Die Angst der Woche
allem über die Hagebutte hineingekommen, die Grundlage für fast alle Früchtetees; und zwar über Hagebuttenschalen aus Chile, die in PCP-belasteten Ãfen getrocknet worden waren. Auch hier ist weiter unten in der Meldung tatsächlich von den gefundenen Mengen und von Grenzwerten die Rede, aber allzu oft genügt den Medien der Hinweis: das und das ist existent, und die Panikmeldung steht.
Damit ist die Grenzwert-Null-Ideologie quasi eine Panikmeldung-Druckmaschine: Da alle Gifte überall enthalten sind, muss man nur geduldig suchen.
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Schwieriger wird dieses Geschäft, wenn Grenzwerte gröÃer als null existieren. Auch davon lassen sich viele Panikmacher nicht abschrecken, siehe in Kapitel 1 die Welt : »Zwar seien die gesetzlichen Grenzwerte für jede einzelne der Substanzen in fast allen Fällen nicht überschritten worden, doch zeige die Studie, wie stark der Verbraucher einem Schadstoffcocktail ausgesetzt sei«, kommentiert sie ihre Schlagzeile: »Ãber 80 Schadstoffe im Essen eines Zehnjährigen«.
Die Grenzwerte wurden also nicht überschritten. Das hält die Panikmacher zwar nicht vom Panikmachen ab, erschwert jedoch das Geschäft. Weit effektiver ist deshalb das Drücken der Grenzen auf ein Niveau, ab dem irgendetwas in irgendeinem Sinn »gefährlich« ist. So liegt dann irgendwann ganz gleich welches Gift auf einmal über der Gefahrengrenze. Wenig beachtet von der Ãffentlichkeit, aber desto erbitterter geführt von denen, die keine Grenzwerte tolerieren, tobt hier ein groÃer Grenzwertkrieg. So können etwa derzeit in einem Liter deutschen Trinkwassers ganz legal enthalten sein: je 0,0001 mg Acrylamid und Pflanzenschutzmittel, je 0,001 mg Benzol und Quecksilber und je 0,01 mg Blei, Arsen, Uran, Selen und Bromat, von den weit höheren legalen Mengen Aluminium, Eisen, Kalium, Magnesium, Natrium und Calcium gar nicht zu reden. Besonders die erlaubte Uranbelastung von 0,01 mg = 10 Mikrogramm ist vielen besorgten Bürgern ein Dorn im Auge. »E-Mail-Aktion: Fordern Sie einen Grenzwert von 2 Mikrogramm!«, proklamiert die Aktivistengruppe foodwatch im Internet: »Auch bei Uranbelastungen deutlich unter 10 Mikrogramm pro Liter können die Nieren von Säuglingen und Kleinkindern massiv geschädigt werden. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA von März 2009. foodwatch fordert deshalb einen Grenzwert von 2 Mikrogramm Uran pro Liter. Die EFSA-Analyse stützt die These, dass bei einer Belastung von diesem Wert auch Säuglinge und Kleinkinder wirksam geschützt sind.«
Ich habe mir die EFSA-Studie einmal angesehen â von den behaupteten Gefahren ist kaum etwas zu finden. Laut EFSA schwankt die Uranbelastung durch Trinkwasser zwischen 0,05 und 0,28 Mikrogramm pro Tag und Kilogramm Körpergewicht, je nachdem, wie viel man trinkt und wie viel »legales« Uran im Trinkwasser enthalten ist. Für Kinder, die relativ zum Körpergewicht mehr Wasser zu sich nehmen, sind die Werte höher, zwischen 0,18 und 1,42 Mikrogramm pro Tag und Kilogramm. Aber dieser gröÃere Eckwert, den die EFSA tatsächlich für bedenklich hält, wird nur dann erreicht, wenn Mütter neben dem Wasser aus dem Hahn für das Fläschchen auch noch alle möglichen weiteren uranhaltigen Substanzen in der Beikost verfüttern; für den normalen Säugling ist er völlig illusorisch.
Da aber über die Trinkwasserverordnung im Parlament beschlossen wird, haben wir demnächst vielleicht einen Grenzwert von 2 Mikrogramm. Und ab der übernächsten Wahl vielleicht 1 Mikrogramm, je nachdem, wer gerade regiert.
Mit ähnlichen Scheinargumenten, das heiÃt Berufung auf abwegige Szenarien und untypisches Extremverhalten, greift Greenpeace die derzeitigen, ohnehin schon mehr als strengen Höchstwerte für Pflanzenschutzmittel an, die seit 1. September 2008 durch die Verordnung 396/ 2005/EG europaweit für über 200 Wirkstoffe gelten. Schon vorher waren für zahlreiche weitere Wirkstoffe Höchstmengen in Kraft. Die Verordnung 396/2005 legt fest, dass die Rückstandshöchstgehalte für jedes Pestizid auf dem niedrigsten mit einer guten Agrarpraxis vereinbaren Niveau festgesetzt werden, das soll insbesondere Kinder und Ungeborene schützen. In einer viel zitierten Studie
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