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Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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dass es so schlimm war, erschreckte ihn doch. Wenn Leon ihn schon warnte, bedeutetedas Alarmstufe Rot. Leon hatte Sven, Levent, Ilkay und Co. immer besser einzuschätzen gewusst als Lilly.
    Plötzlich spürte er, dass er zitterte. Um irgendwas zu tun, ging er auch in die Küche und füllte sich ein Glas mit Wasser, das er in einem Zug austrank.
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte seine Mutter.
    Er schüttelte den Kopf. »Nur so Infos wegen Svens Tod.«
    »Du bist aber nicht nur deswegen so aufgewühlt. Es geht um dich, stimmt’s? Oder wie hast du das eben gemeint?«
    »Was?« Er versuchte Zeit zu gewinnen.
    »Na, was wohl?« Sie sah ihn an. »Wünschst du dir wirklich einen Freund statt einer Freundin? Nicht Lilly oder Ebru oder ...?«
    »Wie kommst du auf Ebru?«
    »Sie wird die Ausbildung bei mir machen. Ich habe ihr jetzt fest zugesagt. Erst wollte ich deinetwegen Lilly nehmen, aber die meldet sich ja nicht.«
    Paul schwieg. Der Alltag schien so weit weg, so irreal. Und er konnte sich noch immer nicht konzentrieren.
    »Jetzt sagst du nichts mehr. Würdest du offener reden, wenn dein Vater hier wäre?« Sie trat ans Fenster. Mit einer Sorgenfalte über der Stirn beobachtete sie ein wegfahrendes Auto und murmelte: »Ich wünschte, dein Vater wäre öfter hier. Dann würden uns manche Probleme erspart bleiben. Er fehlt mir sehr.«
    »Mir auch«, antwortete Paul leise.
    Sie kam auf ihn zu, breitete die Arme aus und bat: »Entschuldige, dass ich nicht weiß, wie ich’s anstellen soll. Soll ich dich danach fragen? Soll ich es nicht? Ich mache mir schon lange meine Gedanken.«
    Paul nahm die Umarmung an. »Ja, na ja. Genau weiß ich es noch nicht. Aber ich denk schon, dass es so ist, wie du vermutest.«
    »Gibt’s einen Jungen?«, fragte sie leise.
    Er holte tief Luft. Das also war jetzt der Moment. Er bemerkte, wie schmal und knochig seine Mutter war, wie klein im Vergleich zu ihm, der im letzten Jahr noch etliche Zentimeter zugelegt hatte, wie deutlich er ihren Herzschlag fühlen konnte. Er sagte nichts, brachte es nicht fertig. Alles, was er tun konnte, war zu nicken.
    »Ahmmm«, machte sie.
    Danach standen sie einige Minuten so, schweigend, erschöpft, aber einander nah, bis es an der Tür klingelte. Paul dachte an Ilkay und erschrak.
    »Ich bin nicht da«, sagte er.
    »Warum? Wir haben doch was zu feiern. Jetzt hast du’s mir endlich gesagt. Du hast also doch Vertrauen zu mir.« Die Stimme seiner Mutter klang kieksig. »Jetzt trinken wir gleich den Sekt, den meine Freundinnen mir zum Geburtstag geschenkt haben.« Sie wischte sich eine Träne von der Backe und drückte auf den Öffner für die Haustür. Im Flur waren schwere Schritte zu hören, ein Paketbote erschien an der Tür. »Ah, ein Päckchen von meinem Mann, danke. Übrigens habe ich einen neuen Mieter. Bisher hat er noch kein Schildchen angebracht. Ich hab’s ihm zweimal gesagt, aber er hat’s wohl vergessen. Wenn Sie Post für Martin Nolte haben, wissen Sie Bescheid.«
30
    Lilly wurde, nachdem die Langes und die Kripobeamten schon fast eine halbe Stunde zusammengestanden hatten, von Ilkay angestoßen. »Geh mal rüber und krieg raus, was los ist!«
    »Muss das sein?«
    »Ja. Bitte.«
    Lilly murrte, ging aber auf die sechs Erwachsenen zu, die sich auf dem Parkplatz besprachen.
    »Kind«, sagte Svens Mutter und umarmte sie.
    »Gibt’s was Neues?«, fragte Lilly und spürte, wie ihr wieder die Tränen in die Augen traten, als die dicken Arme Frau Langes sie umschlangen. Sie roch nach Zigaretten, Waschmittel und Schweiß, fast ein bisschen so, wie Sven immer gerochen hatte.
    Frau Lange nickte, konnte aber nicht antworten, Herr Lange auch nicht. Er schüttelte nur den Kopf und setzte sich in das offene Auto der Polizisten.
    »Ich bin Meike Steiger von der Kripo«, sagte die Polizistin zu ihr, nachdem Frau Lange sie losgelassen hatte. »Du warst mal Svens Freundin, stimmt’s? Hat Sven dir gegenüber irgendwann Selbstmordgedanken geäußert oder vielleicht einen Abschiedsbrief hinterlassen?«
    »Nein, nie.«
    »Was hast du gedacht, als du erfahren hast, dass er sich vor einen Zug geworfen haben soll?«
    Lillys Antwort kam ohne Zögern. »Dass das nicht sein kann.« Sie zeigte auf ihre Mitschüler, die das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachteten. »Keiner von uns kapiert das. Sie können alle fragen. Warum sollte Sven sich umbringen? Das passte nicht zu ihm.«
    »Was passte denn zu ihm?«
    Lilly biss sich auf die Lippe. Sie tauschte einen Blick mit

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