Die Angst der Woche
keine Probleme.«
Was also fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), als man in Babyfertignahrung Pestizide findet? »In Zukunft muss gelten: Babynahrung hat frei von jeglichen Pestiziden zu sein.« Was fordern Umweltschützer, nachdem in Sporthemden gewisser Firmen das giftige Schwermetall Tributylzinn (TBT) nachgewiesen wurde? Ein totales Produktionsverbot. Was verkünden die Grünen auf einer Bundeshauptversammlung: »Grüne Chemiepolitik zielt also darauf, ⦠dass Produktionsziele der chemischen Industrie, die an sich lebensfeindlich sind, ersatzlos aufgegeben werden müssen.«
Ersatzlos aufgeben, total verbieten, völlig frei von Pestiziden. Das klingt gut und bringt Wählerstimmen. Aber ist es überhaupt grundsätzlich durchzusetzen?
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In den USA hat man es einmal versucht. Der sogenannte Delaney-Zusatz (Delaney Clause oder Delaney Amendment) von 1958, eine Ergänzung des Gesetzes zur Regulierung von Nahrungs- und Arzneimitteln von 1938 (Food, Drug and Cosmetic Act), hatte festgelegt, dass amerikanische Lebensmittel keinerlei nachgewiesen krebserzeugende Zusätze enthalten dürfen. Und keinerlei heiÃt keinerlei. Die ersten Opfer dieser Grenzwert-Null-Strategie waren Preiselbeeranbauer, denen ruinierte ein Pestizidfund kurz vor dem Erntedankfest 1959 gründlich das Geschäft. Zu diesem Fest gehört in den USA immer ein Truthahn mit Preiselbeeren, aber obwohl Präsidentschaftskandidat Kennedy und Vizepräsident Nixon zur Unterstützung der Farmer vor laufender Kamera groÃe Mengen an Preiselbeeren vertilgten, wollte keiner die mehr haben.
Vielleicht sogar zu Recht, denn damals waren die Nachweisgrenzen noch recht hoch. Als dann aber im Lauf der Jahre die Diagnostik immer feiner und die Menge der entdeckten Schadstoffe immer gröÃer wurde, schwante den Volksvertretern, was sie da angerichtet hatten â bald hätten amerikanische Farmer überhaupt nichts mehr verkaufen dürfen â, und so wurde der Delaney-Zusatz im Jahr 1996 im Wesentlichen wieder abgeschafft. Und zwar deshalb, weil die reine Existenz eines Stoffs in einem Lebensmittel oder auch in unserem Körper überhaupt noch nichts besagt. Als etwa nach anderen Zuckerersatzstoffen auch Sacharin bei Ratten als in hohen Dosen krebsauslösend nachgewiesen wurde, musste es zunächst nach Delaney verboten werden. Jedoch wurde dieses Verbot nach massiven Verbraucherprotesten kurze Zeit später wieder aufgehoben â wegen des hohen SüÃstoffbedarfs der Amerikaner wollte man nicht auch noch auf diesen letzten Zuckerersatz verzichten; das damit verbundene Risiko wurde als vernachlässigbar in Kauf genommen.
Zum Scheitern verurteilt war Delaney einfach deshalb, weil fast alle Stoffe â gute und böse, giftige und ungiftige â in fast allen Lebensmitteln wie auch in unserem Körper in mehr oder weniger groÃen Dosen immer und mit Sicherheit enthalten sind. So befindet sich im Körper eines jeden erwachsenen Mitteleuropäers â und das ist wirklich wahr und sollte bitte nicht als Gotteslästerung missverstanden werden â mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest ein Molekül von Jesus Christus! (Wie auch, um hier keine Religionen zu benachteiligen, von Moses oder vom Propheten Mohammed.)
Eher aber mehr. Der Schweizer Wissenschaftsjournalist Herbert Cerutti hat das in der Neuen Zürcher Zeitung einmal am Beispiel des letzten Atemzugs von Julius Cäsar nachgerechnet. Bevor Cäsar durch die Dolche seines Ziehsohns Brutus und der anderen Verschwörer starb, inhalierte er noch rund zwei Liter Luft, das sind ungefähr 6 mal 10 22 Luftmoleküle (eine Zehn mit 22 Nullen dahinter). Diese Luftmoleküle hatten bis heute über 2000 Jahre Zeit, sich gleichmäÃig in der aus rund 9 mal 10 22  mal 10 21 Luftmolekülen bestehenden Erdatmosphäre zu verteilen. Damit ist in 1,5 mal 10 21 Luftmolekülen im Durchschnitt ein Cäsar-Atemmolekül enthalten. »Wenn wir nun normal atmen, nehmen wir pro Zug einen halben Liter Luft auf, was 1,5 mal 10 22 Molekülen entspricht«, argumentiert Cerutti. »Mit jedem Atemzug inhalieren wir deshalb zehn Luftmoleküle, die der Imperator höchstpersönlich noch ausgehaucht hatte.«
»Der Gedanke, tagein, tagaus mit jedem Atemzug auÃerdem mit Kleopatra, Jesus Christus und Wilhelm Tell in Kontakt zu
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