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Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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über dem Kanal. Der »Strand« war ein lang gezogener Streifen aufgeschütteten Sands, auf dem Liegestühle standen. Tagsüber war hier wenig los. Nur Radfahrer machten kurze Stoppsund tranken Apfelschorlen. Abends war es netter: junge Leute, bunte Lampions, Livemusik. Trotzdem hatte Lilly nicht warten wollen. Als Jan-Olli sie endlich anrief, hatte sie ihn sofort sehen müssen.
    »Okay, treffen wir uns in einer Stunde in der Beach Bar «, hatte er vorgeschlagen und schon war es nicht mehr so schlimm, dass sie sich in einer Klokabine befand und Paul sie am Telefon abgewürgt hatte. Selbst die Tatsache, dass ihr Ex vor die S-Bahn geschubst worden war, schmerzte sie plötzlich nicht mehr ganz so stark. Dieses Ende, dachte sie, nachdem sie sich von ihren Freunden verabschiedet hatte und zur Bushaltestelle lief, hatte Sven mit seiner Lebensweise immer herausgefordert. Es hätte genauso gut umgekehrt passieren können: Dann hätte Sven dem anderen den tödlichen Stoß gegeben, reiner Zufall, dass es so ausgegangen war. Die Theorie, dieser andere sei ein planender Rächer und Verfolger, der am Telefon Spielchen mit Sven und Ilkay trieb, hielt sie für Unsinn. Solche Spinnereien schossen immer ins Kraut, wenn etwas Ungewöhnliches passiert war.
    Außerdem stand Ilkay auf Verschwörungstheorien.
    Hatte Ilkay nicht auch behauptet, dass man ihn und Levent letztens nur deshalb verdächtigt hätte, die parkenden Autos vor dem Fußballvereinsheim zerkratzt zu haben, weil sie Türken waren? Völliger Quatsch, sie waren den Anwohnern in den Blick gekommen, weil sie zu der Zeit zufällig auf dem leeren Sportplatz gekickt hatten.Verdächtig waren sie vor allem, weil sie Jugendliche waren. Lillys Meinung nach war das das einzig Entscheidende. Mittlerweile stand übrigens fest, dass ein Erwachsener, ein Nachbar, all die Autos, die schon ein paarmal unerlaubt auf seinem Privatparkplatz gestanden hatten, mit dem Schraubenzieher traktiert hatte.
    Sie lächelte vor sich hin, als der Bus im schönsten Sonnenschein über die Kanalbrücke rumpelte. Mit dem Zeigefingerauf dem Stopp-Knopf stand sie im Gang, wiegte sich in den Hüften und überblickte von oben das Gelände der Beach Bar , neugierig, ob sie Jan-Olli schon sehen konnte. Nein, da saß noch niemand, weder in den Liegestühlen noch an den Tischen im Restaurantbereich. Nur zwei Radfahrer strampelten den Uferweg entlang und auf dem Wasser schwamm eine Familie von Gänsen.
    Lilly spürte aufgeregtes Bauchkribbeln, als der Bus die Haltestelle anfuhr, die gut hundertfünfzig Meter hinter dem Treppenabgang zum Café lag. Bekloppt eigentlich, dachte sie, warum machen sie die Haltestelle so weit weg? Außer alten Industrieanlagen, Pappeln und Gestrüpp gibt’s hier nichts und deshalb steigt hier eh nur aus, wer in die Beach Bar will.
    Sie schlüpfte aus dem Bus und registrierte im Augenwinkel, dass es diesmal nicht ganz so war. Außer ihr trat noch der Stadtstreicher auf die Straße, der die ganze Zeit im hinteren Busteil gesessen hatte. Er blieb, als der Bus weiterfuhr, am Straßenrand stehen.
    »Hier ist aber keine gute Gegend zum Betteln«, sagte Lilly freundlich, machte einen Schritt auf ihn zu und registrierte, wie er sich eine große Sonnenbrille aufsetzte. Sie wollte schon weitergehen, da überlegte sie es sich spontan anders. Die Landstraße war wenig befahren, der Straßenrand schmal, das Gestrüpp dicht. Selbst bei Tageslicht galt für sie die Regel: nicht so nah an Typen vorbei, wenn man nicht ausweichen kann. Dieser hier war ein harmloser Stadtstreicher, aber mit Sonnenbrille wirkte er sofort anders, männlicher.
    Also überquerte sie die Straße, obwohl das Café auf der gleichen Seite lag, lief dann, ohne sich umzudrehen, mit schlenkernden Armen bis zur Brücke, wechselte wieder rüber, hüpfte die Stufen hinab, betrat die Beach Bar und sprach den jungen Mann an, der drinnen die Tische abwischte.
    »Hallo, habt ihr schon auf?«
    »Na klar.«
    »Dann setz ich mich draußen hin.«
    »Was willst du trinken?«
    »Cappuccino.«
    Lilly fläzte sich in einen Liegestuhl, blinzelte in die Sonne, sah den Gänsen auf dem Wasser zu, spürte, dass sie in der Hitze auch Lust auf ein Bad hatte, schloss die Augen und versuchte, endlich die brodelnde Aufregung unter Kontrolle zu kriegen. Sollte sie noch mal zur Toilette gehen? Sich aufhübschen?
    Ein Schatten fiel auf ihr Gesicht. Da war er: Jan-Olli!
    Sie grinste, öffnete die Augen ... »Huh!«
    Der Stadtstreicher. Scheiße, hatte sie sich

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