Die Angst der Boesen
Das erinnerte ja einen Horrorfilm.
Sprachlos reichte sie das Blatt an Tatjana weiter, die ein schrilles Quieken von sich gab. »Das ist da, wo’s passiert ist«, rief sie wild gestikulierend, »das ist genau da.«
»Sie sehen, wir haben mehr als ein Problem«, brachte die Kripobeamtin die Lage auf den Punkt. »Wir müssen nicht nur hoffen, dass die beiden verletzten Jungen überleben und wir den Täter finden. Wir müssen ihn auch schnell finden. Wir gehen davon aus, dass er weitere Tatvorhaben hat. Dieser Mann will weitere Personen töten und daran müssen wir ihn hindern, das hat jetzt absolute Priorität.« Sie hob eine Vergrößerung des Ausschnitts mit den Kerzen in die Höhe. Lilly sah jetzt, dass auf jeder der fünf Kerzen ein Buchstabe eingezeichnet war.
»Wofür S , I und L auf den ersten drei Kerzen stehen, ist eindeutig. Das zweite L auf Kerze vier steht entweder für Lilly oder Levent . Soweit ich weiß, fängt nicht noch jemand aus der Klasse mit L an?«
»Nein«, sagte Levent tonlos.
»Das bedeutet, dass ihr beiden in Lebensgefahr seid.« Sie warf erst Levent, dann Lilly einen sehr ernsten Blick zu.
»Aber wir sind unschuldig«, protestierte Lilly.
Frau Steiger schwieg.
Levent rief: »Was ist mit Paul und Tatjana?«
»Ich hab doch nur danebengestanden«, jaulte Tatjana so laut, dass die Kommissarin ihr die Hand auf den Arm legte.
»Ganz ruhig, hier bist du in Sicherheit.« Sie wandte sich wieder an Lilly, Levent und die Gruppe der Angehörigen. »Auf der fünften Kerze sehen wir ein Fragezeichen. Offenbar weiß der Täter von Paul Brinker und Tatjana Schmitt nichts. Nur so lässt es sich erklären.«
»Aber das stimmt doch nicht.« Levent sprang auf. »Es war nicht noch einer mit L dabei. Okay, da stehen kein T und kein P , wusste er nicht, akzeptiert. Dass er ein Fragezeichen macht, okay. Aber warum nur eins, verdammte Scheiße? Warum schreibt er ein zweites L ? Wie kommt er darauf? Warum sollen Lilly und ich für was büßen, was wir nicht gemacht haben, ey?!«
»Beinahe hätte ich schon gebüßt«, flüsterte Lilly nur für sich und spürte, wie ihre Knie zitterten. »Beinahe hätte er mich heute Nachmittag schon erwischt.«
Obwohl ihre Mutter ihre Worte kaum verstanden haben konnte, legte sie tröstend einen Arm um sie, was Lilly diesmal zuließ. Levent regte sich auch auf, noch mehr als vorher, er schnauzte die Beamtin an: »Gucken Sie sich das an! Warum werden wir solcher Gefahr ausgesetzt?«
Die Beamtin hob beschwichtigend ihre freie Hand. »Ich verstehe deine Wut, Levent, doch wir können es nicht ändern. Wir müssen einfach davon ausgehen, dass dem Täter die letzten beiden Namen fehlen. Stattdessen hat er eine Falschinformation.«
»Woher hat er überhaupt die Information?«, fragte Lilly,aber die Kommissarin ignorierte die Frage und redete weiter: »Trotzdem müssen Paul und Tatjana natürlich genauso vorsichtig sein. Ich selbst habe die Brinkers informiert. Paul ist zu Hause und wird dort auch bleiben. Die neusten Entwicklungen – das heißt: was Ilkay passiert ist – kennt Paul allerdings noch nicht. Wenn ihr wollt, könnt ihr’s ihm mitteilen, aber lasst ihn nicht herkommen.« Sie zeigte auf Levent und Tatjana. »Euch beide bitte ich, sofort eure Eltern anzurufen. Sie sollen euch abholen.«
Levent schnaubte. »Ich hab keinen Bock, die aufzuscheuchen wegen einer Sache, die ich nicht gemacht habe.«
»Meine sind auf Ibiza«, winselte Tatjana.
Lilly griff nach ihrer Hand. »Du kommst mit zu uns.«
»Eine gute Idee«, sagte die Kommissarin. »Sind Sie einverstanden, Frau Rembecker? Kann Tatjana so lange bei Ihnen bleiben?«
Lillys Mutter nickte.
»Ihr vier werdet besonders wachsam sein müssen«, fuhr Kommissarin Steiger fort. »Das heißt: nicht alleine raus, keine Verabredungen wahrnehmen und immer ein oder zwei Personen in der Nähe haben. Wir werden euch natürlich auch überwachen, so gut es geht. Aber am besten wär’s, ihr würdet alle ein paar Tage zu Hause bleiben.«
»Da kann ich ja gleich in den Knast gehen«, knurrte Levent, »das ist Freiheitsberaubung.«
»Meinst du? Denk an Sven, Leon und Ilkay.«
»Kriegen wir denn keinen Polizeischutz für unsere Kinder? Setzt sich denn kein Polizist mit einer Waffe in unsere Wohnung?«, fragte Lillys Mutter.
»So geht das leider nicht.« Kommissarin Steiger presste die Lippen zusammen. »Wir sind aber dabei, Überwachung für euch drei und Paul Brinker zu organisieren. Wir können Ihnen auch anbieten, ins Hotel
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