, wieso nicht?«, sagte Crystal. »Kommen Sie mit.«
    Dance und die anderen gingen los und erreichten bald darauf eine breite Türöffnung auf der Rückseite des Hauptgebäudes. Von hier aus verlief eine Zufahrt hinunter zum Parkplatz.
    »Gut. Das wird reichen.« Sie wählte eine Nummer und beschrieb jemandem den Weg zu diesem Eingang. Dann trennte sie die Verbindung. »Ich bekomme dieses Wochenende Besuch«, erklärte Dance. »Meine Gäste nehmen zurzeit in San José an einer Konferenz teil. Ich habe mir erlaubt, sie heute Abend herzubitten, und veranlasst, dass die Highway Patrol ihnen einen Satz Signalleuchten leiht. Sie sind schneller hier als gedacht.«
    In diesem Moment fuhr ein weißer Van vor und hielt an. Die Schiebetür öffnete sich, und eine kleine Rampe fuhr aus. Dann steuerte ein gut aussehender Mann mit dunklem Haar und breiter Nase einen roten motorisierten Rollstuhl flink aus dem Wagen und durch den Lieferanteneingang. Er trug eine gelbbraune Stoffhose, ein langärmeliges weinrotes Hemd und war blass, als würde er sich nur selten unter freiem Himmel aufhalten. Eine große rothaarige Frau in Jeans, schwarzem T-Shirt und schwarzer Jacke gesellte sich zu ihm, gefolgt von einem schlanken, jüngeren Mann mit perfekt gestutztem Haar, maßgeschneiderter Hose sowie einem weißen Hemd mit gestreifter Krawatte.
    »Lincoln!« Dance bückte sich und drückte ihre Wange gegen die des Rollstuhlfahrers. »Amelia.« Sie umarmte die Rothaarige, Amelia Sachs, Lincoln Rhymes Partnerin.
    »Hallo, Thom«, begrüßte sie Rhymes Betreuer, der sie ebenfalls herzlich in die Arme schloss. »Es ist viel zu lange her«, sagte er.
    »Kathryn … und Michael O’Neil«, sagte Rhyme und schaute zu dem Detective.
    »Stimmt«, bestätigte O’Neil überrascht. Er war Rhyme noch nie begegnet. »Woher haben Sie das gewusst?«
    »Ein paar Kleinigkeiten haben Sie verraten. Sie tragen eine Waffe, also sind Sie Polizist. Die Fresno-Madera-Kollegen hier« – er nickte in Richtung Harutyun und Stanning – »tragen Uniform, sind laut ihren Namensschildern aber Detectives. Demnach ist hier die Uniform auch bei Detectives üblich. Sie sind in Zivil, stammen daher vermutlich von einer anderen Behörde. Draußen steht ein Wagen mit einem Parkausweis für den Hafen von Monterey. Sie sind gebräunt und recht durchtrainiert – so wie jemand, der oft zum Angeln aufs Meer fährt. Ich weiß, dass Sie und Kathryn oft zusammenarbeiten. Und deshalb … mussten Sie Michael O’Neil sein. Oder vielleicht konnte ich das auch an Ihrer beider Körpersprache ablesen.« Wie fast immer, wenn Lincoln Rhyme einen sarkastischen Kommentar abgab, verzog er dabei keine Miene.
    Er bewegte nun leicht den Hals und streckte seinen rechten Arm in einer flüssigen Geste aus. O’Neil gab ihm die Hand. Dance wusste, dass Rhyme sich vor einer Weile hatte operieren lassen, um seinen Zustand zu verbessern – er war Tetraplegiker und vom Hals abwärts nahezu vollständig gelähmt. Die Verletzung lag schon viele Jahre zurück; er hatte sie sich im Dienst zugezogen, als Leiter der Spurensicherung des New York Police Department. Die Operation war erfolgreich verlaufen, und er hatte dank ihr die weitgehende Kontrolle über seinen rechten Arm und die rechte Hand wiedererlangt. Gesteuert wurde das alles mittels feinfühliger Kontraktionen der Kopf-, Hals- und Schultermuskulatur.
    Nun